Der Durst ist eine Stimme der Natur — mit Hymnen auf Essen und Trinken überzeugte das Stuttgarter Dein Theater in Lorch

Kultur

Rems-Zeitung

Mit literarisch-​musikalischen Kost– und Weinproben bescherte „Dein Theater“ beim Theaterabend des „Runden Kultur Tisches Lorch“ im Saal des Café Muckensee in Lorch den Besuchern einen humorvoll beschwingten Abend.

Dienstag, 16. November 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
114 Sekunden Lesedauer

THEATER (jur). Erstaunlich, wie vielfältig sich namhafte Autoren und der Volksmund zum Thema Essen und Trinken poetisch geäußert haben. Noch erstaunlicher war die schauspielerische Präsentation. Im ersten Teil präsentierte das Trio in Hausarbeitskleidung mit Kittelschürzen und Kopftüchern ein „Liebesmahl“ aus Gedichten und Liedern mit Gitarrenbegleitung von Hans Sachs bis Herbert Grönemeyer. Eine gesungene Speisekarte klang wie eine Operette und passte perfekt ins Ambiente des Lokals. Zum Schmunzeln und herzhaft Lachen regten auch die heiteren Mundartgedichte in sächsisch, schwäbisch, pfälzerisch und bayrisch an, wie das Gärtner-​Gedicht vom Tomatenwunder und der Übergang zum Kloß: nicht alles was ist rund geformt, ist auf die Form des Kloß genormt – und dann Singen mit Kloß im Mund…
Und was kann mr doch für guate Sacha aus so ma Säule macha – daran schloss sich ein bayerisches Liebeslied an die Schweinsköpf, sogar ein Jodler klang besonders gut mit einer geschulten Opernstimme. Da passte auch das Salzburger Nockerln-​Lied rein wie auch „Der gute Braten“ von Wilhelm Busch oder das „Schlaraffenland“ nach Hans Sachs.
Beim Lied „Männer“ reizte der trockene Kommentar zu jedem Satz die Lachmuskeln und zum Schluss noch einen Schlag Sahne von Udo Jürgens. Im zweiten Teil des Abends, bei dem in der Pause auch Getränke serviert wurden, stimmte eine Schauspielerin das Publikum zu den Beiträgen mit Erklärungen aus dem Brockhaus aus dem Jahre 1833 zum Thema Durst und Trinken ein – das war ernst gemeint, aber Comedy pur. Mit Kaftan und Fes sang das Damenquartett mit Anne Buschatz, Gesine Keller, Martina Schott und Ella Werner die Arie „Vivat Bacchus“ aus Mozarts Entführung aus dem Serail, stimmlich beeindruckend und satirisch dargestellt. Die Frauen verwandelten sich mit kleinen Requisiten und verschiedenen Kopfbedeckungen in ganz unterschiedliche Personen ihrer Lieder und Gedichte, mal untermalt vom Klang des Gläserreibens, mal zur Gitarre. Berühmte Opern– und Operettenmelodien klangen an. Im tiefen Keller sitz ich hier, die Barcarole aus Hoffmanns Erzählungen von Jacques Offenbach, Papageno aus der Zauberflöte, oder der Ungarische Tanz als Gesang und „Es lebe der Wein“ von Joseph Haydn.
Auch wie Bertolt Brecht sich Gedanken machte, „Wenn sie trinkt“ wurde ein Thema und das „Schicksal eines Korken“ demonstriert. Der Volksmund hatte eben auch seine Wahrheiten: „O Alkohol, dass du mein Feind bist, weiß ich wohl, doch schon in der Bibel wird geschrieben, du sollst auch deine Feinde lieben…“ Und dann ein fulminanter Schluss mit Verdis „La Traviata“, überzeugend gesungen, da war dem begeisterten Publikum klar: „in vino veritas“. Die Zugabe mit dem „Chiantiwein“ ließ eine heitere Stimmung zurück und Begeisterung darüber, wie das Ensemble mit bekannten Gedichten und Gesangsstücken seine kabarettistisch-​kreative Präsenz zeigte.