In Gschwend fand am Samstag der dritte Lauf zur Deutschen Meisterschaft im Geländewagen-​Trial statt

Sport

Rems-Zeitung

In acht verschiedenen Klassen ermittelten die Trailfahrer am Samstag in Gschwend mit ihren Geländefahrzeugen die Sieger beim dritten Lauf zur Deutschen Meisterschaft. Von Sandra Fuhrmann

Montag, 14. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
303 Sekunden Lesedauer

GSCHWEND. Es staubt kräftig auf dem Gelände des Quarzsandwerks Lang in Gschwend. Ringsum ist das Brummen von Motoren zu hören und hin und wieder auch ein Aufheulen. Schaut man in eine der tiefen, weiten Mulden des Sandwerks, in der sich sogar ein kleiner See angestaut hat, sieht man, wie sich zum Teil außergewöhnliche Geländefahrzeuge mitunter fast senkrechte Hänge hinauf quälen. Plötzlich kippt eines der Gefährte zur Seite. Au weia! Könnte man jetzt denken. Bei der Deutschen Meisterschaft im Geländewagen-​Trial jedoch ist ein solcher Fall nicht unbedingt die Ausnahme. Und schon klettert der Fahrer munter aus seinem umgekippten Wagen heraus, setzt sich auf die Kannte des Dachs und winkt fröhlich zu den jubelnden Zuschauern hinauf. „Hu, hu! Hallo!“ ruft er, der eben noch in der Horizontalen in seinen Fahrersitz geschnallt war, ausgelassen. Die meisten Zuschauer lachen nur.
„Man muss schon ein bisschen verrückt sein. Ohne geht es nicht.“, erklärt Peter Ertel, der, zusammen mit seiner kleinen Tochter, seinem Suzuki SJ413 und einem alten Wohnmobil, extra aus Mainz angereist ist, um beim dritten Lauf zur Deutschen Meistershaft in Gschwend dabei sein zu können. In acht Klassen treten die Teilnehmer an, und versuchen mit einem möglichst fehlerfreien Durchlauf auf dem trickreichen Gelände, den bestmöglichen Platz in ihrer Gruppe zu erreichen. Die Klassen richten sich hauptsächlich nach den Fahrzeugen, bzw. wie stark diese verändert wurden. Es gibt die Klassen Fun-​Cup, Junior-​Cup, O (Originalfahrzeug), S (Standard), M (Modified), PM (Pro-​Modified) und P (Prototypen). Peter Ertel ist mit seinem Suzuki in der Klasse Standard angetreten. Er hat lediglich das Fahrwerk seines Autos höher gesetzt, andere Reifen aufgezogen, eine Hinterachsensperre eingebaut und außerdem die Scheiben heraus genommen. „Die würden ohnehin nur kaputt gehen“, meint er.
Von morgens um 9 Uhr bis zum Nachmittag hat sein Lauf über das Gelände gedauert. Als Unterbrechung gab es nur eine kurze Mittagspause. Peter Ertel fährt bereits seit 14 Jahren, und in Gschwend ist er an diesem Samstag nun zum dritten Mal. „Das Gelände hier gibt irre viel her“, sagt er „Man hat alle Geländeformen mit dabei. Wasser, Stein, Sand und Morast.“ Er findet es schade, dass es immer weniger Orte gäbe, an denen man die Wettbewerbe austragen könne. Oft sei die Sorge der Grundstücksbesitzer eben, dass die Wagen doch eine relativ große Verwüstung auf dem Gelände anrichten. „Alle Achtung“, meint er deshalb zu Rüdiger Lang, dem Chef des Quarzsandwerks. Am Samstag hatte das Werk sogar extra für die Meisterschaft seinen Betrieb eingestellt.
Das Faszinierende an dem Sport, findet Peter Ertel, sei vor allem die Erkenntnis, welche Schwierigkeiten ein so kleines Gefährt meistern könne. Auch stelle es eine enorme Herausforderung an den Fahrer dar, das Auto so zu bewegen, dass es nicht umkippt. Der erfahrene Geländewagenfahrer ist sogar der Meinung, dass sich der Sport auch für Fahranfänger besonders gut eigne, da sie so auf jeden Fall lernen könnten, die Abmessungen ihres Autos richtig einzuschätzen. Vielleicht wird ja seine kleine Tochter in mehreren Jahren genau das machen. Sie ist nämlich schon jetzt ein großer Fan ihres Vaters und für die DGM hat sie sogar extra ihre Kindergartenabschlussfeier sausen lassen, um mit ihrem Vater die 200 Kilometer bis nach Gschwend zu kommen und ihn anfeuern zu können.
