Die Projektgruppe New Limes präsentiert das Theaterstück „Hilfe, die Herdmanns kommen“, zu sehen in der Theaterwerkstatt

Kultur

Rems-Zeitung

Die Schulvorstellungen sind ausverkauft, die Premiere heute Abend ebenso und auch für die anderen Abendvorstellungen gibt es nicht mehr allzu viele Karten. Viele wollen dabei sein, wenn in den kommenden Tagen in der Theaterwerkstatt „Hilfe, die Herdmanns kommen“ gezeigt wird.Von Nicole Beuther

Freitag, 10. Dezember 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
197 Sekunden Lesedauer

THEATER. Dabei ist es nicht allein die Geschichte, die das Interesse weckt, sondern vor allem die Schauspieler, darunter Jugendliche aus der neuen BVB-​Maßnahme, die in Kooperation mit dem Berufsausbildungswerk (BAW) in Schwäbisch Gmünd stattfindet. Heute Abend findet die Premiere des „krassesten Krippenspiels aller Zeiten“ statt.
So wie bei den Herdmanns an Heilig Abend alles aus dem Ruder zu laufen droht, so war es auch bei einigen von ihnen. Schlechter Hauptschulabschluss, kein Ausbildungsplatz in Sicht, keine Perspektive - die Voraussetzungen, um eines Tages ein ganz normales Leben zu führen, waren nicht die besten.
Es ist keine leichte Aufgabe, die die Mitarbeiter des BAW zu bewältigen haben. Derzeit werden in der Zweigeinrichtung des Berufbildungswerkes Waiblingen über 250 junge Menschen in verschiedenen Berufsausbildungen, Umschulungen und Qualifizierungsmaßnahmen sowie Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahmen gefördert. „Es gibt viele Baustellen“, so Antje Schulz, Bildungsbegleiterin beim Berufsausbildungswerk Gmünd. Viele der Jugendlichen würden es ohne Hilfe nicht schaffen. Für viele, so Schulz, sei schon ein Vorstellungsgespräch eine Hürde. Ziel sei es, Betriebe zu finden, die ihnen eine Chance geben.
Etwas, worüber sich auch Hans-​Joachim Gulde, Vorsitzender bei der Agentur für Arbeit in Aalen, Gedanken machte und eine Idee entwickelte, die zu dem Theaterprojekt führte. Dieses soll helfen, die Bildungs– und Vermittlungschancen junger Menschen in Schwäbisch Gmünd zu steigern. Keine leichte Aufgabe, auch wenn der Projektname „Spielend zum Beruf“ vielleicht diesen Eindruck erwecken mag.
Um die Aufgabe zu bewältigen, hat sich Gulde neben dem Berufsausbildungswerk auch mit der Projektgruppe New Limes in Verbindung gesetzt. Bereits seit 2003 führt der gemeinnützige Verein in Zusammenarbeit mit der abo (Arbeitsgemeinschaft für Beschäftigungsförderung im Ostalbkreis) Kulturprojekte für arbeitslose Teilnehmer durch. Das Ziel ist dasselbe wie beim Berufsausbildungswerk: Jungen Erwachsenen eine Ausbildungs– bzw. Arbeitsstelle zu vermitteln.
Die langjährige und erfolgreiche Arbeit beider Träger und der Gedanke von Hans-​Joachim Gulde führten nun dazu, dass 21 Jugendliche seit Mitte September an der Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme und dem Projekt „Spielend zum Beruf“ teilnehmen. Eineinhalb Tage in der Woche geht es in die Berufsschule, dann in die Werkstatt und für einen Tag geht es in die Theaterwerkstatt, wo Stimm– und Bewegungsunterricht stattfindet. Zusammen mit dem Musiker Uli Krug aus Mannheim wird musikpädagogisch gearbeitet. Auch hier könnten die Jugendlichen lernen, Respekt in der Kommunikation und im gemeinsamen Miteinander zu erlernen, erklärt Krug. Bei der Musik sei es wichtig, dass man sich zuhört, darauf achtet was der Kollege am Schlagzeug spielt und was der Kollege an der Gitarre macht. Eingearbeitet in das Theaterstück wird auch ein türkisches Lied, das die Jugendlichen mit Migrationshintergrund vorgeschlagen haben. Und dieses Lied wird von allen gemeinsam gesungen. Genauso wie das Lied „Stille Nacht, Heilige Nacht“ von Deutschen und Migranten gemeinsam gesungen wird. Und auch beim Krippenspiel wurde alle Schauspieler, gleich welcher Herkunft, mit ins Boot geholt. „Es ist schön, dass man mit der Produktion Grenzen überschreitet“, so Gerburg Maria Müller (Künstlerische Gesamtleitung bei New Limes), die auch klarstellt: „Es ist kein Sozialtheater. Es ist eine professionelle Produktion.“
„Wir müssen neue Wege gehen“, so der Vorsitzende der Agentur für Arbeit. „Es ist eine glückliche Fügung, dass wir das BAW mit dem Know-​How haben und Gerburg Maria Müller mit ihrer Erfahrung.“ Durch die Theaterproduktion soll das Selbstbewusstsein gestärkt und die Selbst– und Außenwahrnehmung gefördert werden. Gulde erhofft sich einen Motivationsschub, „der auch die Ressourcen öffnet“. Das alles ist es, was letztlich dazu führen soll, den jungen Menschen einen Ausbildungsplatz zu vermitteln. Wichtig ist es den Machern auch, die Teamfähigkeit zu stärken. „Die Jugendlichen erleben hier, dass etwas nur gelingt, wenn ganz viele zusammenarbeiten“, so Patrick Mueller, Projektleitung New Limes. „Wenn eine Szene läuft und einer Quatsch macht, dann muss sie wiederholt werden.“ Gerburg Maria Müller war es wichtig, auch Profischauspieler mit ins Boot zu holen. Darunter sind auch zwei, die momentan arbeitslos sind. Müller ist es ein Anliegen, Menschen zusammenzubringen, „die dasselbe Problem haben, aber auf einem ganz anderen Standpunkt stehen“. Auch Michael Schaumann, Leiter der Zentralstelle Kultur der Stadt Schwäbisch Gmünd, freut sich über dieses neue Projekt. Mit diesem lasse sich das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden. Man wolle den Jugendlichen ein Werkzeug in die Hand geben, so dass, sollte etwas passieren, das Leben nicht gleich wieder zusammenbricht, so Sozialpädagoge Manuel Lorenz, ebenfalls am Projekt beteiligt.
Warum bei den Herdmanns an Heilig Abend alles aus dem Ruder zu laufen droht, erfahren die Zuschauer an folgenden Terminen: 11. Dezember, 19 Uhr (ausverkauft); 18./25. Dezember, 19 Uhr; 12./19./26. Dezember, 17 Uhr.

Die Theaterwerkstatt im Spital befindet sich in der Ledergasse 2. Karten gibt es beim i-​Punkt Schwäbisch Gmünd, Telefon: 0 71 71/​6 03 – 42 50.