Der Junge Kammerchor Ostwürttemberg brachte Lieder aus Renaissance und Moderne zu Gehör

Kultur

Rems-Zeitung

A-​cappella-​Musik aus der Alten und Neuen Zeit als musikalischer Startschuss ins Jahr? Für den Jungen Kammerchor Ostwürttemberg unter Wilfried Lang und Thomas Baur scheint der dabei – unter Wahrung hohen künstlerischen Niveaus – vorgenommeneWechsel der Stilepochen problemlos.

Dienstag, 18. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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KONZERT (kul). Zwei Auftritte hatte der Junge Kammerchor Ostwürttemberg am Wochenende: am Samstag im Franziskaner in Schwäbisch Gmünd, am Sonntag auf der Kapfenburg. Beides Mal mit einem Programm unter dem Titel „Konsens und Nonsens“. Im Gänsemarsch schreiten die schwarz gekleideten jungen Sänger ins Rampenlicht. Im dunklen Zuschauerraum des Trude-​Eipperle-​Rieger-​Konzertsaals auf Schloss Kapfenburg harren rund 200 Zuschauer, gespannt der Dinge, die da kommen sollen. Klassisches sich selbst veräppelnd und überdies noch lustig? Warum nicht. Schließlich soll die Musik an diesem Abend ein weltlich Ding sein, ausgestattet mit Beiträgen aus Renaissance und Moderne.
Der Thomas-​Morley-​Klassiker „Fyer, Fyer“ liefert den passenden Einstieg, ruft doch hierin ein Liebender, dessen Herz in Flammen steht, nach Hilfe, die er ganz modern freilich nicht erhält. So viel Aktualität und doch hat das feurige Madrigal bereits 400 Jahre hinter sich.
„Wie die Alten sungen, so zwitschern auch die Jungen“ – welch große Weisheit liegt in diesem alten Spruch, den sich wohl Pierre Passereau einst zu Herzen nahm, um in „Il est bel est bon – „Er ist anständig und nett“ – einen trotteligen Ehemann vorzuführen. Überdies entpuppte sich das Liedchen als Meisterstück hintersinnigen wie vergnüglichen Humors und steht so stellvertretend für die nachfolgenden von John Bennets, John Farmers und Vic Nees´.
Nicht zu vergessen für den analogen Hund-​Katze-​Kuckuck-​Eule-​Song von Bruder Adriano Banchieris, der mit tierischem Kontrapunkt die Sänger zu guter Letzt noch bellen und miauen lässt. Auch wenn es anders erscheinen mag, „Nonsens und Konsens“ erweist sich alles andere als leicht zu servierende Kost. Voll poetischer bis lautmalerischer Herausforderung wird nach solider Stimmtechnik und freier wie mutiger Gestaltung verlangt, um die den Kompositionen zugehörigen Hürden einer anspruchsvollen Melodiequalität zu überwinden.
Vergleichbares nochmals bei Mäntyjärvis, Gavilans, Rutters, Genèes und Whitacres. Auch deren moderne Tonarchitektur überwindet der Kammerchor mit der bemerkenswerten Leichtigkeit eines unbeschwerten Chorklangs. Dabei überzeugt der Chor mit natürlicher Frische, Sicherheit und insbesondere bei den zeitgenössischen Komponisten mit überbordendem Gestaltungsdrang, der einer „Musik in Bewegung“ bildlich das Wort redete.