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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Reform der Kliniken Ostalb: Das hat der Kreistag beschlossen

Foto: tv

Nach einer langen, heftigen Sitzung hat der Kreistag am Dienstag weitere Schritte einer Klinikreform im Ostalbkreis beschlossen. Anfang kommenden Jahres sollen Bürgerinnen und Bürger über die künftige Klinikstruktur informiert und beteiligt werden.

Dienstag, 20. Dezember 2022
Thorsten Vaas
3 Minuten Lesedauer

Diese Information und Beteiligung der Bevölkerung solle noch im ersten Quartal des kommenden Jahres vor einer Entscheidung des Kreisparlaments stattfinden. Es gebe dabei keine Vorfestlegungen, unterstrich Landrat Joachim Bläse eindringlich, auch nicht auf ein Zentralklinikum. Vielmehr seien alle Lösungsmöglichkeiten auf dem Tisch. Während der Beschluss zur Information der Bevölkerung einmütig ausfiel, sperrten sich einige bei einem anderen Vorschlag. Neun Kreisrätinnen und Kreisräte, darunter der Gmünder Oberbürgermeister Richard Arnold und die Mutlanger Bürgermeisterin Stefanie Eßwein stimmten gegen die Kenntnisnahme, dass Landrat und Klinikvorstand über den möglichen Standort für ein Zentralklinikum bei Aalen nachdenken.
Im ursprünglichen Beschlussvorschlag der Verwaltung hatte es geheißen, der Kreistag bekräftige und lege fest, dass vor einer Entscheidung über die künftige Struktur der Kliniklandschaft im Kreis die Bevölkerung informiert und beteiligt werden müsse. Dies gelte für die Raumschaften Aalen, Schwäbisch Gmünd, Ellwangen und Bopfingen/​Härtsfeld und habe im ersten Quartal des kommenden Jahres in der Form von so genannten Strukturgesprächen zu erfolgen. Voraussetzung für diese Gespräche sei aber, dass Verwaltung und Klinikvorstand die Inhalte der verschiedenen Modelle definieren. Zur Debatte stehen neben einer Fusion der Kliniken Mutlangen und Aalen (mit Erhalt der Ellwanger Klinik), das Modell „zwei starke Standorte – Aalen und Schwäbisch Gmünd“ sowie das Modell Regionalversorger, quasi ein Zentralklinikum, das von Gesundheitscampi flankiert wird. Diese Modelle sollen nach Ansicht der Kreisrätinnen und Kreisräte bis zur Entscheidung gleichberechtigt weiterverfolgt und in den regionalen Strukturgesprächen vorgestellt werden. Vor allem soll die wohnortnahe Grundversorgung, mit den, wie es heißt, Gesundheitsakteuren (beispielsweise mit Ärzten, Betreibern von Pflegeheimen, Apothekern und Vertretern der Kommunen) definiert werden. Dabei müsse es für jede Raumschaft konkret um Notfallversorgung, Geburtshilfe, Pflege, Betreuung und Reha älterer Menschen sowie um Operationen und ambulante Behandlung gehen.
Außerdem solle für ein mögliches Zentralklinikum ein Standort – im Gespräch ist der Bereich Essingen an der Bundesstraße 29 – in einem Umkreis von zwei oder fünf Kilometern entwickelt werden, der die bestmögliche Erreichbarkeit für den größtmöglichen Teil der Bevölkerung gewährleistet. Wörtlich heißt es in dem Beschluss: „Hierzu bietet sich ein sogenanntes Standortauswahlverfahren an, bei welchem mögliche Grundstücke anhand objektiver Auswahlkriterien, die vorab durch den Kreistag zu beschließen sind, einzuleiten und hierfür einen externen Dienstleister zur Begleitung zu beauftragen.“ Zu diesem Punkt gab es dann nur den Mehrheitsbeschluss, dass der Kreistag zur Kenntnis nehme, dass sich die Verwaltung damit beschäftige. Weiter legte der Kreistag fest, dass der Klinikvorstand „unverzüglich“ ein Konzept entwickeln müsse, wie Qualität und medizinische Angebote in allen drei Krankenhäusern durch Sofort– und Übergangsmaßnahmen gehalten und finanzielle Verbesserungen erzielt werden können.
Er habe gedacht, über diese Punkte müsste eigentlich gar nicht diskutiert werden, sagte Bläse, und sei insofern total überrascht, was man in diese Vorlage alles hineininterpretiere. „Ich habe an keiner Stelle gesagt, dass bereits etwas entschieden ist“, stellte der Landrat klar, auch die beiden gleichwertigen Häuser Aalen und Schwäbisch Gmünd seien nicht zu den Akten gelegt. Es gehe lediglich darum, dass die 318.000 Bürgerinnen und Bürger des Ostalbkreises medizinisch gut versorgt sind. Bläse: „Wir haben einen Schuss frei und der muss sitzen!“ Wenn es keine Standortfestlegungen gebe, solle der Kreistag lediglich die Information der Bevölkerung beschließen und alle anderen Punkte des Verwaltungsvorschlags nicht, meldete sich Karl Hilsenbek (Freie Wähler) zu Wort. „Das haben Sie jetzt hoffentlich nicht ernst gemeint“, konterte der Landrat. „Das wäre ja ein Handlungs– und Denkverbot!“ Er könne nicht mit leeren Händen vor die Bürger treten und diese bitten: „Jetzt sagt Ihr mal, was Ihr wollt!“ Nach einer Sitzungsunterbrechung zogen die Freien Wähler ihren Antrag zurück. Dann kam die Diskussion richtig in Schwung.
Gunter Bühler unterstrich, man müsse einen konstruktiven Weg finden und habe keine Zeit, sonst sei die klinische Versorgung gefährdet. Das Thema dürfe nicht in Emotionen untergehen. Man müsse in den Dialog mit den Bürgern treten, diese würden schnell merken, dass Handlungsdruck bestehe. Das Patientenwohl sah auch Veronika Grohmann (Grüne) gefährdet und prophezeite: „In spätestens zehn Jahren fliegt uns die demografische Entwicklung um die Ohren!“ „Butter bei die Fische“, belastbare Fakten und Zahlen, forderte Carola Merk-​Rudolph (SPD). „Wo liegt Euer Problem außer der Kirchturmpolitik?“, fragte Roland Hamm (Linke) die Kritiker und Manuel Reiger (FDP) mutmaßte, dass manche inzwischen weiche Knie bekommen hätten. Dabei wüssten alle, was zu tun sei, deswegen müsse man entscheiden. Erst müsse es um die Menschen gehen und dann um die Entscheidung, sagte Richard Arnold (CDU). In einer erneuten Sitzungsunterbrechung feilte die Verwaltungsspitze an den Formulierungen des Beschlussvorschlags. Dem Landrat gelang es schließlich, eine Kampfabstimmung abzuwenden, als deren Folge er eine „Märchen– und Legendenbildung“ befürchtet hatte. „Danke für dieses Votum“, rief ein erleichterter Joachim Bläse aus.

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