Marginalie: Ein Gallier in Gmünd
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Sie sind einfach unverwüstlich: Die Gallier rund um Asterix, Obelix und ihre Freunde. Alle paar Jahre fiebern ihre Fans einem neuen Comic-Album mit ihren Abenteuern entgegen. Erst vor ein paar Tagen ist der neueste Band erschienen. Unser Kollege Hans Riedl erzählt, was ihn mit Asterix verbindet.
Sonntag, 29. Oktober 2023
Franz Graser
2 Minuten 33 Sekunden Lesedauer
Es ist ein Ritual, das sich alle zwei bis drei Jahre vollzieht: Ganz früh am Morgen steht ein Mann vor einem Buchladen und wartet darauf, dass sich die Türen öffnen. Gezielten Schritts nimmt er Kurs auf den Kassentisch, zieht einen der druckfrischen Asterix-Bände aus dem Ständer, der dort aufgebaut ist, und reicht ihn der Buchhändlerin. Die gibt ihm den Band dann nach dem Bezahlen lächelnd zurück. Für den Kollegen, von dem hier die Rede sein soll, ist jeder neue Asterix ein Feiertag. Kein Wunder, denn er ist mit den Geschichten rund um das kleine gallische Dorf aufgewachsen, das sich immer noch höchst erfolgreich dagegen wehrt, in das römische Reich einverleibt zu werden. Seinen Asterix (und mehr noch seinen Kumpel Obelix) trägt er stets im Herzen. Wenn bei den Aalener Römertagen oder einem ähnlichen Ereignis ein Trupp Legionäre in voller Montur seine Übungen verrichtet, kann es schon mal passieren, dass er wie Obelix schallend übers Gelände ruft: „Römer! Frische Römer! Lasst sie mir! Lasst sie mir!“
Nun ist es um Asterix in den zurückliegenden Jahren ein bisschen ruhig geworden. Die Botschaft des Comics schien auch nicht mehr richtig in die Zeit zu passen. Zwar inspirierte der kleine Gallier in den 80er-Jahren zum Beispiel Umweltaktivisten, die Widerstand gegen Castor-Transporte oder die Startbahn West leisteten. Denn als rund um das gallische Dorf in großem Stil Bäume gerodet wurden, um eine Trabantenstadt nach römischem Vorbild zu errichten, ließen Asterix und Obelix mit Hilfe ihres weisen Druiden Miraculix die ausgerissenen Bäume einfach wieder nachwachsen – sehr zur Freude von Obelix’ vierbeinigem Kompagnon Idefix.
Aber das Eigenbrötlertum der Bewohner des namenlosen kleinen Dorfes in Aremorica, ihre ständige Streitsucht und auch die Skepsis gegenüber allem Neuen, was aus dem großen Rom in die Provinz schwappt, kann auf moderne, weltoffene Menschen zum Teilschon recht antiquiert wirken. Und auch der Feminismus ist zumindest bis jetzt erfolglos an den Galliern abgeprallt. Immerhin zieht nun mit dem neuesten Band „Die weiße Iris“ die Achtsamkeit in das Dorf ein. Zumindest versucht ein Agent des großen Cäsar, mit blümerantem Zeitgeist-Sprech den Widerstand von Asterix & Co. damit zu brechen. Sogar den vielgeliebten Wildschweinbraten will der Antagonist unseren Freunden austreiben. Stattdessen wird leichte Kost gepredigt. Nun ist es ja keineswegs falsch, rücksichtsvoll miteinander umzugehen.
Aber wenn Achtsamkeit, wie es manchmal passiert, in erster Linie von anderen eingefordert wird, wirkt das ganze Konzept doch recht hohl. Und gerade deswegen, wer hätte es geahnt, dürfte auch diesem Versuch des römischen Feldherrn, sich doch noch ganz Gallien zu unterwerfen, kein Erfolg beschieden sein.
Vielleicht wäre es eine schöne Idee, wenn Asterix & Co. in einem künftigen Band auch mal die hiesige Gegend durchstreiften. Anlass für eine solche Reise könnte möglicherweise sein, dass dem Druiden das letzte Körnchen Einhornpulver ausgegangen ist. Weil er diese Zutat aber unbedingt braucht, um den berühmten Zaubertrank zu brauen, werden die beiden gallischen Krieger in eine Region jenseits des Rheins in der Nähe der legendären drei Triumvirats-Berge geschickt, in der es angeblich noch Einhörner gibt. Dort stoßen sie dann auf den Sueben-Häuptling Arnoldix, der sein Städtchen gerne mit Blumen verschönert, obwohl der Architekt Mimix viel lieber Aquädukte bauen möchte.
Während Asterix und Obelix nach dem sagenhaften Einhorn suchen, das hier zuhause sein soll, möchte sich Cäsar die Stadt unter den Nagel reißen, weil er dort riesige Gold– und Silberschätze vermutet, die er zur Finanzierung seines nächsten Feldzugs haben will. Der Titel: „Asterix in Gamundia“. Man darf ja träumen.