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Nachrichten Kultur

Das Volk der Schwarzmaler

Lachen ohne Schadenfreude, ohne Reue und nachhaltiger, das versprach Uli Masuth seinem Publikum. Dabei konnte das Lachen ob der Themen schon mal im Halse stecken bleiben, denn seine Schlussfolgerungen sind manchmal doch recht makaber.

Dienstag, 25. November 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
2 Minuten 1 Sekunden Lesedauer

KABARETT (wil). In der Heubacher Silberwarenfabrik machte die VHS-​Kabarettreihe am Freitag mit Uli Masuths neuem Programm „Und jetzt die gute Nachricht“ Station. Der Mann am Klavier ist der Feinfühlige unter den Kabarettisten, bewusst grenzt er sich von seinen Kollegen ab und will „die gute Nachricht“ unter die Menschen bringen. Dazu streift er durch Politik und Wirtschaft, hat sich durch Zahlenberge gearbeitet und immer das Überraschende herausgezogen.
Den Krisen in dieser Welt geht er auf den Grund und denkt sie weiter, so wie es einem Kabarettisten gefallen würde. Da wäre es schon möglich, dass Wladimir Putin eines Tages auch die DDR zurückhaben wollte. Und wenn er richtig besinnlich wird, hilft ihm sein Klavier, das Gewicht der Worte zu tragen. Manchmal geraten seine Denkanstöße bei all ihrer Aktualität fast zur Weihnachtsansprache, dabei schildert er nur den alltäglichen Wahnsinn, indem er die Hintergründe beleuchtet und Zusammenhänge herstellt.
Warum braucht der Deutsche gute Nachrichten? Zunächst beginnt Masuth mit der Beschreibung dieses Volkstyps. Die heruntergezogenen Mundwinkel sind für ihn „das deutsche Lächeln“, schwarz als typisches Outfit und verschränkte Arme runden das Bild ab. Die Deutschen sind ein Volk von Schwarzmalern, Miesepetern und Katastrophenjunkies, aber hier hat er schon die erste gute Nachricht: Die Lebensmittelskandale werden uns nicht ausgehen. Wir könnten sogar mehr davon haben, wenn nur besser kontrolliert würde.
Trotz aller Spannungen in der Welt schließt er einen dritten Weltkrieg aus, denn ohne Deutsche ist er nicht möglich und das Kriegsgerät der Bundeswehr nicht einsatzfähig. Ob eine Nachricht gut oder schlecht ist, kommt eben auf die Betrachtungs– und Interpretationsweise an.
Die Nationalhymne in Moll gespielt passt doch viel besser zum deutschen Wesen und das Lachen im Publikum wertet er als Zustimmung zu seiner These. Breiten Raum in seinem Programm nimmt das Geld ein, denn „das Problem bei den Finanzen ist immer das Geld“. Ob Steuerhinterziehung und der Umgang damit — Masuth hat hier eine breite Palette von Zitaten zu Uli Hoeneß – oder die jüngsten Enthüllungen über die Steueroase Luxemburg, Masuth hat genau recherchiert. Würden die Steuern in Höhe von einer Billion Euro, die jährlich in der EU hinterzogen oder trickreich vermieden werden, bezahlt, so hätten wir keine Finanzkrise und die Südländer keine erdrückenden Schulden.
Aber die Jobkrise im Süden passt gut zu unserem Fachkräftemangel. So hat er sich schon mal selbst auf dem „Arbeitsmarkt“ in Rumänien umgesehen. Denn die Zwanzigjährige, die heute an der Straße steht, ist die Altenpflegerin von morgen. Für Masuth ist eben alles nur eine Frage der Perspektive!
Wie auch bei den Beschäftigten im Einzelhandel, für deren Lohnaufstockung wir über eine Milliarde Steuergelder zuschießen. Aber so lange uns die Skandale nicht ausgehen, sondern nur die Superlative dazu, so lange wird auch Uli Masuth gute Nachrichten finden — er muss nur die schlechten umdrehen.

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