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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

„Preiset hoch die Stadt Gamundia“: Das moderne Gmünd und sein Erbe

Grafik: rz

Der Schlussakkord bei den „Momenten der Staufersaga“ ist erst eine Woche her — und es war in der Tat ein Akkord, denn Abend für Abend wurde am Ende der Aufführung die Gmünder Hymne „Preiset hoch die Stadt Gamundia“ aus vielen Kehlen geschmettert. Lesen Sie in den „Marginalien“ über Dichtung und Wahrheit dieser Hymne, über „kaiserliche Worte“ in der Staufersaga sowie über die Verpflichtung, die sich aus dem historischen Erbe ergibt.

Sonntag, 17. Juli 2022
Gerold Bauer
2 Minuten 46 Sekunden Lesedauer

Glanz und Gloria
in der Stauferstadt

„Preiset hoch die Stadt Gamundia, Schwabens Nabel, Herz der Welt, preiset hoch die alte Stauferstadt, Licht unterm Himmelszelt! Sie strahlt in Kunst aus Silber, aus Gold und Edelstein, mit ihrem stolzen Münster ist sie die Heimat mein!“ Ganz im historischen Stil verfasste Prof. Dr. Hubert Herkommer zur 850-​Jahr-​Feier der Stadt Gmünd anno 2012 jene Hymne. Bei den „Momenten der Staufersaga“ wurde das Lied vollmundig aus vielen Kehlen jeden Abend am Ende der Aufführung geschmettert. Nachdem der Erste Bürgermeister Christian Baron in der Rolle von Stauferkaiser Heinrich VI. eine ebenfalls sehr emotionale Rede an die „Bürger von Gmünd“ gehalten und an sie appelliert hatte, sie mögen blühende Gärten anlegen und bedeutende Bauten erstellen, weil die Stadt – aus der Perspektive des Mittelalters gesprochen – in ferner Zukunft von anderen Städten beneidet werden würde. Damit hat Stephan Kirchenbauer-​Arnold als Autor des Textes für die Staufersaga auf der Basis des Wissen von Heute eine fiktive historische Prophezeiung formuliert.
In den Geschichtsbüchern ist jener Staufer namens Heinrich (übrigens nicht zu verwechseln mit seinem Namensvetter aus dem Geschlecht der Salier, der durch seinen Streit mit dem Papst und dem berühmten Gang nach Canossa einen Platz in der Geschichte bekommen hat) bei den Historikern nicht ganz so gut weggekommen wie seine Verwandten namens Friedrich. Heinrich galt, so die Überlieferung, als gefühlloser Machtpolitiker. Wie dem auch sei – seine Worte, die er in Gestalt von Christian Baron bei der Staufersaga ans Volk richtet, passen perfekt zur Hymne. Heinrich schwört die Gmünder auf Einigkeit und Bereitschaft zum Engagement für ihre Stadtgemeinschaft ein. Die eine oder andere Übertreibung nimmt man dem Verfasser eines Loblieds beziehungsweise dieser „kaiserlichen Rede“ nicht übel.
De facto ist Gmünd sicherlich heute nicht Schwabens Nabel, und schon gar nicht das Herz der ganzen Welt. Aber aus der individuellen Perspektive ist diese sehr wohl zutreffend. Für jeden eingefleischten Gmünder ist seine Stadt eben doch Nabel und Herz der Welt. Da spielt jenes Gefühl eine Rolle, das mit dem Begriff „Heimat“ untrennbar zusammenhängt. Egal wie die Heimat de facto ist – wer eine hat, wird nicht Mängel sehen, sondern Vorzüge.
Und wenn man es genau betrachtet, dann gibt es ja wirklich Flecken auf dieser Erde, die bedeutend weniger zu bieten haben als die älteste Stauferstadt. Da hat sich in den letzten zehn Jahren sehr viel verändert – wenn man sich nur daran erinnert, wie schmuddelig der Bereich des heutigen Remsparks (abgesehen von östlichen Teil Stadtgarten mit dem Rokokoschlösschen) früher ausgehen hat. Viel Autoverkehr, viel versiegelt, hässlich-​graue Fassaden. Doch seit dem Stadtumbau für die Landesgartenschau 2014 wird Gmünd tatsächlich von anderen Kommunen beneidet. Nicht nur ums Stadtbild, sondern auch um die Bereitschaft der Menschen, sich ehrenamtlich in ihrer Stadt zu engagieren.
Weil Gmünd so alt ist und im Zweiten Weltkrieg nicht zerbombt wurde, blieben in der Innenstadt viele imposante Bauten aus vergangenen Jahrhunderten erhalten, um die herum die modernen Stadtmütter und –Väter sehr viel Aufenthaltsqualität schaffen konnten. So ein historisches Stadtbild bedeutet aber auch die Verpflichtung, so viel wie möglich davon zu erhalten. Und das ist keineswegs immer einfach. Zum Beispiel dann nicht, wenn die Stadt zwischen Photovoltaik und Denkmalschutz Kompromisse finden muss. Denn der Glanz von Solarpaneelen und deren Edelstahlrahmen auf den markanten Ziegeldächern der Altstadt ist mit der Formulierung in der Hymne – „sie strahlt in Kunst aus Silber“ – wohl kaum gemeint. (pilatus)

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