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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Marginalie: Bike Path through Gmünd

Foto: archiv

Wer ist härter drauf? Die Heavy-​Metal-​Fans, die jedes Jahr nach Wacken pilgern, oder die Radfahrerinnen und Radfahrer, die sich todesmutig in die Gmünder Gassen stürzen? Unser Kolumnist Karl Kater hat darauf eine eindeutige Antwort.

Sonntag, 26. März 2023
Franz Graser
2 Minuten 7 Sekunden Lesedauer

Liebe AC/​DC-​Freunde, Ihr müsst jetzt ganz stark sein. Wer „Highway to Hell“ für harten Stoff hielt, muss nun demütig die Äuglein niederschlagen, und bekennen, es gibt Härteres, Gefährlicheres, als die besungene Autobahn.

Das wahre Abenteuer lauert, wie so oft, vor der eigenen Haustür. Dies gilt nicht nur für die No-​Go-​Areas in den Mega-​Citys dieser Welt. Ausgerechnet das ansonsten gern als beschaulich beschriebene Gmünd bietet für Zweiradhasardeure eine „Challenge“, wie Herausforderung jetzt neudeutsch heißt, die alles bietet, was die Tik-​Tok– und Youtube-​Gemeinde zu hymnisch gefeierten GoPro-​Clips animieren könnte: Waghalsige Fahrten, knifflige Engstellen und – wie könnte es in einer musikbewegten Stadt als Gmünd anders sein – einen Mördersoundtrack.

Gmünd präsentiert stolz: den „Radring Altstadt“. Angesichts der unglaublichen Menge an Herausforderungen, die dieser Trail dem risikofreudigen City-​Bike-​Fahrer bietet, können an dieser Stelle nur einige Highlights herausgehoben werden. Zumal Baustellen und „dackelmäßig“ abgestellte Autos, Kunden-​Stopper oder „E-​Scooter“ nahezu täglich für neue, überraschende Herausforderungen sorgen.

Als Einstieg, um die unglaubliche Attraktivität des Altstadtrings würdigen zu lernen, empfiehlt der Adrenalin-​Junkie die Querungshilfe in der Mitte der Unteren Zeiselbergstraße. Hier liegt unweigerlich in der Kürze die Würze. Gefahrlos lässt sich dort nur mit einem Einrad stehen und queren, so kurz ist sie geraten.

Um auch Lastenradfahrern einen leichten Nervenkitzel zu verschaffen, wurde zudem die Durchfahrt durch einen Pfosten erschwert. Möglicherweise dient dieser aber auch einfach als Halt für weniger gleichgewichtssichere Einhorn-​, sorry, Einradradler.

Der Anstieg zum Zeiselberg gibt zudem ausreichend Gelegenheit, den Unterschied zwischen umfahren und um-​fahren zu üben, wenn Menschentrauben sich den Hügel hochwälzen. Das Arrangement aus schriller Fahrradklingel und gebrummten Flüchen hat das Zeug zu einem absoluten Evergreen. Wir empfehlen die Premiere dieses musikalischen Geniestreichs bei den Staufer-​Festspielen oder dem Festival Europäische Kirchenmusik.

Noch enger wird das Zusammenspiel zwischen Musikfreunden und Zweirad-​Afficionados in der Rinderbacher Gasse. Das enge, pittoreske Gässle bietet ausreichend Möglichkeiten, neue Freundschaften zu schließen oder das eigene Schimpfwortvokabular zu erweitern. Geübte Nutzer dieser Route haben zu jedem Buchstaben im Alphabet bereits ein passendes Schimpfwort parat (Liebe Kinder, zu Hause bitte nicht nachmachen!).

Vor allem Fahrer von tiefergelegten Dreier-​BMWs sorgen hier für ein kostenfreies und gleichzeitig den Trainingseffekt steigerndes Unterhaltungsprogramm. Dumpfe Technobässe sorgen dafür, dass sich die Trittfrequenz erhöht. Damit sich der Radler leichter beim Hören tut, fährt der selbstlose Fahrzeuglenker enger auf, was die Bewegungsfreude des Radlers steigert.

Gemessen wird die Musikgeschwindigkeit in Beats per Minute (bpm), also Schläge pro Minute. Der menschliche Herzschlag liegt bei ungefähr 72 bpm. Bei geschätzten 160 bis 190 bpm (Hardcore Techno), die sich gefühlt durch Einsatz der Lichthupe auf 320 (Death Metal) steigern, steht einem effektiven Cardiotraining nichts im Weg. Da hilft es nicht, dass der eigene Sinn eher nach 84 bis 90 bpm (Langsamer Walzer) steht.

Spätestens hier dürfte klar werden, welchen Song AC/​DC aufnehmen wird: Bike Path through Gmünd. Vielleicht kommen die Harten in den Garten, aber die ganz Harten fahren Rad in Gmünd. (Karl Kater)

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