Marginalie: Christkind grüßt Florian!
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Immer wieder landen vertrauliche Schriftstücke in Zeitungsredaktionen, werden auf Parkbänken vergessen, oder versehentlich in den Garagen US-amerikanischer Ex-Präsidenten gestapelt. Unser Investigativreporter Karl Kater hat nicht nur die ersten Schokoladen-Nikoläuse im Supermarkt erspäht, sondern ist auch in den Besitz heikler städtischer Korrespondenz gekommen. Lesen sie hier EXKLUSIV in voller Länge seine Marginalie.
Sonntag, 13. August 2023
Jürgen Widmer
2 Minuten 18 Sekunden Lesedauer
Doch was hilft alle irdisch-hausfrauliche Sparsamkeit, wenn die eingereichten Wunschlisten länger und das Flehen aus den Fraktionen, Vereinen und Amtsstuben immer jämmerlicher werden? Nur höherer Beistand! Wobei das ehemalige Schwäbisch Nazareth ja wohl schon aufgrund der vielen Kirchtürme einen guten Draht nach oben haben müsste. Da wird man doch versuchen können, im Widerspruch zu Schiller, doch mit des Geschickes Mächten
einen ew’gen Bund zu flechten.
Bei einem der nächtlichen Streifzüge, die man als Beobachter dieser Stadt hin und wieder vornimmt, wurde ich im Halbdunkel fast von einem dynamisch aussehenden Anzugträger über den Haufen gefahren, der sich auf einem Elektroroller in halsbrecherischer Fahrt zwischen den PS– und muskelbepackten Autoposern am Unteren Marktplatz durchschlängelte. Wobei er ihnen noch ein grimmiges „Bald ist das hier Fußgängerzone“ zurief.
Beim anschließenden kühnen und gekonnten Ausweichmanöver flatterten aus der halb geöffneten Tasche des Rollerakrobaten von ihm unbemerkt zwei Schriftstücke. Deren Inhalt wirft ein neues Licht auf die Haushaltspolitik der Stadt. Hier im Wortlaut:
Liebes Christkind,
„I kennt grad auf dr Sau zom Flecka naus. Und damit meine ich kein Sparschwein, weil das wird in Gmünd zwar nachlässig gefüttert, aber gern geschlachtet. Und jetzt sollen wir die Spendierhosen mit den noch größeren Taschen anziehen. Der OB verspricht all Nas’ lang neue Feuerwehrhäuser, dazu will er eine Jubiläums-Gartenschau. Sämtliche Vereine erinnern sich daran, dass sie schon lang mal dran sind, und so knapp vor den Wahlen fällt auch den Gemeinderäten und auch –rätinnen ein, wohin überall Wohltaten fließen sollen. Der Schwimmverein will sogar ein 50-Meter-Becken. Angeblich lernen Kinder nur richtig schwimmen, wenn das Becken 50 statt 25 Meter lang ist. Also zumindest hab ich das so verstanden. Also dachte ich, ich schicke deren Wunschzettel einfach weiter, weil vielleicht lässt sich ja da was machen.
Mit den allerheiligsten Grüßen
ein verzweifeltes Finanzbürgermeisterlein
Liebes Finanzbürgermeisterlein,
das ist ja wie im Supermarkt, wo die Schoko-Nikoläuse auch schon im September auftauchen. Jetzt also Wunschzettel im August, obwohl Männer eigentlich doch erst am 23. Dezember mitkriegen, das schon wieder überraschend Weihnachten ist. Aber die Gmünder waren ja schon immer ganzjährig weihnachtlich gestimmt und ich sehe, sie sind weiter traditionsbewusst. Weil, als sie zu Württemberg kamen, stellten die aus Stuttgart anrückenden Beamten fest, dass die städtische Sparsau bereits ververspert war oder mit dem letzten Einhorn durchgebrannt. Kurz: Alles weg, da hat nicht mal der Hl. Antonius von Padua, vulgo als Schlamper-Tone bekannt, noch was finden helfen können.
Aber ich helfe gern. Leider musste ich im Rahmen unserer himmlischen Realitätsoffensive die Wünsche etwas anpassen. Anbei also ein Selbstbau-Garten-Pool, eine kleine Sammlung Zimmerpflanzen und für die Feuerwehr einen Haufen guter Wünsche. Wir stellen weiterhin unseren Florian als Schutzpatron ab. Als Dreingabe gibt es sogar ein Schwimmtier, aufzublasen mit heißer Luft, wahlweise ein Einhorn oder ein Sparschwein.
Oh, Tu Felix Gamundia
Christkind. (Karl Kater)