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Historisches Gemäuer in Oberböbingen soll abgetragen und an anderer Stelle aufgebaut werden

Dicke Risse im Mauerwerk und Holzteile mit äußerst fragwürdiger Statik; das alte Backhäuschen am Klotzbach in Oberböbingen ist baufällig – und hat dennoch einen Charme, dem der Technische Ausschuss des Böbinger Gemeinderats gestern im Nu erlegen ist. Von Gerold Bauer

Donnerstag, 03. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 14 Sekunden Lesedauer

BÖBINGEN. Es gibt Dinge, die man mit rationalen Argumenten zunächst nur schwer erläutern kann. Dazu zählt die Idee, ein altes Backhaus, das zur ehemaligen Hofstelle der Familie Sturm in Oberböbingen gehört, abzutragen und am Rande des neuen Dorfplatzes wieder möglichst originalgetreu aufzubauen. Mit deutlich weniger Aufwand könnte man in moderner Bauweise ein neues Backhaus erstellen, das rein funktional den gleichen Zweck erfüllen würde. Doch wer Sinn für den Erhalt historischer Bausubstanz hat und gerne in Erinnerungen an frühere Zeiten eintaucht, erkennt schnell das Potenzial dieses Projekts: Eine Brücke aus der Vergangenheit in die Zukunft.
Die Idee stammt von Gemeinderat Daniel Windmüller, auf dessen Anregung der Technische Ausschuss gestern einen Lokaltermin absolvierte. Mit leuchtenden Augen sprach der Gemeinderat und Vereinsvorsitzende davon, dass Schulen und Kindergärten dort erleben könnten, wie ihre Groß– und Urgroßeltern das tägliche Brot hergestellt haben. Auch für die Durchführung von Vereinsfesten auf dem Dorfplatz in Oberböbingen könnte solch ein traditionelles Holzofen-​Backhaus eine echte Bereicherung sein.
Wenn es nach Gemeinderat Windmüller geht, fängt das Gemeinschaftserlebnis allerdings schon viel früher an. Mit einer gehörigen Portion Idealismus könnte die meiste Arbeit beim sorgfältigen Abbruch und beim Wiederaufbau des rund 150 Jahre alten Gebäudes von den Bürgern in Eigenleistung erbracht und damit viel Geld gespart werden, ist er überzeugt.
Möglich sei dieses Projekt erst dadurch geworden, dass der inzwischen 86-​jährige Eigentümer bereit ist, sein Backhaus zu veräußern, erläuterte Windmüller. Eine Sanierung am jetzigen Standort komme allerdings nicht in Frage. Zum einen, weil es laut Stadtplaner Alexander Speidel (Büro PES) aufgrund fehlender tragfähiger Fundamente ohnehin für eine Sanierung abgetragen werden müsste, und zum anderen, weil es dort viel zu sehr „versteckt“ wäre. Mancher Gemeinderat sah dieses alte Backhäuschen gestern beim Vor-​Ort-​Termin zum ersten Mal, wie Bürgermeister Jürgen Stempfle feststellte.
„Wenn wir Kindern etwas Gutes tun wollen, müssen wir das Backhaus wieder nutzbar machen“, sagte Josef Apprich und berichtete von eigenen Kindheitserinnerungen an frisches Brot und Salzkuchen aus den rauchenden Backhäuschen. Rosa Morbitzer und Brigitte Geller sprachen davon, wie solch ein Projekt und die spätere Nutzung das Gemeinschaftsleben fördern und den Platz bei Festen beleben werde. Gabi Boigner zeigte sich überzeugt, dass ein wiederaufgebautes Backhaus sehr gut ins Dorfplatzkonzept passen würde – eventuell mit modernen Elementen wie einem Edelstahlkamin kombiniert. Man müsse wohl ohnehin manches ergänzen, denn sicherlich seien nicht alle Originalteile nach dem Abtragen noch zu verwenden. „Wir wollen kein Museum aus Oberböbingen machen, aber so viel wie möglich vom Alten erhalten“, sagte Dieter Prölß und empfahl so viel Eigenleistung wie möglich. „Was man selbst schafft, auf das passt man auch auf!“
Stadtplaner Speidel aus Stuttgart warnte davor, die in sich stimmige Planung des Dorfplatzes – mit zentralem Pavillon und einem Dorfbrunnen – nun durch falsche Platzierung des Backhauses zu zerstören. An den östlichen Rand des Platzes hingegen würde der mit 8,20 Länge und fünf Metern Höhe doch recht massive Baukörper sehr gut passen. Mit diesem Standort zeigten sich auch die Gremiumsmitglieder nach kurzer Beratung einverstanden. Das weitere Vorgehen will man in der nächsten Gemeinderatsitzung am 28. Februar besprechen.

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