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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Kino: Der Film, bei dem sogar Männer weinen

Arsenal

Der Fotograf Andreas Reiner fotografiert Tote und Außenseiter. Seine Bilder sind voller Nähe und Respekt. Er selbst macht aus seiner Vergangenheit in der Psychiatrie und der Arbeitslosigkeit kein Geheimnis. Regisseur Jo Müller hat einen gefeierten Dokumentarfilm über ihn gedreht, der im Brazil-​Kino zu sehen ist. Am Freitag werden Regisseur und Protagonist anwesend sein.

Donnerstag, 02. Februar 2023
Jürgen Widmer
1 Minute 22 Sekunden Lesedauer

Die Geschichte könnte ein genauso altes wie abgeschmacktes Klischee erzählen. Außenseiter mit schwieriger Kindheit – noch dazu auf dem Land, findet nicht ins Leben. Er reagiert darauf mit Gewalt, landet in der Psychiatrie, steigt wie Phönix aus der Asche und wird ein bekannter und selbstverständlich bewunderter Künstler. Ein prächtiger Plot für einen rührseligen Prime-​Time-​Film, der – bei entsprechender Einschaltquote – tausende von Menschen zu Tränen rührt.

Aber Schattenkind, der Film über die Arbeit von Andy Reiner ist ein Dokumentarfilm geworden. Der Stuttgarter Regisseur Jo Müller hat den Fotografen zwei Jahre lang bei dessen Arbeit begleitet. Lohn der Mühen: Die Auszeichnung als bester Dokumentarfilm bei den Hofer Filmtagen und ein tief berührtes Kinopublikum.

Am Freitagabend kommen Müller und Reiner nach Schwäbisch Gmünd um Schattenkind im Brazil-​Kino zu präsentieren und dem Publikum Gelegenheit zu Fragen und Gesprächen zu geben. Und Gesprächsstoff liefert Schattenkind satt: Andreas Reiner fotografiert Menschen, die eher am Rande der Gesellschaft und selten im Licht der Öffentlichkeit stehen. Im Krematorium fotografiert er die Grabbeigaben von Toten. Seine Reihe „Leere Stille“, in der er Gastronomen während des Lockdowns fotografierte, fand sogar in den Tagesthemen ihren Platz.
Im Fußball würde man sagen: Andy Reiner geht dahin, wo es weh tut: Sterbende im Hospiz, Tote im Sarg, Frauen, die ihr Kind verloren haben, Frauen mit Brustkrebs, aber auch lachende Nonnen – und ausgelassene Behinderte. Es ist, als würde durch seine Fotos eine Schicksalsgemeinschaft entstehen zwischen ihm, den Menschen auf seinen Fotos und den Betrachtenden.

Wie Andy Reiner zur Fotografie fand, was sein Leben geprägt hat und was ihn antreibt, lesen Sie am Freitag in der Remszeitung.

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