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Frauenwege-​Gedenktafel für die Schriftstellerin Yvonne Pagniez

Die Frauenwege erhalten eine weitere Tafel. Gewidmet ist sie der französischen Schriftstellerin und Journalistin Yvonne Pagniez, die Schwäbisch Gmünd in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs erlebte.

Donnerstag, 02. Mai 2013
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 5 Sekunden Lesedauer

AUTOREN (rw). Yvonne Pagniez (1896 – 1981) gehörte der französischen Widerstandsbewegung an und beherbergte abgeschossene alliierte Piloten. 1944 wurde sie von der Gestapo verhaftet und ins Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Im Oktober gelang es ihr, während eines Transports zu fliehen. Ihre abenteuerliche Flucht, Angst und Hunger schildert sie in „Evasion 44“, ihrem einzigen ins Deutsche übersetzten Buch. Für dieses Buch erhielt sie im Erscheinungsjahr 1949 den Großen Preis der Académie francaise.
Ihre Flucht endete in Konstanz, wo sie mit dem Schiff über den Bodensee wollte. Sie wurde verhaftet und zu vier Monaten Gefängnis verurteilt – was ihr die Rückkehr ins KZ ersparte. Die Strafe trat sie in Gotteszell in Schwäbisch Gmünd an. Die Geschehnisse dort, das Kriegsende und die Wochen danach schilderte sie in einem weiteren Buch: „Ils ressusciteront d’entre les morts“, das bisher nicht übersetzt wurde. Menschlichkeit erfuhr sie auf ihrer Flucht in Deutschland oft in Pfarrhäusern, aber auch unter „normalen“ Deutschen. Sie setzte sich, von einem christlichen Standpunkt aus, bald nach dem Krieg für die Versöhnung mit Deutschland und für Europa ein, vermied Schwarzweiß-​Malerei und blieb eine kritische Zeitbeobachterin als Kriegsberichterstatterin in Indochina und Algerien. Pagniez, aus bürgerlichen Verhältnissen stammend und hoch gebildet, war Handelnde und Intellektuelle. Sie erkannte die politische Dimension der Mutterschaft, was schon in die Zeit der Frauenbewegung weise, wie die Gmünder Frauenbeauftragte Elke Heer sagt.
„Sie versuchte Courage zu leben, sie trat gegen Unrecht auf“, meint Erster Bürgermeister Joachim Bläse, für den Yvonne Pagniez‘ Gmünder Berührungspunkte Anlass bieten, in die Geschichte einzusteigen: „Es will aufgearbeitet werden“. 50 Jahre Elysée-​Vertrag seien ein guter Anlass, in Gmünd an Yvonne Pagniez zu erinnern, so Elke Heer. Die ihr gewidmete Tafel soll am Montag zwischen Häusern Münsterplatz 7 und 9 angebracht werden. Pagniez wurde in den ersten Tagen nach der Besetzung Gmünds durch die Amerikaner am 20. April 1945 bei Dekan Mager aufgenommen.
Sie kam auch später noch nach Schwäbisch Gmünd. Ein Exemplar ihres Buches mit den Gmünder Geschehnissen schenkte sie der Pfarramtssekretärin und schrieb eine Widmung hinein. Dieses Buch erhielt Reiner Wieland, der damals sein Ostwürttembergisches Schriftgutarchiv aufbaute, in den Jahren 1974 bis 1977, wie er sich erinnert. Seitdem hat Wieland weiteres Material über die Autorin gesammelt, Kopien der Protokolle von Konstanz und von den Akten der Gerichtsverhandlung, die im Ludwigsburger Staatsarchiv aufbewahrt werden. Zuletzt schrieb Dagmar Endle einen Bericht über Yvonne Pagniez, der am 10. August 1996 in der Rems-​Zeitung erschien.
Er, Wieland, habe OB Arnold die Zusammenhänge erklärt und sei auf offene Ohren gestoßen. Eine teilweise Übersetzung des Buches mit den Gmünder Passagen kommt auch zustande, zusammen mit einem biographischen Aufsatz von Elke Heer wird sie als Band 19 der „Lauterner Schriften“ erscheinen.
Zu Ehren von Yvonne Pagniez findet am Mittwoch, 8. Mai – dem Tag des Kriegsendes – um 14 Uhr eine Feierstunde im Prediger-​Refektorium statt. Dabei wird der 87-​jährige Yves Pagniez, früher Botschafter Frankreichs in Moskau, über seine Mutter sprechen.

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