Heimat: Wo das Windrad sich dreht und der Solarpark steht
Es war ein Tag ohne EKM-Konzert, doch ganz ohne Musik musste das Publikum beim Literarischen Kreis 99 am Montag im Prediger-Refektorium nicht auskommen, wie Kulturbüroleiter Ralph Häcker zunächst vermutete.
Dienstag, 17. Juli 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 55 Sekunden Lesedauer
Den Anfang der Lesung machte immer schön dem Alphabet nach Heidrun Flügel. Diese beschrieb in ihren Gedichten, wo für sie „Heimat ist“, und dass sie diese an der Farbe Grün erkenne, wie im Gedicht „Ich liebe alle Farben“ beschrieben. Es war hier viel von Wärme und Geborgenheit herauszuhören. In ihren Werken war aber auch Heimatlosigkeit und Entfremdung ein Thema. Am beeindruckendsten war die Geschichte von Mona, die in ihrer Kindheit nie lange an einem Ort blieb und deshalb auch nicht sagen kann,was Heimat eigentlich ist.
Dies sprach einen weiteren Aspekt der Lesung an, da viele der Autoren ihr Heimatgefühl auch in der Kindheit verankert sahen. Dies wurde vor allem bei Hansjürgen Meier deutlich, der in seinem autobiografischen Text „Oh mein Heimatland“ viel vom Berlin seiner Kindheit erzählte, aber auch von seinem Lebensweg, bis er in der Fremde wieder Heimat fand.. Er stiftete der Lesung hiermit auch den Titel, so Rosemarie Mahr. Vor diesen beiden las noch Eckart Häußler, der in „Wo ist meine Heimat“ ebenfalls sehr autobiografisch gearbeitet hatte und zudem Reiseerlebnisse in Worte fasste. Hier verstand er, Fremde und Heimat gekonnt zu verknüpfen.
Auch Rosemarie Mahr trug einen Reisebericht vor. In ihren Gedichten spannte sie einen Bogen von alter vergangener und neu gefundener Heimat.
Edith Müller drehte den Spieß herum und berichtete in ihrem Prosatext von den Gärten der Kindheit und ließ sich in ihren Gedichten von Reiseerlebnissen inspirieren. Franz Sickert ging das Thema nicht nur witzig an, sondern gab auch zu bedenken, dass bei aller Verherrlichung von Heimat diese trotzdem nicht das Paradies sei. Man konnte in seinen auf schwäbisch vorgetragenen Gedichten aber doch erkennen, dass er „sei Gmend doch mog“, auch wenn er immer wieder leise Kritik an laufenden Veränderungen einfließen ließ.
Zum Schluss wurde es mit Mariam Wamsler noch einmal tiefsinnig. Sie sprach in ihren Texten davon, dass Heimat erlernbar sei und kein Ort sein muss, sondern auch die Verortung an der Schulter eines geliebten Menschen sein kann. Dies lässt sich gut nachfühlen, wenn man diese Liebe selbst und mit ihr auch eine neue Heimat gefunden hat.
Der literarische Kreis ‘99 bot mit seinen Werken wieder jede Menge Stoff zum Nachdenken und zeigte aufs Neue, wie groß das Repertoire seiner Autoren ist, hatten diese doch erst knapp drei Wochen zuvor eine Lesung gehalten.
Hinweis: Dieser Artikel wurde vor 4322 Tagen veröffentlicht.