Klangfelder: Adalbert-​Stifter-​Realschule, Scheffold-​Gymnasium und Waldorfschule sangen und musizierten zusammen

Kultur

Rems-Zeitung

Das Heilig-​Kreuz-​Münster war bereits eine Viertelstunde vor Konzertbeginn voll besetzt — ein gutes Omen für das hochherzige Vorhaben: Die drei Schulen am Strümpfelbach, Scheffold-​Gymnasium, Adalbert-​Stifter-​Realschule und Freie Waldorfschule gaben ein Konzert zugunsten der Johanniskirche.

Freitag, 07. Mai 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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KONZERT (-ry). Die Initiative hatte viele Väter, u. a. Parler-​Ring, Münsterbauverein, Münster-​Gemeinde, bedeutende Sponsoren und die Stadt. Zugunsten der veranschlagten 5,8 Millionen Euro teuren Sanierung der Johanniskirche war ein zahlenmäßig und ideell riesiges Aufgebot an Musizierenden bereit, ein Benefizkonzert zu veranstalten.
Münsterpfarrer Kloker verschlug es schier die Sprache, hatte er doch kaum ein so volles Münster erlebt bei einem so niedrigen Altersdurchschnitt. Sein herzlicher Gruß galt neben den Gästen vor allem den Schülerinnen und Schülern samt Schulleitungen und Musiklehrern, die sich mit großem Engagement dem Projekt verschrieben hatten. Erster Bürgermeister Dr. Joachim Bläse war gleichfalls voll des Lobes, dass sich die Strümpfelbacher Nachbarschaft mit überaus motivierten Schülern und Lehrern zu einem solchen Freizeitopfer von vielen Stunden bereit fand.
Nach so viel — sehr wohl berechtigten — Vorschusslorbeeren ergriff Rhea Elbing, eine Zwölftklässlerin der Waldorfschule, das Wort. In gekonnter Moderation führte sie in die Musik des Abends ein, so dass auch weniger klassisch Beflissene angemessenen Zugang finden konnten.
Da war zuerst das Orchester des Scheffold-​Gymnasiums unter Leitung von Wiebke Weiss. Der Mut der Dirigentin trug schöne Früchte beim 4. Brandenburgischen Konzert des großen Johann Sebastian Bach: keine puristisch diktierten Blockflöten, den Generalbass durch Fagott verstärkt, in mitvollziehbarem Tempo, weil der Münsterakustik folgerichtig angepasst und nach den Möglichkeiten der jungen Musici — so konnten Sabrina Klamt und Ann-​Catherine Neukamm ihre Querflötenlinien strömen lassen und die Geigerin Monika Böhm ihre virtuosen Passagen mit Leben erfüllen. Ein respektables Hörerlebnis zur Freude des Publikums und der Musizierenden selbst.
Dann gab es eine nicht minder bemerkenswerte Leistung: die Uraufführung von „Das Lied vom Kindsein“ — nach einem Text von Peter Handke. Die Auftragskomposition von Johannes Brecht war geschrieben für Gesangssolisten, Xylophon, Holz– und Blechbläser, Streicher und Percussion, versetzt mit elektronischen Klängen. Deshalb benötigte Wolfgang Brecht als Leiter des großen Aufgebots der Stifter-​Realschule sogar Kopfhörer. Sehr schön gelang die Brücke zum diesjährigen Festival Europäische Kirchenmusik, dessen Leitwort „Alt und Jung“ das Ganze inspiriert hatte.
Das straff strukturierte Werk mit vielen kurzen Sätzen konnte das Publikum zuweilen eher flächig, ganzheitlich wahrnehmen. Man mochte das Ganze einfach auf sich wirken lassen, was in seiner motivischen und instrumentalen Dichte erstaunlich gut umgesetzt wurde, zugleich ein Beweis für das musikpädagogische Konzept der Schule. Der Beifall galt zu Recht sowohl dem gelungenen Werk als auch den Mitwirkenden unter der umsichtigen Leitung Wolfgang Brechts. Allein der Xylophonpart von Jonas Schmid gelang ganz vorzüglich, stellvertretend für die vielen anderen herausragenden Leistungen benannt.
Unter Leitung von Walter Johannes Beck gab es drei Motetten von Felix Mendelssohn Bartholdy mit dem Chor der Freien Waldorfschule. Das Ergebnis war schlicht zu erwarten. Beck ist ein Meister filigraner, zugleich schlank homogener Stimmführung. Wunderbar strömten die Bögen, klar strukturiert bei zügig-​frischen Tempi-​Maßstab für eine gepflegte Schulchor-​Kompetenz! Ob a cappella oder in der Begleitung von Thomas Schäfer am Positiv, der Chor wurde allen Ansprüchen vollauf gerecht.
Den Abschluss bildete der 100. Psalm von Heinrich Schütz: „Jauchzet dem Herrn, alle Welt“ — doppelchörig mit instrumentaler Stützung (Streicher — Bläser, am Positiv diesmal Walter Johannes Beck). Der Kirchenmusiker und Kapellmeister Thomas Schäfer war so richtig in seinem Element: sehr straff geführt, das Tempo an der Obergrenze — der Leistungsfähigkeit für die Choristen einerseits, der akustischen Durchsichtigkeit andererseits, teilweise zu Lasten der Koloraturen („Ehre sei dem Vater“). Das Ganze war derart vom ansteckenden Schwung des Dirigenten geprägt, dass der Funken der Freude nur so auf die Hörergemeinde übersprang. Der Beifall war überwältigend!
Man könnte auch mal von
den drei Bach-​Schulen sprechen
Kurt Scholze vom Parler-​Ring erinnerte in seiner Laudatio an einen Gottesdienst mit Kardinal Vlk vor 12 Jahren. Seitdem ist immer wieder Gelegenheit zum Spenden gegeben. Deshalb auch wieder die Initiative zu diesem gelungenen Benefizkonzert. Die Strümpfelbach-​Schulen (man könne den „Vornamen“ des Bachs auch einmal weglassen und von den „drei Bach-​Schulen“ sprechen, meinte Scholze) hätten Großes geleistet, damit sich Freude und Begeisterung auf die Besucher übertragen hätten. Da durch die Sponsoren alle Unkosten abgedeckt seien, gehe der Erlös 1:1 an die Sanierung der Johanniskirche. Neben allen Dankesworten lobte der Redner besonders den Münstermesner. Zum Dank dürften alle beteiligten Schüler und Schülerinnen die Johanniskirche besichtigen und den Turm besteigen — unter Joachim Bläses persönlichen Leitung. Wenn das nicht alles Ausdruck von Dank und Anerkennung ist!
Repetitio mater studiorum est (frei: Die Wiederholung ist die Mutter des Bemühens), will sagen: Das Projekt eines solchen Benefizkonzerts darf gern wiederholt werden.