Zum Schluss des Jubiläumsjahres: Der Liederkranz Bettringen führte J. S. Bachs „Weihnachtsoratorium“ auf

Kultur

Rems-Zeitung

Kein anderes Werk gehört so sehr zu Weihnachten, wie das Weihnachtsoratorium von Johann Sebastian Bach. Und natürlich ist diese Musik zum zweiten Advent ein Muss.Von Christine Lakner

Dienstag, 07. Dezember 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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KONZERT. Wenn dann noch Markus Wamsler den Liederkranz Bettringen und das Kammerorchester Russ mit Solisten dirigiert, ist die Vorfreude groß. Die Cyriakus-​Kirche in Bettringen war am Samstag bis auf den letzten Platz besetzt. Zum 140-​Jahr-​Jubiläum des Chores wurden die Kantaten eins, zwei, drei und sechs des Weihnachtsoratoriums aufgeführt.
Dirigent Markus Wamsler zielte dabei auf eine genaue, aber lebendige musikalische Umsetzung der Bibeltexte der Evangelisten Lukas und Matthäus, die von der Geburt Jesu über die Geschichte von den Weisen aus dem Morgenland bis hin zu Herodes erzählen.
Und schon mit dem ersten Choral „Jauchzet, frohlocket“ wurde dieses Konzept verwirklicht. Der Liederkranz Bettringen überzeugte hier durch seine klare Artikulation, sprachliche Ausdruckskraft und sorgfältige Phrasierung, unterstützt von einem federnd abgestuft spielendem Orchester samt mächtig, aber weich auftrumpfender Pauke. Die ersten drei Töne des Eingangchorals als drei mächtige Paukenschläge, von denen der gesamte Charakter der Darbietung ausging. Dann stiegen die Flöten mit ihrem warmen weichen Klang ein, nach und nach entwickelte sich immer mehr Klangfülle, und die Spannung wich erst beim kraftvollen Choreinsatz.
Auch in den fortlaufenden Chorälen ließ Dirigent Markus Wamsler die bemerkenswert starken und archaischen Texte ungemein gemessen, dabei aber zugleich ganz nach innen gewandt und höchst intensiv singen. Der Liederkranz Bettringen legte hinreichend stimmliche Ausgewogenheit an den Tag, damit die Melodien im Innersten berühren konnten. Allerdings schienen die Sängerinnen und Sänger mit den straffen Tempi in zwei Stücken, besonders in den Koloraturen, etwas überfordert zu sein.
Tiefgründige Unterstützung leistete durchgehend das feinnervig agierende Kammerorchester Russ, dessen Spiel zuweilen ein großes facettenreiches Ganzes bildete – wenn nicht gerade empfindsames solistisches Tun gefragt war, etwa als die Konzertmeisterin allein die Alt-​Gesangsarie „Schließe, mein Herze, dies selige Wunder“ begleitete. Leider mangelte es hier ein wenig an innerer Gespanntheit der klanglichen Bewegung, da die erste Geigerin diese Arie fast ohne Punkt und Komma auf einen einzigen Legato-​Bogen nahm.
Die Streicher erwiesen sich aber besonders in den Rezitativen als aufmerksame und flexible Begleiter. In der Alt-​Arie „Schlafe, mein Liebster, genieße der Ruh“, der zweiten Kantate oder der Sopran-​Arie „Nur ein Wink von seinen Händen“ in der sechsten Kantate gelang ihnen mit schlankem, tragfähigem Klang und lockerer Phrasierung eine tolle Leistung im Zusammenspiel mit den Solistinnen Uta Oellig (Sopran) und Annette Kutja (Alt).
Dirigent Markus Wamsler konnte den großen musikalischen Bogen, der letztlich die dramatische Spannung dieser Kantaten ausmacht auch in technisch anspruchsvollen Passagen erhalten. Die Solisten hatte Markus Wamsler stilsicher ausgesucht. Als Evangelist trat Bernhard Scheffel auf, der mit seiner lichten Tenorstimme den Rezitativen besondere Innigkeit verlieh und sowohl höhen– als auch koloratursicher war. Manfred Bittner, ein sehr guter, ebenso kraftvoller wie weicher Bass, der auch im Duett mit der schön und klar artikulierenden Uta Oellig die mit eindringlicher Gestaltungskraft sang, überzeugte. Annette Kutja machte mit ihrem wie schwebend dem Orchester eingebundenen Alt wahrlich nicht den Eindruck einer Ersatz-​Solistin. (Sie vertrat die verhinderten Altistinnen Renée Morloc und Simone Häcker-​Brune). Im Gegenteil. Alle Solisten überzeugten mit warmem, schönen Timbre und einer beeindruckenden Interpretation ihrer Arien und Rezitative.
Bemerkenswert war das ausgewogene Verhältnis der einzelnen Stimmgruppen zueinander und auch das Zusammenspiel zwischen Chor und Solisten wodurch ein homogener Gesamtklang entstand.
Unter dem Strich also ein hervorragendes Konzert, das Markus Wamsler, der Liederkranz Bettringen und das Kammerorchester Russ am Ende der sechsten Kantate mit einem glanzvollen, differenziert musizierten „Nun seid ihr wohl gerochen“ beendeten. Minutenlanger Applaus war der Dank der Besucher für diesen vorweihnachtlichen Musikgenuss in besonderer Atmosphäre.