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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Asylbewerber freut sich auf den Beginn seiner Bäckerlehre

Wenn heute früh ein Fernsehteam des ZDF in Gmünd auftaucht, dann wird es ein ungewöhnliches Lehrverhältnis dokumentieren, das dieser Tage abgeschlossen werden soll: Der 26-​jährige afghanische Asylbewerber Ahmed Haydari will bei der Firma Stemke Bäcker lernen.

Sonntag, 02. November 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 39 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (ml). Eigentlich könnte Haydari ja seinem gelernten Beruf nachgehen. Er ist Dolmetscher, beherrscht neben seiner Muttersprache unter anderem Persisch, Russisch und Englisch. Doch wie bei vielen Ausländern ist es mit der Anerkennung von Unterlagen so eine Sache.
Aus seiner Heimat musste der 26-​jährige fliehen. Er hatte in der Hauptstadt Kabul über Jahre als Übersetzer für die jetzt weitgehend abgezogenen US-​Truppen gearbeitet. Solche „Kollaborateure“ müssen tödliche Rache der Taliban fürchten. Deshalb dürfte es mit dem Asylantrag klappen – wenn denn das komplizierte Verfahren einmal abgeschlossen ist. Seit anderthalb Jahren ist Ahmed Haydari schon in Deutschland.
Bäckermeister Frank Stemke und sein Bruder Jürgen haben ein ganz anderes Problem. Die beliebte Bäckerei hatte für diesen Herbst einen Ausbildungsplatz ausgeschrieben. Der erste Bewerber trat die Stelle gar nicht erst an, eine zweite Kandidatin warf nach drei Tagen die Brocken hin. Bäcker ist ein anstrengender Beruf mit Arbeitszeiten, die mit den Freizeiterwartungen vieler junger Leute nur sehr bedingt kompatibel sind.
In dieser Situation erinnerte sich Jürgen Stemke daran, dass die Stadt um Beschäftigungsmöglichkeiten für Asylbewerber geworben hatte. Bei der Nachfrage im Rathaus stieß er auf Begeisterung. Und wenig später stellte sich Ahmed Haydari für ein Praktikum vor.
Inzwischen weiß man sich gegenseitig zu schätzen. Dieser Tage soll ein offizieller Ausbildungsvertrag über drei Jahre geschlossen werden. Nach neun Monaten im Land können Asylbewerber eine Ausbildung beginnen.
Kleinere Probleme gilt es freilich noch zu bewältigen. „Die Idee von Beschäftigung harmoniert noch nicht richtig mit den Grundgegebenheiten des Asyls“, erklärt Jürgen Stemke. So läuft der Deutsch-​Sprachkurs, den Ahmed Haydari schon wegen seiner berufsbedingten Begabung mit besonderem Engagement besucht, so dass man sich mit ihm schon recht gut unterhalten kann, leider am Vormittag. Und da sind Bäcker eben in der Backstube. Schwierigkeiten macht dem 26-​Jährigen bislang auch die Unterbringung: Die Mitbewohner im Gemeinschaftszimmer auf dem Hardt können wenig mit den Schlafbedürfnissen eines Berufs anfangen, der hauptsächlich in der zweiten Nachthälfte und am frühen Morgen ausgeübt wird.
Aber das könnte sich innerhalb kürzester Zeit regeln lassen. Die Stemkes haben keinen Steinwurf von der Backstube ein kleines Apartement, in das der Neu-​Lehrling einziehen könnte. Und das mit der Sprache sollte sich bei einem gelernten Dolmetscher auch ergeben, hofft der Lehrherr.

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