Die einzige Möglichkeit, zu trainieren, gibt es für die Fahrer im Grunde bei den Läufen selbst. Denn wo findet man schon ein Gelände mit steilen Sandhängen, riesigen Felsbrocken und dazwischen immer wieder Wasserlöchern? Zwei Wochen wurden die einzelnen Sektionen in dem abgesperrten Areal von den Mitgliedern und Freunden des Offroad-​Clubs Night Hunter aus Spraitbach vorbereitet, berichtet Andreas Riedmüller, der Schriftführer des Vereins. Insgesamt 14 Strecken gibt es für die Deutsche Meisterschaft im Geländewagen-​Trial. Beim großen Finale, das im letzten Jahr in Gschwend stattfand, hatten sich 3000 Besucher auf dem Gelände eingefunden. Im Vergleich dazu waren es in diesem Jahr nur etwa halb so viele. Das könnte unter Umständen auch daran gelegen haben, dass das Trial dieses Mal nicht an einem Feiertag, sondern nur an einem ganz gewöhnlichen Samstag stattfand. Abgesehen davon, dass es eben nicht das Finale war.
113 Starter gab es in diesem Jahr, die ihre Fähigkeiten im Umgang mit ihren Fahrzeugen messen wollten. Andreas Riedmüller bedauert, dass die Tendenz über die Jahre hinweg deutlich zurückgeht, und es immer weniger Teilnehmer wie auch Zuschauer zu geben scheint. Schade auch deshalb, weil es die Zuschauer sind, die die Fahrer durch ihren Applaus und ihre bloße Anwesenheit erst richtig anspornen. Mit vielen Besuchern ist es zudem auch einfacher Sponsoren zu finden.
Die Fahrer selbst kommen aus ganz Deutschland und haben teilweise einen Anreiseweg von 500 bis 600 Kilometern hinter sich. Sie alle betreiben den Sport lediglich als Hobby. Starten darf man im Juniorcup schon ab 15 Jahren. Allerdings muss dann ein Erwachsener mit Führerschein als Beifahrer mit im Auto sitzen. Viel passieren kann eigentlich nicht, meint Andreas Riedmüller, der auch selbst aktiver Fahrer ist. Bevor die Wagen starten dürfen, müssen sie nämlich zuerst eine technische Abnahme durchlaufen, in der getestet wird, ob die Autos auch der Regel entsprechen und damit sicher genug sind. Das Schlimmste, was der Schriftführer je gesehen hat, war deshalb auch lediglich ein Schlüsselbeinbruch. Überschläge und Achsbrüche bei den Autos gehören derweil zum üblichen Programm. Dennoch – Vorsicht geht über Nachsicht. Und somit waren für den schlimmsten Fall auch die Feuerwehr und das Rote Kreuz vor Ort, um gegebenenfalls rechtzeitig eingreifen zu können.
Das Highlight zum Anschauen für die Zuschauer war die Prototypen-​Sektion. Da gab es die interessantesten Fahrzeuge zu sehen. Manch eines glich vielleicht schon mehr einem Panzer oder aber einem merkwürdigen, überdimensionalen Insekt, als einem regulären Geländewagen. „Die Gefährte können ganz andere Linien fahren“, erklärt Andres Riedmüller. Für die Kenner sind dann Dinge, wie zum Beispiel lenkbare Hinterachsen, ein echter Leckerbissen. Die Reihenfolge der Starter wurde per Losverfahren bestimmt.
Bis zum Ende des Laufs um 17 Uhr gaben die Fahrer jedenfalls das Beste, um ihre Wagen über Steine zu hieven, sich Hänge hinauf zu quälen und anschließend manchmal wieder eher hinunter zu rutschen, als zu fahren.
Nach der Siegerehrung am Abend folgte eine After-​Race-​Party. Bis dahin hatten auch die 22 Vereinsmitglieder und etwa 120 zusätzlichen Helfer alle Hände voll zu tun, um auf dem Trial-​Gelände, wie auch im Bereich des Festzeltes, dafür zu sorgen, dass alles glatt läuft.
Bei den Fahrern werden sich die ersten vier pro Klasse am Ende der DGM übrigens für die Europameisterschaft qualifizieren. Der Kern der Starter bleibt über die Jahre meist der selbe. „Es ist eine Randsportart“, meint Andreas Riedmüller „Und man kennt jeden persönlich.“
Das Gelände des Quarzsandwerks verändert sich dabei von Jahr zu Jahr und nichts bleibt gleich. Das macht das Ganze besonders spannend. Aber auch die Zuschauer haben beim bloßen Zusehen ihren Spaß und können aus sicherem Abstand genießen. Das heißt aber nicht, dass man nicht auch selbst ein wenig seinen Senf dazu geben kann. „Er muss mehr Gas geben, sonst kommt er da nie hoch.“ „Das Rad ist an dem Felsen verkeilt. So wird das nichts.“ Und: „Wenn die nicht aufpassen, purzeln sie halt runter.“ Solche „fachmännischen“ Kommentare gab es außerhalb der Absperrungen zur Genüge. Es ist halt wie in anderen Sportarten: „Trainer“ gibt es sehr viele …