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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Die Gmünder und das Kriegerdenkmal

Denk mal über das Denkmal nach: Rund 70 Mitbürger vom Acht– bis zum 88-​Jährigen haben genau dieses am 8. September beim „Tag des offenen Denkmals“ getan und äußerten sich zum Kriegerdenkmal am Marktplatz.

Donnerstag, 20. März 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 40 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (ika). Die VHS-​Geschichtswerkstatt hatte darum gebeten, kurze Statements zu formulieren. In Gesprächen und durch Infotafeln erfuhren die Passanten die Entstehungsgeschichte dieser Säule, um die heute Busse herumkurven oder an der Passanten vorbei eilen. Wird sie überhaupt angesehen, gewürdigt, gar übersehen oder richtig gedeutet, die neun Meter hohe Bronzesäule, die Jakob Wilhelm Fehrle gestaltet hat und die im November 1935 enthüllt worden ist? An der Umfrage nahmen knapp dreißig Mädchen und Frauen teil, ebenso füllten 30 Jungen und Männer die Fragebogen aus, bei 9 Antworten lassen sich Vornamen oder Altersangaben — nur nach diesen wurde gefragt — nicht lesen bzw. fehlen. Und was sagt den Antwortgebern das Denkmal heute? Für die meisten ist es ein Mahnmal, einer erinnert dezidiert an die NS-​Zeit, etliche bringen ihre Meinung auf den Nenner: „Nie wieder Krieg“. Der achtjährige Emil aus Gmünd, der vermutlich mit seinen Eltern vor Ort war und mit ihnen über die Säule gesprochen hat, schrieb auf, dass ihn die Säule an Soldaten erinnert und dass für ihn das Denkmal „Brutalität“ bedeutet.
Der 53-​jährige Michael findet das Kriegerdenkmal als martialisch, ja abschreckend und meint, die Säule bräuchte dringend eine Erläuterung, die ihre Geschichte erklärt, denn sehr viele Menschen wüssten nur wenig darüber. Die 16-​jährige Alina aus Rechberg meint, ein solches Denkmal brauche man nicht, die Säule erinnert sie an den Weltkrieg. Anderer Ansicht ist die 24-​jährige Verena aus Mutlangen, die es für wichtig hält, sich der Geschichte zu erinnern, „damit daraus etwas gelernt werden kann“. Das Denkmal sagt der 47-​jährigen Christine aus Gmünd wenig, „man geht halt vorbei“, doch die Informationen der Geschichtswerkstatt am 8. September findet sie gut.
Kritisch äußern sich auch viele Mitbürgerinnen und Mitbürger aus der älteren Generation. „Jeder Gefallene war/​ist einer zu viel“, meint die 60-​jährige Doris aus Gmünd, die 66jährige Brigitte aus Mutlangen schreibt: „Bitte keine Kriege mehr!“. Die 69-​jährige Brunhilde erinnert sich mit der Säule an Krieg, an Gefallene, an Aufmärsche und dichtet: „Oh Engel Gottes schlage du darein, s’war leider Krieg und ich begehre nicht schuld daran zu sein“. Die 87-​jährige Edith aus Gmünd hat auf ihrem Formular Fragezeichen gemacht, sie weiß für die Säule keinen Namen, weiß nicht, an was diese erinnern soll, und insgesamt sagt ihr das Denkmal nichts. Andrea (18) aus Aalen meint, dass sie die Säule an „Sieg“ erinnert und vermutet einen religiösen Hintergrund. Und ein über fünfzigjähriger Mann hat keine Ahnung, was die Säule symbolisiert, ihm sagt das Denkmal heute „eher wenig“; fast der gleichen Meinung ist der 52-​jährige Jan aus Schwäbisch Gmünd, der „ehrlich gesagt“ bekennt, das ihn das Denkmal an nichts erinnert.
Mit dem römischen Kaiser Traian assoziiert ein 50-​jähriger Betrachter die Säule, der 63-​jährige Gerhard bezeichnet das Denkmal als entbehrliches Überbleibsel und die aktuelle Bedeutung der Säule für ihn tituliert der 70jährige Wolfgang als „Bildnis von H. Fehrle“. Otto (70) aus Welzheim schildert die für ihn aktuelle Bedeutung mit dem Spruch: „Wer früher stirbt ist länger tot!“ Werner (77) aus Böblingen, der seit 1963 nicht mehr in Gmünd wohnt, gedenkt der vormaligen Jahrgangsfeste mit Kranzniederlegungen am Kriegerdenkmal. Generell erinnern sich die älteren Bürgerinnen und Bürger an die beiden Weltkriege, etliche meinen, das Denkmal „gehört auf den Platz“.
Etlichen Frauen unter Fünfzig sagt das Denkmal wenig bis nichts, die wesentlich jüngere zehnjährige Mia erinnert die Säule „an einen Krieger“ — vielleicht. angesichts des hl. Michael mit dem Flammenschwert — und die 19jährige Jennifer aus Mögglingen meint, dass man die Kriegsvergangenheit und die Gefallenen nicht vergessen dürfe.
Die Umfrage könnte bewirken, dass für die heute mittlere und die jüngere Generation das Kriegerdenkmal einer Erinnerungs-​Tafel bedarf. Die Entstehungsgeschichte der Säule und ihre Umgestaltung nach 1945 sollte deutlich werden. Den Standort des Denkmals am unteren Marktplatz hat übrigens kein Umfrageteilnehmer in Frage gestellt.

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