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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Marginalie: Jonglage

Grafik: rz

Jaja, man ht es nicht leicht als Kommunalpolitiker — die Aufgaben werden nicht weniger und dann kommen auch noch sanierungsbedürftige Schwimmbäder dazu. Wahrlich kein Honigschlecken. Das machte auch Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold neulich mehr als deutlich.
Mit seinem Fernsehauftritt, kaputten Schwimmbädern und neuen Zähnen beschäftigt sich die Marginalie diesen Samstag.

Sonntag, 01. Oktober 2023
Sarah Fleischer
2 Minuten 19 Sekunden Lesedauer

Da staunte man nicht schlecht, als man in den Sozialen Medien über einen Ausschnitt der ARD-​Talk-​Sendung „maischberger“ stolperte, der keinen anderen als Gmünds Oberbürgermeister Richard Arnold zeigte. Nun sind Politikerinnen und Politiker zwar Personen des öffentlichen Lebens, aber Schwäbisch Gmünd und seine politischen Persönlichkeiten schaffen es doch nicht allzu oft in die überregionale Presse. Schließlich scheint die Stauferstadt so unbekannt zu sein, dass manche lieber angeben, sie wohnen „bei Stuttgart“, als lange zu elaborieren, wo Schwäbisch Gmünd liegt und warum man es kennen müsste.
Konkret ging es bei Arnolds maischberger-​Auftritt um die Herausforderungen der Kommunalpolitik – von denen es laut Arnold reichlich gibt, zu reichlich. „Bei uns kommt das so an, dass die Verantwortung und auch die Aufgaben durchgereicht werden von oben nach unten“, lautete eine seiner Aussagen. Es dauerte nicht lange, und der Schnipsel wurde in Memes verwandelt: „Ich, wenn der Lehrer sagt, ich muss Tafel putzen“; „Ich, wenn der Chef mir Aufgaben gibt, die eindeutig Teil meiner Arbeit sind“. Lustig, und sehr akkurat. Doch in Arnolds Aussage steckt auch viel Wahres: Immer wieder hört man aus den Kommunen und Landkreisen, man fühle sich alleingelassen bei vielen Aufgaben. Dezentralisierung schön und gut, aber mittlerweile scheint es, als jonglierten viele Kommunen mit brennenden Fackeln namens Digitalisierung, Energiewende und Asylpolitik, während sie auf dem wackeligen Einrad „Pflichtaufgabe“ über dem Nagelbrett „prekäre finanzielle Lage“ balancieren. Gelegentlich wirft ein Beistehender die Fackel „Freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben“ in den Ring.
Eine solche Fackel wäre zum Beispiel ein kaputtes Schwimmbad – und davon können zahlreiche Kommunen im Ostalbkreis ein Lied singen. Egal ob überdacht oder unter freiem Himmel, kaputt sind sie alle irgendwo. Ein Schwimmbad ohne Sanierungsbedarf ist zur echten Rarität geworden. Da sie nicht zu den Pflichtaufgaben einer Kommune gehören, müssen Sanierungen oft erstmal hinten anstehen – was die Lage natürlich nicht verbessert. Am Ende sind es wie in Schechingen 20 Jahre Sanierungsrückstand und über drei Millionen Euro geschätzte Kosten. Welche Kommune soll das noch stemmen? Viele versuchen dennoch, den Betrieb irgendwie am Laufen zu halten – mit Crowdfunding wie in Leinzell, einem Förderverein wie in Bettringen oder gleich einem Neubau wie beim Gmünder Hallenbad.
„Wir haben doch wirklich andere Sorgen als Schwimmbäder“ wird mancher einwerfen. Stimmt. Zum Beispiel, dass ein namhafte Politiker wie CDU-​Vorsitzender Friedrich Merz zur besten Sendezeit Behauptungen über angebliches Schmarotzertum von Asylsuchenden aufstellen darf, die nicht nur populistisch formuliert, sondern auch inhaltlich schlicht falsch sind. Gut, der Satz mit den „neuen Zähnen“ fiel bei Welt-​TV, der Sender gehört zum Axel-​Springer-​Konzern, wo man – vorsichtig gesagt – derlei Aussagen nicht gänzlich abgeneigt ist. Doch genau diese gefährlichen Sätze verfangen bei vielen Menschen und schon ist das Drama in den Kommunen groß, wenn Geflüchtete aufgenommen oder Gemeinschaftsunterkünfte statt Containern aufgestellt werden sollen.
Diese Aufgabe hatte Gmünd freilich gut gemeistert, über 1000 ukrainische Geflüchtete kamen bislang hier unter, ganz ohne Zweckentfremdung von Sporthallen oder Containern. Auf dem Hardt leben seit 2016 Geflüchtete in Gemeinschaftsunterkünften in den ehemaligen Kasernen. Viel eher als beim Zahnarzt trifft man sie in der Innenstadt, im Supermarkt – oder im Schwimmbad. Falls das nicht gerade saniert wird.

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