Marginalie: Heiliger Geist!
Symbol-Bild: pixplosion /pixelio.de
Kaum ist Halloween vorbei, nimmt die Weihnachtsstimmung vollends überhand: Da warten schließlich die nächsten gesetzlichen Feiertage. Da ist auch bekannt, warum alle frei haben. Aber was genau feiert man nochmal am 1. November? Und warum nur in fünf Bundesländern? Damit beschäftigt sich die Marginalie an diesem Samstag.
Sonntag, 05. November 2023
Sarah Fleischer
2 Minuten 25 Sekunden Lesedauer
Während in den USA wieder Scharen von kreativ verkleideten Kindern um die Häuser zogen , blieb es in der Innenstadt von Gmünd verdächtig ruhig. Ähnliches wurde auch aus den Teilorten kolportiert: Auf kleine Gespenster, die auf der Suche nach Zucker sind, müsste man beinahe Geisterjäger ansetzen – so rar sind sie geworden. Auch Clubs, in denen Erwachsene oder solche, die es werden wollen, Halloween als eine Art Generalprobe für Fasching feiern können, gibt es in der Stauferstadt nicht wirklich. Dabei gibt es gerade für den weiblichen Teil der Bevölkerung eine einfache Blaupause, um Kostüme zu Halloween und Fasching zu finden: Man nehme das Kostüm, das man schon als Kind am liebsten hatte, hänge ein „sexy“ vorne dran und kürze Beinkleider sowie Ausschnitt großzügig. Doch nicht einmal diese konnte man dieses Jahr in einschlägigen Prospekten erspähen.
Und so bleibt das gruseligste, das der Kolumnistin am Tag nach Halloween begegnet, eine leere Flasche „Berliner Luft“ auf den Stufen ihres Wohnhauses, bei der jemand rabiat den Flaschenhals abgebrochen hat. Eine Spirituose, die nach Mundspülung schmeckt – da läuft es einem kalt den Rücken hinunter.
Ob sich der Halloween-Brauch wieder re-exportiert? Schließlich handelt es sich bei dem Fest des Zuckers und der Zombies, das jeglichen religiösen Bezug verloren hat, um ein Import aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten. In katholischen Gegenden Deutschlands war immer schon der Tag nach Halloween wichtiger: Allerheiligen. Noch heute freuen sich die Menschen in Baden-Württemberg, Bayern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland jedes Jahr aufs Neue, dass sie nicht in einem der anderen elf Bundesländer leben. In Brandenburg, Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen kümmert das wenig, dort ist der 31. Oktober ein Feiertag – Reformationstag. Gekniffen sind die Hessen und Berliner – dort feiert man weder Luther noch… ja, was feiert man eigentlich an Allerheiligen? Wie der Name sagt, ist der 1. November der Tag aller Heiligen. Denn schon im Laufe des 1. Jahrhunderts nach Christus war der Heiligen-Kult der Katholiken dezent aus dem Ruder gelaufen: zu viele Heilige. Es gab nicht genug Tage im Jahr, um jedem Heiligen mit einem eigenen Fest zu gedenken. Die modernen Regeln der Heiligsprechung sollten solche Eskalationen verhindern können: Die Verfahren dauern oft Jahrzehnte, manchmal Jahrhunderte. Erst muss man selig gesprochen werden, das geht frühestens fünf Jahre nach dem Tod. Dann wird der gesamte Lebenslauf nach Wundern, Märtyrertum oder christlichen Tugenden durchleuchtet – jedes Bewerbungsgespräch verblasst daneben. Die Bewerbungsmappe bekommt dann der Chef in Rom vorgelegt, dem die finale Entscheidung obliegt. Wem auch sonst. Kosten kann das ganze an die 50 000 Euro – oder mehr. Vielleicht sollte man die katholische Kirche im geplanten Bürokratie-Abbau inkludieren? OB Arnold würde es gefallen.