Carla Bley und ihr Ensemble „The Lost Chords“ treten mit Paolo Fresu beim Landesjazzfestival im Prediger auf

Kultur

Rems-Zeitung

Sie wurde als Chamäleon des Jazz beschrieben. Vielen gilt der Auftritt der amerikanischen Pianistin Carla Bley und ihres Ensembles „The Lost Chords“ als Gipfel des von der Jazz-​Mission veranstalteten Landesjazzfestivals. Gasttrompeter Paolo Fresu erweitert die Gruppe zum Quintett.

Donnerstag, 15. April 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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JAZZ (rz). 2003 gegründet, interpretiert Carla Bleys Quartett „The Lost Chords“ die Musik der Pianistin mit emotionaler Tiefe und außergewöhnlicher Musikalität. Mit Paolo Fresu stieß sie auf ein Rezept, das musikalische Gemeinsamkeiten und künstlerische Freundschaft betont. Die fünf Künstler verschmelzen hervorragend im Blues, in Balladen, in lyrischen Landschaften und gelegentlichem musikalischem Tumult. Weit entfernt von Vorhersehbarem, erinnert Carla Bleys Musik an ein gemütliches Kaminzimmer mit Bibliothek, indem die Wände mit Geschichten erzählenden Tapeten bedeckt sind. Unmittelbar springt die Band von einem Bild zum nächsten.
Steve Swallows Bassgitarre, Andy Sheppards Tenorsaxophon, Bleys Klavier und Billy Drummonds Drumset, mischen sich mir Fresus Trompete und Flügelhorn in einem Zusammentreffen, das auf klassischer Standard-​Harmonik, gepaart mit einem unkonventionellen rhythmischen Konzept, basiert.
Die Bandmitglieder nehmen die musikalischen Freiheiten, die ihnen Bley in ihren teils suitenartigen Kompositionen gewährt, großzügig an und schaffen dabei eine Überraschung nach der anderen. Sheppard und Fresu stehen dabei für gefühlvolle Lyrik. Manchmal dunkel und melodramatisch, zieht das Ensemble Parallelen zum Klang des Liberation Music Orchestra eines Charlie Haden, für das Bley ebenfalls als bedeutende kompositorische Kraft in Erscheinung getreten ist.
Dieses Jazzquintett passt in jeden Jazzclub der Welt und lässt den Zuhörer sich heimisch fühlen. Darüber hinaus liefert Carla Bley frische Ideen gepaart mit der ganzen Erfahrung eines Lebens für den Jazz. Zum Projekt „The Lost Chords“ sagte sie selbst: „Etwas fehlte. Während ich versuchte neue Stücke für The Lost Chord zu schreiben, hörte ich fortwährend eine Trompete. Nicht den gewohnten Trompetenklang, wenn ich Big Band –Musik schreibe: einen eleganten, eloquenten, erdigen und doch gleichzeitig ätherischen Sound.“ Sie fand ihn: Paolo Fresu. „Ich hatte ihn nie getroffen, aber sowohl Steve als auch Andy sprachen von ihm seit Jahren. Aus einem Duo wurde ein Trio, aus dem Trio ein Quartett, warum nicht gleich ein Quintett? Nachdem wir zurück in Europa waren, kam eine Anfrage von Paolos Manager, ob wir Lust hätten auf Paolos Festival in Sardinien aufzutreten. Welch wunderschöner Zufall, welch wunderschönes Zusammentreffen! Natürlich kratzten wir uns alle am Kopf und fragten uns, wo Sardinien liegt. In den Alpen?“

Landesjazzfestival Schwäbisch Gmünd: „Carla Bley –The Lost Chords find Paolo Fresu“. Sa, 24. April, ab 22 Uhr. Zuvor, ab 19.30 Uhr, spielt Nils Wograms „Nostalgia trio“. Karten im Vorverkauf: i-​Punkt im Spital. Tel. 07171 /​603‑4250.