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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Albert Feifel, ein innovativer Gmünder Architekt, seine Bauwerke, seine Erfindungen und seine Zeit

In Bargau, Iggingen, Durlangen, Spraitbach, Untergröningen, Weiler i.d.B., Waldstetten finden sich seine Spuren: Die Handschrift des Gmünder Architekten Albert Feifel ist unverkennbar. Dutzendfach finden sich etwa seine Sockel und seine geschwungenen Konstruktionen: Eine Spurensuche

Donnerstag, 26. April 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
4 Minuten Lesedauer

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SCHWÄBISCH GMÜND (rz). Albert Feifel wurde 1881 geboren und starb 1958 in Gmünd. Er lebte zuletzt in der Buchstraße. Sein Leben und seine Arbeit wurde von Werner K. Mayer dokumentiert,
Wohl als einen seiner ersten größeren Aufträge hat Feifel 1907 das Schulhaus in Weiler geplant. Das stattliche, zweigeschossige Gebäude wurde westlich vom alten, 1820 erbauten alten Schulhaus errichtet. Von der lebendigen Gestaltungsweise der Jugendstilzeit zeugt das Portal an der Ostfassade; das Portalgebälk sitzt auf Konsolen in Form eines Knaben– und Mädchenkopfs – zeittypisch ist das Schriftband: „Mit Gott für die Jugend.“ Drei Stufen führen vom Pausenhof zur Doppeltür, deren zwei Flügel je drei Felder auflockern; auch das Oberlichtfenster ist dreiteilig.
Auf einem Sporn im steil abfallenden Unterjura findet sich auch in Waldstetten ein respektables altes Schulgebäude in bestem Jugendstil. Sehenswert ist hier vor allem das Portal, das Albert Feifel 1908 mit einer Plastik und der reliefgeschmückten Doppeltüre schmückte.
Die Gemeinde Iggingen ließ 1909/​1910 ebenfalls ein neues, schönes Schulhaus errichten. Hier plante Albert Feifel einen wohlproportionierten Schulkomplex mit Walmdächern und rustikalen Sockeln. Ein überdachter Arkadengang mit gedrungenen Zwillingssäulen verband das Schulgebäude mit dem Lehrerwohnhaus. So konnten nicht nur die Lehrer trockenen Fußes vom Wohnbereich den Arbeitsbereich erreichen, auch die wartenden Schüler fanden Wind– und Regenschutz und einen teilweise überdachten Pausenhof vor.
Das Gmünder Jugendhaus in der Königsturmstraße hat eine längere Baugeschichte. Ursprünglich war es vom Baumeister Ferdinand Rieß für den Bierbrauer Emil Köhler 1864 als Kegelbahn gebaut worden. Albert Feifel baute es vor 1911 zu einem Fabrikgebäude für den Bijouterie-​Fabrikanten Franz Klaus um; Das heutige Jugendhaus wurde als Westteil 1981 angehängt.
Gegenüber dem heutigen Bargauer Bezirksamt steht das alte Schulhaus. Es wurde nach den Plänen des Stuttgarter Baurats Pohlhammer unter der Bauleitung von Albert Feifel 1912/​1913 auf dem Grundstück der ehemaligen alten Kirche erstellt. Es ist ein Mansardgiebelhaus mit Fußwalmdach; auf der erhöhten Hofseite befindet sich die offene Eingangshalle vor dem vorspringenden Treppenhaus, das sich überm Dachansatz als achteckiger Turm mit welscher Haube vom Bau löst, diesem einen unverwechselbaren Akzent gebend. An die 1912 abgebrochene Barockkirche erinnert nur noch der in die Wand eingelassene Grundstein von 1729.
Ziegelherstellung
in Mögglingen
Bereits im Jahre 1915 erstellte Albert Feifel die Pläne für ein Fabrikgebäude der Kalk– und Ziegelwerke GmbH in Mögglingen. Die Mögglinger Schieferverwertungsgesellschaft auf dem Gelände der heutigen Hühnerfarm Österle wurde von dem aus Palästina betriebenen Regierungsbaumeister Schuhmacher ins Leben gerufen. Ziel war es, die dort anstehenden Ölschiefer des Unterjura zu gewinnen, dessen Ölgehalt energetisch zu nutzen, um damit den Erhitzungs– und Trocknungsprozess von Formsteinen kostengünstig durchzuführen. Aber bereits1922 wurde die Fabrikation eingestellt.
Die ehemalige Schuhfabrik Mayer ist ein Industriedenkmal. Was heute als Zugang von der Vorderen Schmiedgasse zum Gmünd-​Center benutzt wird, ist Teil eines ehemaligen Fabrikgebäudes der in den 20er Jahren stadtbekannten jüdischen Industriellenfamilie Mayer. Deren damals von Feifel errichtete Schuhfabrik, die bis zur Diskriminierung in der NS-​Zeit gut florierte, wurde 1937/​38 von der Glühlampenfabrik Gladitz übernommen. Die Nordfassade des vierstöckigen Hauptgebäudes, besitzt heute noch zwei große Portale und zwei hohe Erker, die gerahmt werden von kolossalen Pilastern mit ihren Kapitellen. Es ist erfreulich, dass sich die Vielteiligkeit der Fenster erhalten hat, und erstaunlich, wie eine ehemalige Fabrikfassade sich dank ihrer interessanten Architekturdetails in das Bild der heutigen Geschäftsstraße einfügt.
