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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Marginalie: Schwäbisch Gmünd als Wüstenstadt

Grafik: rz

Wer gerne im Sand buddelt oder Strandfeeling genießt, wird auf dem Gmünder Marktplatz voll auf seine Kosten kommen — Denn der ist aktuell mit tonnenweise feinstem Sand bedeckt. Sogar Palmen gibt es. Ist das vielleicht Teil der Gmünder Strategie zur Anpassung an den Klimawandel? Und wie ließe sich das Konzept erweitern? Damit beschäftigt sich die Marginalie an diesem Samstag.

Sonntag, 02. Juli 2023
Sarah Fleischer
2 Minuten 25 Sekunden Lesedauer

„Diese Sendung wurde ihnen präsentiert von Sand. Sand ist überall – Gewöhnen Sie sich dran.“ Dieses Zitat des Dschinnis aus dem Disney-​Klassiker „Aladdin“ ließe sich auch gut auf den Gmünder Marktplatz zur Sommerzeit anwenden. Denn kaum ist die „Playa de Gamundia“ vorbei, wird der Sand flugs umgeschichtet – ganz dem Nachhaltigkeitsgedanken entsprechend – mit allerlei farbenfrohem Spielgerät bestückt und so zum Sandspielplatz umgestaltet. Wer nun in Sandalen, Slippern oder ähnlichem offenen Schuhwerk über den Marktplatz läuft, fühlt sich wohl bisweilen an den letzten Strandurlaub erinnert – vom Sand zwischen den Zehen.
Aber auch temperaturmäßig lässt sich der Marktplatz im Hochsommer durchaus mit einem Strand an der Côte d’Azur vergleichen. Da kommt echtes Urlaubsfeeling auf, immerhin stehen auch sehr dekorative Palmen am Rand. Eine Reise in die Ferne kann man sich also sparen. Und wenn der weltweite und lokale Klimaschutz weiterhin so erfolgreich verläuft, muss man in ein paar Jahren nicht einmal mehr nach Nordafrika oder in den Nahen Osten reisen, um sagenhaft schöne Wüstenlandschaften zu erleben.
Vielleicht ist das ja der eigentliche Plan der Stadt – Einfach das Stadtbild dem Klima anzupassen? Das würde auch den Widerstand gegen den Hitzeaktionsplan im Kreistag erklären. Wobei der sich ja nicht auf die Vertretung aus Schwäbisch Gmünd beschränkt. Wenn sich also in ein paar Sommern der Sand auf den kompletten Marktplatz ausgeweitet hat, echte Palmen wachsen und einem ein Dromedar neugierig in die Kaffeetasse schielt, dann wurde der Plan erfolgreich umgesetzt.
Immerhin, dieses Jahr wird den spielwütigen Kindern wenigstens etwas Schatten in Form von Schirmen gegönnt, während den tapferen Beach-​, Foot– und Sonstwas-​Volleyballern eine Woche zuvor die Sonne das Hirn wegbrutzelte. 2022 noch hatte sich der Sandspielplatz zuweilen in das Death Valley verwandelt – staubig, heiß und brandgefährlich. Bei Temperaturen von 35 Grad im Schatten dürfte es unter diesen Schirmen allerdings auch nur geringfügig kühler sein. Schirme können nunmal nicht leisten, was echte, im Boden verwurzelte Bäume können: Die gesamte Luft in ihrer Umgebung durch Verdunstung abkühlen. Das ließe sich auch durch kleine Wasserstellen erreichen – womit man wieder beim Thema Oase in der Wüste wäre.
Warum nicht gleich einen kompletten Themenpark einrichten? Besucherinnen und Besucher aus Nah und Fern würden nach Schwäbisch Gmünd kommen, um auf Dromedaren und Kamelen reitend Stadtführungen zu unternehmen; sie würden unter Palmen statt Schirmen auf dem Marktplatz sitzen und ihren Kaffee oder andere Getränke genießen, während ihre Kinderlein an der Oase planschen und mit dem Sand die tollsten Sandburgen bauen. Workshops zu orientalischem Tanz wie einst bei der Staufersaga kämen sicher auch gut an.
Viele Kreisräte plädierten ja auf „Eigenverantwortung“ beim Hitzeschutz. Auf der anderen Seite leben wir ja in einem Sozialstaat… Kompromissvorschlag: Spender mit kostenloser Sonnencreme in verschiedenen Lichtschutzfaktoren und Trinkbrunnen, die in der ganzen Innenstadt – Verzeihung, dem Themenpark – verteilt werden. Die Benutzung bleibt natürlich vollkommen freiwillig, wir wollen ja niemandem etwas aufzwingen!
Noch ein Vorteil: Ist das Klima mal erwärmt genug und der Themenpark errichtet, muss der Sand nicht wieder aufwändig vom Marktplatz gekratzt und eingelagert werden. Er kann einfach das ganze Jahr über liegenbleiben — Das spart Arbeit.
So kann man sich den Klimawandel eben auch schönreden. Nur lösen tut man das Problem damit nicht.

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