Schattentheater-​Festival: „Platero und ich“ — die erzählte Kindheit von Juan Ramon Jimenez

Kultur

Rems-Zeitung

Fast kindlich-​naiv liest sich Jimenez berühmte Prosadichtung über „Platero und ich“, die Kindheit und Verwurzelung des Nobelpreisträgers in seiner andalusischen Heimat.

Montag, 19. Oktober 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
96 Sekunden Lesedauer

THEATER (wil). Die mit sanfter Sprache entworfenen kraftvollen Bilder hat die italienische Compagnia teatrale L’ Asina sull’ Isola aufgegriffen und in ein liebevolles Schattenspiel übertragen.
Der Franziskaner-​Festsaal war am Freitag zweimal Schauplatz für Katarina Janoskova und Paolo Valli mit ihrem Spiel von Farben und Schatten, ihrem Spiel von Freundschaft und Tod. Etwas aufgepeppt mit einer Außenhandlung beginnen sie das Spiel im Streit, machen sich für die kleinen Zuschauer interessant. Leider verfolgen sie diesen Handlungsstrang nicht genügend weiter — den Kindern wäre es entgegengekommen. Doch im Mittelpunkt steht das Stück von Jimenez, wenn zunächst auch nur als Probe angekündigt. Das erste der 138 Kapitel wird vorgelesen und stellt Platero vor, von dem man meinen könne, er sei aus Watte, der Mandarinen mag und empfindsam ist wie ein kleines Kind, wie ein kleines Mädchen.
Mit zwei Stabfiguren kommen die Puppenspieler aus, zwei unterschiedlich große Eselfiguren verfolgen seinen Lebensweg. Es sind keine großen Ereignisse, die hier geschehen, es ist die Dorfidylle eines verschlafenen andalusischen Dorfes am Beginn des letzten Jahrhunderts. Das Spiel der Kinder beherrscht die Dorfszene, Spielzeug aus einfachsten Mitteln unterstützt die Pantomime der beiden Akteure. Es ist der Stier, der kraftvoll Angst verbreitet und ein bewegter Stierkampf vor und hinter der Leinwand. Es ist die große Stadt, von der Paolo Valli erzählt und die er aus dem Buch hervortreten lässt, deren Schatten die ganze bunte Leinwand verdunkelt. Und schließlich bewegend der Tod des Esels, der als Schatten diese vorgegebene Welt verlässt, wächst und sich über die gewölbte Decke des Festsaals ausbreitet als würde er den Himmel erobern.
Klassische Gitarrenmusik — manchmal leider den gesprochenen Text überdeckend — begleitet das Stück und schafft die südländische Atmosphäre, die permanente Siesta-​Stimmung, die Sehnsucht nach dem unterminierten Tageslauf.
Die beiden Spieler sind selbst von der Poesie Jimenez verzaubert und versuchen, in ihrem Spiel dieses Gefühl weiterzugeben. So sind es die Farben, mit denen sie die vielen schlichten Worte ersetzen, die das Geschehen und das Leben bunt machen, ausschmücken. Pantomimische Einlagen bringen Abwechslung in die Spielgestaltung, Lesepassagen aus dem Originaltext erleichtern es, der Handlung zu folgen. Kurzweilig und entspannend, dabei aber kraftvoll und fesselnd ist ihr Spiel, ihre gelungene Umsetzung eines starken Textes in die Kunst der schwebenden Schatten.