Stuttgarter John Cranko Ballettschule entzückt die zahlreichen Zuschauer im Congress Centrum Stadtgarten

Kultur

Rems-Zeitung

Einen Ballettabend der besonderen Art konnten die Gmünderinnen und Gmünder am Mittwochabend im Stadtgarten erleben. Die jungen talentierten Nachwuchstänzer der namhaften Stuttgarter John Cranko Ballettschule entpackten im Stadtgarten ihr klug geschnürtes Bündel an Präzision, Kraft, Anmut und Hingabe. Von Christine Lakner

Freitag, 12. März 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
98 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Sie ließen mit ihrem Tanz das Gmünder Publikum vergessen, dass hier eigentlich noch Auszubildende auf der Bühne stehen.
Spannung und Konzentration von der Fingerspitze bis in den kleinen Zeh war die Devise der knapp zweistündigen Ballett-​Gala. Der Wille, die Liebe zum Ballett, die unbändige Kraft, etwas zu kreieren, all das war an diesem Abend mit Händen greifbar. Den Cranko-​Eleven ist der Spaß am Tanz anzusehen, selbst das bühnenreife Lächeln bei all der Anstrengung kommt den Tänzerinnen und Tänzern leicht und natürlich von den Lippen.
Vom klassischen Walzer aus Chopins „Chopiniana“ über Choreographien aus dem eigenen Hause bis hin zum „Adagio“ aus Delibes „Sylvia“: Es war alles drin im Paket der renommierten John-​Cranko-​Schule. Beginnen durften den ausdrucksstarken Reigen acht Eleven mit einem Divertissement aus dem „Nussknacker“ in einer Choreographie des Schulgründers und langjährigen Direktors des Stuttgarter Balletts, John Cranko. Im Spiel zwischen Vortanz und Nachahmung gelang der Pas de huit der beiden obersten Klassen mit ebenso vielen Schweißtropfen wie Hebefiguren. Technisch überzeugen konnten auch schon die jüngeren Auftretenden aus den Klassen 3 bis 5, die mit „Frei vom Hocker“ sehr rhythmisch, sehr homogen und mit genauen, eindrucksvollen Gruppenbildern viel Beifall ernteten.
Christoph Schedler beispielsweise, der hinreißend und scheinbar ohne Mühe „Les Bourgeois“ von Jacques Brel in einer Choreographie von Ben van Cauwenbergh interpretierte. Mit punktgenauer, expressiver Gestik und Mimik sowie einer erstaunlichen Bühnenpräsenz ausgestattet, gab der viel umjubelte einen mit locker gebundener Krawatte wirbelnden Franzosen im perfekten Gestus. Da wird es fast zur Nebensache, welch atemberaubende Sprünge und Schrittfolgen in traumwandlerischer Sicherheit Schedler so ganz nebenher abliefert. Aber auch Julia Bergua und Edoardo Boriani in „Come Neve al Sole“ fegten mit viel schauspielerischem Können und einem darstellerisch wie tänzerisch exzellenten Beziehungskampf im ständigen Spiel zwischen sanft und hart, zwischen innig und abstoßend, zwischen Abwehr und Zuneigung durch die Bandbreite menschlicher Gefühle, wie es wohl nur wenige ihrer Alterklasse vermögen. Viel Applaus und das gute Gefühl, dass hier junge Talente vor einem stehen, deren Namen man im Gedächtnis behalten sollte und die man mit Sicherheit auf größeren Bühnen wiedersehen wird, rundete den Abend ab.