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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Mahnwache für die Opfer rechter Gewalt

Eine sehr beliebte Rubrik in der Rems-​Zeitung sind die samstäglichen „Marginalien“, die sich in dieser Woche mit der Frage beschäftigen: Wie lange wollen wir noch zusehen? Zusehen, wie manche unter dem Deckmantel „Fridays gegen Altersarmut“ behaupten, sie seien nicht „rechts“, sie seien nur dagegen, dass es Altersarmut gibt. Lesen Sie hier unsere Marginalien.

Samstag, 22. Februar 2020
Heinz Strohmaier
2 Minuten 36 Sekunden Lesedauer

Die Ereignisse überschlagen sich. Grade noch sollten die hier folgenden Zeilen, den rechten Initiatoren der Mahnwache „Fridays gegen Altersarmut“ anhand von positiven Beispielen beweisen: In Schwäbisch Gmünd gibt es viele Menschen, die sich aktiv für jene einsetzen, die in Armut leben. Hier gibt es mehr engagierte Bürgerinnen und Bürger, als es rechte Menschenfischer gibt, die nur Parolen auf Schilder schreiben. Doch bevor die erste Zeile geschrieben war, tauchte der rechte Rand der Gesellschaft wieder in den Medien auf, wird die Höcke-​Partei in Thüringen zum Ministerpräsidenten-​Macher. Und kaum hat sich die deutsche Parteienlandschaft ein wenig beruhigt, rücken die Rechtsradikalen schon wieder in die Mitte der Medien. Ein Rassist erschießt in Hanau Menschen, die er wegen ihrer nicht-​deutschen Herkunft hasst.
Und wie so oft in jüngster Zeit, stellt man sich die Frage: „Wie kann es sein, dass 75 Jahre nach der Befreiung von Auschwitz die Legitimierung einer antidemokratischen, in vielen Teilen mit einst nationalsozialistischem Gedankengut durchtränkten Partei in Deutschland zur politischen Realität gehört? Wie kann es sein, dass diese Partei so erfolgreich Wähler abfischt, allein damit, dass sie Stammtischparolen statt politischer Lösungen in ihr Wahlprogramm schreibt. Wie können so viele Menschen ignorieren, welchen Gewaltsturm diese Deutsch-​Nationalen damit entfesseln? Wie kann es sein, dass die Väter des Grundgesetzes dafür ein Schlupfloch in der so guten deutschen Verfassung gelassen haben?
Doch zurück zum Anfang dieses Textes. „Fridays gegen Altersarmut“ – Die erste Mahnwache fand bereits auf dem Gmünder Marktplatz statt. Eine zweite folgt am heutigen Samstag. Wieder versammeln sich einige Bürgerinnen und Bürger vor dem Gmünder Rathaus und behaupten, sie seien nicht rechts, sie seien nur dagegen, dass es Altersarmut gibt. Gerade so, als sei jeder, der hier kein Mitläufer sein will, für Altersarmut. Das Gegenteil ist der Fall: Es gibt viele Menschen, die sehr engagiert für Menschen in Not eintreten, die ohne auf die Zahl ihrer ehrenamtlichen Arbeitsstunden zu achten, alles in ihrer Macht Stehende tun, um anderen Menschen in Not das Leben zu erleichtern.
Darum geht es den rechts verorteten Initiativen in keiner Weise. Sie nutzen Armut für ihre Propaganda. Und wer sich hier nicht distanziert, sondern – offenen Auges, alle Fakten in den Wind schlagend – anschließt, muss sich bewusst machen, wen er damit unterstützt. „Ich bin nicht rechts“ zu sagen, reicht da nicht mehr aus. Auch wer in vermeintlich guter Absicht und mit einem scheinbar sozialen Thema den rassistischen rechten Rand in die Mitte der Gesellschaft rücken hilft, macht sich an der zunehmenden rechten Gewalt mitschuldig. Niemand kann hier den kleinen Finger geben und sagen: „Ein bisschen recht haben die Rechten ja schon.“ Hier ist Farbe bekennen angesagt. Will ich mein Leben in einer bunten Gesellschaft leben, oder helfe ich dem braun-​blauen Schatten, der nach immer mehr Macht greift, sich klammheimlich immer weiter auszubreiten?
Es ist schön in Schwäbisch Gmünd. Es ist gut hier zu leben, gut hier zu arbeiten. Im Rathaus sitzen Demokraten aller demokratischen Parteien. Hier ist der Gemeinderat noch eine Insel der Glückseligen, die sich nicht mit unsäglichen Anträgen, Beleidigungen, Drohungen, Forderungen von rechts auseinandersetzen muss. Hier lebt die Demokratie noch unangegriffen. Hier findet heute nicht nur die Mahnwache der von rechts außen ins Leben gerufenen Internet-​Plattform „Fridays gegen Altersarmut“ statt.
Nein, hier finden sich heute auch Menschen zusammen, die sich als Schutzschild gegen Menschenfeindlichkeit und Rassismus, gegen Mord und Gewalt verstehen. Sie treffen sich zu einer Mahnwache für die Opfer von Hanau, und damit auch für alle anderen Menschen, die rechter Gewalt zum Opfer fielen. Clara

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