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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

25 000 Euro für die Sanierung des Mesneranbaus an der Friedhofskapelle St. Leonhard

Noch vor wenigen Jahren sollte der mit St. Leonhard verbundene Mesneranbau abgerissen werden. Jetzt beteiligt sich unter anderem die Denkmalstiftung an den Kosten für die Sanierung.

Donnerstag, 10. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). Wenn dem Land die Mittel ausgehen, sprich, wenn die Denkmalpflege nicht ausreichend Geld aufbringen kann um Kulturdenkmäler zu erhalten, übernimmt in manchen Fällen die Denkmalstiftung. Entsprechende Anträge gibt es natürlich ohne Ende; eine Auswahl zu treffen ist sehr schwer. Die Landeskonservatoren, die letztendlich im Gremium der Denkmalstiftung über die Förderprojekte entscheiden, berücksichtigen bürgerschaftliches Engagement, um eben diesen Einsatz zu würdigen — so erklärte Stiftungsvertreter André Wais im Gespräch mit der Rems-​Zeitung, warum St. Leonhard bedacht wird. Nicht zuletzt dem Freundeskreis ist also dieser unerwartete Segen zu verdanken. Andreas Zengerle, Kirchengemeinderat und Vorsitzender des Freundeskreises, erinnerte daran, dass es Pfarrer Ernst Schneiderhan war, dem St. Leonhard besonders am Herzen lag, der den Anstoß gab zur Renovierung und der den Freundeskreis gegründet hat.
St. Leonhard hat’s also geschafft. In der jüngsten — gleichnamigen — Veröffentlichung der „Denkmalstiftung“ widmet sich Kulturhistoriker Dr. Karlheinz Fuchs dem Gmünder Kleinod. Ausführlich beschreibt er die Kapelle, die ihrer Größe wegen oft Kirche genannt wird. In der Bauzeit zwischen 1330 und 1340 wurde unter Heinrich Parler mit dem Münsterbau begonnen — ein gigantisches Projekt, das dem innerstädtischen Friedhof viel Raum nahm. Es war also an der Zeit, außerhalb der Stadtmauer nach einer Ausweichmöglichkeit zu suchen. Ein Gottesacker ohne Kirche war undenkbar und so entstand vor den Toren der Stadt, direkt an der Rems St. Leonhard. Fuchs sieht den Einfluss der Parler auch an diesem Kirchenbau: „Allein die markante Chorkonstruktion mit ihren fünf Strebepfeilern und der zur Entstehungszeit mächtige Westgiebel bilden eine deutliche formale Analogie zu Hl. Kreuz.“
Eine neue Zeit und ein
unvergessener Stadtbaumeister
Zu Beginn des 18. Jahrhunderts war es an der Zeit, das gotische Prachtstück in die neue Zeit, ins Barock zu führen. Zunächst wurden die Altäre ersetzt, dann das Chorgitter, und schließlich übernahm Stadtbaumeister Johann Michael Keller, der in den 40 Jahren seiner Amtszeit nicht zuletzt dem Marktplatz sein Gesicht gab. Maßwerk und Spitzbogen mussten weichen, die Sakristei entstand und der Dachreiter, das Hauptportal erhielt die typischen Pfeiler, und vor allem wurde das Kircheninnere völlig umgestaltet: Spiegeldecke statt Gewölbe, eine von reicher Stuckarbeit, Goldornamenten und zwei Engeln bestimmte Kanzel entstand außerdem das Gestühl mit den kunstvoll geschnitzten Seitenteilen, in denen das Rokoko anklingt. Fuchs würdigt auch den ebenfalls das Rokoko vorwegnehmenden Deckenstuck, etwa die hellgrünen Palmblätter am Übergang zum Chorbogen. Richtig ins Schwärmen gerät der Fachmann hier: „Kurzum, unter Kellers Händen ist aus St. Leonhard inwendig eine vollständige, nahezu überwältigende Barockkirche geworden“. Doch nicht das mache diese Friedhofskapelle für die Denkmalstiftung besonders interessant — vielmehr locke ein „so seltenes wie originelles Beiwerk“, das Mesnerhaus von 1782, das fünf Jahre nach Kellers Um– und Überformungen entstanden ist. Fuchs sieht in dem längst schon so baufälligen Gebäudeteil den typischen Barockbau — für dessen Dach freilich ein ganz bemerkenswertes Maßwerkfenster weichen musse, dessen Reste sich bis heute hinterm Mesnerhaus erhalten haben. Nicht zuletzt dieses Fenster an der westlichen Giebelseite führte vor Jahren zu anhaltenden Diskussionen darüber, ob das Häuschen nicht doch ganz abgebrochen werden solle. Fuchs ist froh, dass es dazu nicht kam: Das Mesnerhaus scheine sich förmlich anzuschmiegen an die Kirche und wirke „eher wie ein symbiotischer Zuwachs denn als störend eigensinniger Neubau“.
Die einstigen Bewohner — nicht nur die Mesner, auch, soweit vorhanden, ihre Ehefrauen — mussten einen Eid ablegen und ihren Pflichten sorgfältig nachkommen, also etwa Wegschranken auf– und zuschließen oder die Arbeit der Totengräber kontrollieren. Vom ersten Stock aus konnten die Mesner durch ein kleines Fenster den Kirchenraum überwachen.
Es ist noch gar nicht so lange her, dass im Erdgeschoss dieses Hauses ein Ziegenstall untergebracht war — weshalb die Giebelwand der Kirche in erheblichem Maß durchfeuchtet wurde. Das Mesnerhaus selbst war bis vor wenigen Jahren bewohnt. Fuchs schildert amüsiert die in die 60er Jahre zurückreichenden Sanierungsspuren — „all diese hellgrünen Plastikkacheln, PVC-​Kassettendecken und die damals so beliebten Fototapeten“. Die letzten Bewohner waren polnische Figurenschnitzer, deren meterhohe Krippenfiguren — von Maria bis zu den Königen, vom Esel bis zum Schaf — heute die einzigen Bewohner sind
Die Kirchengemeinde zahlt
noch 86 000 Euro
Kirchenpfleger Klaus Knödler freut sich über die Zuwendung. Insgesamt kostet das jetzige Sanierungsprojekt knapp 182 000 Euro — sehr viel Geld für eine Kirchengemeinde, die in jüngster Vergangenheit bereits die Südfassade St. Leonhards saniert und die Feuchtigkeitsschäden im Innenraum behoben hat, die zudem mit St. Franziskus und St. Pius zwei weitere Kirchen und mit St. Hedwig und St. Theresia auch noch zwei Kindergärten in ihrer Obhut hat. Die 25 000 Euro der Stiftung sind nicht die einzige Zuwendung, die erwartet wird. Der Denkmalschutz selbst steuert 21 800 Euro bei, das bischöfliche Ordinariat 49 000, und auch der Freundeskreis beteiligt sich mit. Die Kirchengemeinde muss aus Rücklagen, vor allem aber mit Hilfe von Spenden noch 86 000 Euro für Westfassade und Mesnerhaus aufbringen — wobei Knödler gestern auch deutlich machte, dass sich die Kirchengemeinde in der Tat schwer tut mit diesem Häusle, dessen künftige Nutzung noch völlig offen sei. Auch ist derzeit keine Innensanierung geplant; es geht lediglich darum, die Bausubstanz zu sichern und zu erhalten. Sobald die Tunnelbaustelle das ermöglicht, wird mit den Arbeiten begonnen.

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