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Feierliche Enthüllung einer Bronzeplastik zum 170.Geburtstag des Naturwissenschaftlers Franz-​Theodor Wolf

Dem Jesuit und Naturforscher Franz Theodor Wolf wurde gestern anlässlich seines 170. Geburtstages im Saal des Dorfhauses in seiner Heimatgemeinde Bartholomä eine bronzene Gedenktafel enthüllt. Von Karin Abele

Montag, 14. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

BARTHOLOMÄ. Im schwäbischen Raum ist Franz Theodor Wolf nahezu unbekannt und nach den Ausführungen von Bürgermeister Thomas Kuhn wurde er auch in Bartholomä erst 2004 durch eine Namensgebung einer Straße im Wohnbaugebiet Hirschgasse Ost „Theodor-​Wolf-​Weg“ in Erinnerung gebracht. Im November fand eine bemerkenswerte Ausstellung zur Ortsgeschichte statt; aus den erzielten Spendeneinnahmen konnte die jetzige Gedenktafel finanziert werden.
In Ecuador kennt Franz Theodor Wolf quasi jedes Kind und sein Gemälde hängt im Stadtmuseum in Guayaquil neben denen der ehemaligen Präsidenten des Landes. Kuhn sprach von einer großen Persönlichkeit als Naturforscher und einem heute noch anerkannten Naturwissenschaftler. Auf einer der größten Inseln der Galapagos erhebt sich der Vulkan Wolf neben dem Vulkan Darwin und eine Galapagos-​Insel trägt ebenso seinen Namen wie ein zu seinen Ehren benannter Gletscher am höchsten ecuadorianischen Anden Berg, dem Chimborazo. Wolf gilt nach Alexander Humbold als der bahnbrechendste Erforscher Ecuadors. In verschiedenen naturwissenschaftlichen Arbeiten zeigt sich seine ungemein exakte Arbeit und sein deutscher Forscherfleiß.
Dass Wolf ein so bedeutender Naturforscher wurde, verdankt er letztlich seiner Herkunft hier in Bartholomä. Dazu zählt der Bürgermeister die schöne Landschaft, die den Grundstein für die Liebe zur Natur gelegt habe. Der Schultes konnte viele Gäste begrüßen, darunter Staatssekretär Dr. Stefan Scheffold, die Urenkelinnen von Franz Theodor Wolf, Ursula Range aus Dresden und Maria Brunn aus der Schweiz sowie Werner K. Mayer aus Gmünd, der sich über acht Jahre hinweg mit dem Leben und Werk des Naturwissenschaftlers Wolf befasst hat und vergangenes Jahr das Buch „Franz Theodor Wolf – Jesuit und Naturforscher“ in Bartholomä vorgestellt hat; für sein Werk wurde Werner K. Mayer 2009 mit dem Josef Mühlberger-​Preis ausgezeichnet.
Werner K. Mayer meinte, dass es ihn mit Genugtuung erfülle, dass er dazu beitragen durfte, den berühmten Wissenschaftler mit seinem Buch in der regionalen Wahrnehmung zu verankern. Er gab eine kurze Vita des Jesuiten und Naturforschers. Wolf wurde exakt vor 170 Jahren in Bartholomä als zweites von sieben Kindern des Dorfschulmeisters im Schulhaus geboren. Er wurde geprägt von seinem heimatlichen Umfeld. Der Vater förderte das naturkundliche Interesse seines Sohnes, seine Mutter hingegen erzog ihn in einem frommen Sinn. 1854 besuchte er die vierte Klasse der Lateinschule im Klösterle in Gmünd. 1857 trat er in den Jesuitenorden als Novize im Kloster Gorheim ein. 1861 vollendet er sein Abitur in Aachen, wo er auch Philosophie mit Einschluss von Mathematik und Naturgeschichte unterrichtet.
Durch einen Preis für eine Arbeit für die Naturgeschichte der Orchideenblüte kommt er 1862 zum Studium der Naturwissenschaften auf die Universität nach Bonn und studiert Geologie, Petrographie, Kristallographie, Botanik, Paläontologie, Mineralogie, Zoologie und Chemie. 1864 wird er nach Ende des vierten Semesters nach Maria Laach als Dozent der Naturgeschichte berufen. 1865 wird seine preisgekrönte Arbeit über die Orchideen im Pringsheims Jahrbüchern für wissenschaftliche Botanik veröffentlicht. In Maria Laach baut er eine mineralogische Klostersammlung von den Auswürflingen des Laacher Vulkans auf, die große Beachtung auch bei den Dozenten der Bonner Universität findet. 1868 nimmt er das Studium der Theologie auf, 1870 erhält er den Ruf als Professor für Geologie und Mineralogie nach Quito der Hauptstadt von Ecuador. Dort lernt er die deutschen Vulkanologen Wilhelm Reiss und Alfons Stübel kennen. In jeder freien Minute trifft er sich mit den beiden protestantischen Wissenschaftlern. 1875 veröffentlicht er seine Erkenntnisse über den Vulkanismus und Ausbrüche in Ecuador vom 16. bis 18. Jahrhundert und ergänzt damit die Forschungen Alexander von Humboldts beträchtlich. Im Rahmen von Regierungsaufträgen untersuchte er Lagerstätten von Rohstoffen.
Immer wieder wurde ihm von seinen spanischen Oberen vorgehalten, die Seelsorge und den Predigtdienst durch die einseitige Pflege der Naturwissenschaften zu vernachlässigen. Sie hielten ihm seine intensive wissenschaftliche und freundschaftliche Verbindung mit den Protestanten Reiss und Stübel vor und forderten die großen einmonatigen Exerzitien, denen sich die Jesuiten vor Ablegung des letzten ewigen Gelübdes unterziehen mussten. Bei diesen großen Geistesübungen entschloss Pater Wolf, seine Entlassung aus dem Orden einzureichen. Dies wurde 1874 bewilligt, damit verlor er nicht nur seiner Professur und jegliche Einkünfte sondern auch die Gunst des Staatspräsidenten. 1875 macht er seine erste Galapagos-​Reise, 1885 bis 1889 erarbeitet er einen Stadtplan für Guayaquil sowie einen Plan zur Wasserversorgung der Stadt aus den Anden und zur Anlage einer Gasfabrik. 1888 heiratet er Bertha Werber aus Rostock, mit der er später fünf Kinder hat. 1891 kehrt er nach Deutschland zurück. Im Ersten Weltkrieg dann verarmt Wolf und muss seine Americana verkaufen. Da erinnert sich Ecuador seines berühmten Naturwissenschaftlers und ernennt ihn zum Ehrenbürger und setzt einen Ehrensold aus, der einen von Sorgen freien Lebensabend in Dresden ermöglicht.
Die Urenkelin Ursula Range aus Dresden beschrieb ihren Urgroßvater als einen bescheidenen Mann. Sie zeigte gestern einen Ausschnitt aus einer Ahnentafel, die ihr Großvater in den Kirchenbücher in Bartholomä erstellte. Außerdem hatte sie ein Regenbogenschüsselchen mitgebracht – 1780 gefunden am Weiher von Bartholomä – für Wolf war dies ein glücksbringender Talisman.

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