1921 auf eine Initiative des Gewerbeschulrats Alois Mahringer gegründet, war die Gmünder Wohnungsbaugesellschaft darauf aus, Kaufeigenheime zu erstellen. Bis zum Jahr 1953 hielt man an diesem Grundsatz fest und verzichtete auf den Bau von Mietwohnungen. Zwar kam durch die Inflation 1923 die Bautätigkeit wieder ins Stocken, aber immerhin konnte die Siedlungsgesellschaft 1930 ihr 100. Haus in der Leutzestraße einweihen; daran erinnert eine Gedenktafel. Von Albert Feifel wurden hier Zweifamilienhäuser gebaut, in denen er in jedem Haus zwei Dachformen verwirklichte: den spitzen Giebel und das moderne Flachdach. Dadurch wurden die Ecken der Flachdachseiten der Häuser besonders betont, so dass sie als „Zick-​Zack-​Häuser“ bezeichnet wurden. Dadurch erhielten die Straßen ihren sehr reizvollen Charakter. Architekt A. Feifel hatte als Vorbild die Pfeifergasse benannt, so dass in der Straßenkurve ein lebendiges Fassadenbild entstand. Die Bauweise war damals als Mustersiedlung in Fachkreisen weit über Württemberg hinaus beachtet worden.
In der Kerkerstraße in Herlikofen steht ein weiteres Dokument seiner unermüdlichen Schaffenskraft. Feifel plante das dortige Gebäude als Rathaus 1934/​35, das seit der Eingemeindung als Bezirksamt dient. Es besitzt einen hohen Sockel, zwei Geschosse und ein Walmdach mit einem kleinen Zwerchhaus für die Uhr. Der seitliche Treppenaufgang mit einem romantisch historisierenden Gemälde erinnert an den alamannischen Sippenführer Haro, von dem der Ortsname abgeleitet wird. Er öffnet sich zur Kerkerstraße durch hohe Bögen, durch die man auch ein weiteres Panoramabild mit einer herrlichen Aussicht aber auch des Limes im Albvorland und der Kerkerkapelle sieht.
In Straßdorf war Feifel 1936/​37 tätig. Hier plante und führte er ebenfalls das Rathaus aus. Über einen Sockel aus Arietenkalk erheben sich zwei Geschosse; ein gefälliges Walmdach deckt den behäbigen Bau. Der Eingang befindet sich an der Nordostecke, wobei ein Eckpfeiler mit vier Flachreliefs geschmückt ist. Diese zeigen, ganz im Stile der damaligen Zeit, einen Beamten mit Bleistift und Buch, einen Arbeiter mit einem schweren Hammer, einen Bauern mit einer Sense und einen Soldaten mit Helm und Gewehr. Den künstlerischen Auftrag führte der Gmünder Bildhauer Adolf Bidlingmaier, der aus Straßdorf stammte, aus.
Die Barockkirche auf dem Hohenrechberg ist heute noch ein beliebter Wallfahrtsort, zu dem alljährlich Tausende von Gläubige pilgern. Als im Jahre 1940 eine Fundamentuntersuchung und eine Zementfestigung nach Gutachten von Regierungsbaumeister Franz Heppt, Ravensburg anstand, führte sie Albert Feifel durch. Daran anschließend fanden bis 1942 Außeninstandsetzungsarbeiten mit Sicherung des Westgiebels, Neuverputzung und der Kirchenportalerneuerung in Naturstein statt.
Patente: Feifel-​Winkel, Feifel-​Decke
und Feifel-​Hohlblock
Bereits vor dem Zweiten Weltkrieg schien es Feifel ein großes Anliegen zu sein, vorgefertigte Bauelemente zur Herstellung günstiger Wohngebäude einzusetzen. Bereits in den 20-​er Jahren des vergangenen Jahrhunderts hatte er sich Ziegelformen patentieren lassen. So erhielt er ein Reichspatent für einen Winkelziegel, den so genannten Feifel-​Winkelstein. Auch für einen Hohlblockziegel, den Feifel-​Hohlblock erhielt er das D.R.G.M.-Reichspatent. Seine Feifel-​Decke war der Vorläufer vorgefertigter Deckenelemente im Wohnhausbau, wie sie heute üblich sind. Als Feifel-​Deckenziegel wurde ein Ziegel bezeichnet, der in die vorgefertigten Stahlsteinbalken eingebaut wurde. Das Fertigteil hatte eine Breite von 200 mm. Eine seiner weiteren Innovationen befasste sich mit vorgefertigten Elementen, die wie in einem Baukasten ineinander passten. Der Feifel-​Hakenziegel, auch Hakenstein, System Feifel, genannt, war ein Sonderformatziegel. Er konnte wohl als Langlochziegel als auch als Querlochziegel vermauert werden. Seine Abmessungen betrugen 250 mm in der Länge, 120 bzw. 180 mm in der Breite und 120 mm in der Höhe.
Nach dem Kriege führte er manchen Versuch bei den damaligen Schenk-​Leichtgusswerken aus. Keines seiner Patente konnte sich durchgreifend auf dem dynamisch wachsenden Markt durchsetzen, da er zwar unermüdlich technische Produkte entwickelte, sie aber nicht gewinnwirtschaftlich anwenden konnte. Es mag sein, dass es nicht sein oberstes Ziel war, vermögend zu werden. Albert Feifel hatte eine patriotische Gesinnung, die ihn dazu veranlasste, Grundstücke in der Buchstraße, die später wertvolle Baugrundstücke wurden, in der schlechten Zeit unter dem Motto „Gold gab ich für Eisen“ seinem Staat und seiner Stadt zu vermachen.

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