Stadtarchivar Dr. Klaus Jürgen Herrmann nimmt Abschied
So lange wie Klaus Jürgen Herrmann war noch keiner „Stadtschreiber“ gewesen – so nannte man den Archivar bis zur Ende der Reichsstadtzeit: 37 Jahre lang. Dies allein ist aber nicht so bemerkenswert wie seine enorme forschende und strukturierendeTätigkeit für das Gedächtnis Gmünds.
Montag, 23. Juli 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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„Ein Urgestein der Gmünder Stadtverwaltung und ein Wiederholungstäter“, so charakterisierte OB Richard Arnold den Historiker. Das Letztgenannte erklärt sich aus einem halbjährigen Ausflug des jungen saarländischen Archivars, der über das Papsttum im Hochmittelalter promoviert hatte, nach Duisburg, wo er schnell merkte, dass er in Gmünd doch besser aufgehoben war. Am 1. Januar 1980 begann er erneut seinen Dienst am Münsterplatz, wie schon fünf Jahre zuvor, „im kalten und verregneten Januar 1975 als 27-jähriger Assessor aus Berlin kommend, geheizt waren damals nur die beiden Büroräume und der Lesesaal durch Ölöfen älterer Bauart, und in den Magazinen standen Holzregale der einfachsten Ausführung.“ Aber seinen Job beende er nun als 65-Jähriger in einem „wundervoll restaurierten und renovierten Archiv, ausgestattet mit den besten und neuesten technischen Möglichkeiten – dem schönsten und größten kommunalen Archiv im gesamten Ostalbkreis.“ „Wer was wissen wollte, war bei ihm gut aufgehoben“, versicherte der Oberbürgermeister, verwies auf eigene Erfahrungen als Schüler, als der er im Stadtarchiv einst recherchierte, und offenbarte sich als treuer Leser. Herrmann sei ein „ausgewiesener Fachexperte mit großen wissenschaftlichen Verdiensten, ein mitreißender Autor und Referent der regionalen Geschichte, der diese mit Augenzwinkern und illustrierenden Geschichten“ vermittle.
Zusammen mit Michael Schwarz und Brigitte Mangold habe Klaus Jürgen Herrmann aus dem Stadtarchiv eine Begegnungs– und Bildungsstätte gemacht, so Geschichtsvereins-Mitstreiter Werner Debler. Der Stadtarchivar sei ungemein fleißig gewesen, von 1979 bis 2011 komme man auf 134 Publikationen, darunter die immer noch gültige Stadtgeschichte von 1984 – um deren wissenschaftliches Format manche Großstadt Gmünd beneidet – und die mit Leidenschaft und Akribie verfasste Kriminalitäts-Geschichte Gmünds: „Ganoven, Gauner, Galgenvögel“. Auch erwähnenswert: die über 100 Stadtführer, die Klaus Jürgen Herrmann ausgebildet hat, die „Gmünder Studien“, die er begründete und deren achter Band inzwischen erschienen ist, der große Parler-Kongress des Jahres 2001 und zuletzt, mit Ulrich Müller, Broschüre und Stadt-Geschichtspfad zum 850-Jahr-Jubiläum. Vor allem aber hob Werner Debler auf eine Publikation Herrmanns und des Stadtarchivs aus dem Jahr 1989 ab: „Gmünder Zeitzeugen berichten“. Auf 368 Seiten werden darin die Jahre 1930 bis 1945 „prägnant dokumentiert und mit Feingefühl und Kompetenz aufgearbeitet“. 20 Zeitzeugenberichte sind darin enthalten – auch von Lina Haag, Katharina Czisch und Ortrud Seidel. „Du wirst uns fehlen“, schloss Werner Debler.
Klaus Jürgen Herrmann kehrt mit seiner Frau Waltraud nach Saarbrücken zurück, in den Kreis seiner dortigen Freunde. Dass er in Gmünd nicht wenige zurücklässt, die er in gemeinsame Tätigkeit gefunden hat, machte die lange Reihe von Namen deutlich, die er aufzählte. Aber man kann ja weiter in Kontakt bleiben und an Publikationen arbeiten.
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