Rückblick auf das Ausstellungsjahr 2010 im Gmünder Museum und in der Galerie im Prediger

Kultur

Rems-Zeitung

Der Fahrstuhl ist stillgelegt, das halbe dritte Obergeschoss fehlt, und der Baldung ist zurück in Erfurt — das bekam das Museum in Form rückläufiger Besucherzahlen zu spüren. Ausstellungsrenner gab es trotzdem.

Freitag, 28. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
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MUSEUM (rw). Auch der publikumswirksame Innenhof wurde im vergangenen Jahr nicht für Ausstellungszwecke genützt, ein Jahr zuvor, 2009, hatte er sich in der Schau der Daimler-​Kunstsammlung als zugkräftiges Podium erwiesen, um Interesse für moderne Kunst zu wecken. Allein 11 500 Besucher tummelten sich hier zwischen den Plastiken und Installationen. Im Entfall der Innenhof-​Nutzung sieht Museumsleiterin Dr. Gabriele Holthuis den Hauptgrund für den Besucherschwund im Jahr 2010. Der ist nicht von Pappe. Gegenüber dem Vorjahr blieb fast jeder vierte Besucher aus: Statt knapp 40 000 wie im Jahr 2009 waren es letztes Jahr nur 31 000.
In ihrem Jahresrückblick-​Gespräch wertet die Museumsleiterin das vergangene Jahr dennoch als Erfolg, arbeitsintensiv und ereignisreich war es ohnehin mit sieben thematisch vielfältigen Ausstellungen, diversen Projekten und einem großen Veranstaltungsangebot. Doch im Herbst wurde das dritte Obergeschoss zur Hälfte gesperrt, der Umbau des großen Saals begann. „Es ist ein begrenzter Zeitraum, da müssen wir durch“, tröstet sich die Museumsfrau. Ihre Schlussfolgerung daraus: „Wir brauchen den Innenhof und müssen den Besuchern entgegenkommen. Wir tun gut daran, uns ab und zu im Erdgeschoss und draußen sehen zu lassen.“ Es zeige sich an den Besucherzahlen wiederum der Standortvorteil, den die Galerie im Erdgeschoss besitzt.
Publikumsmagnet schlechthin war die Sommerausstellung in der Predigergalerie, Laura Fords umwerfende Schau „Von Tieren und Menschen“, die sich mit drei Bronzefiguren aus der „Rag and Bone“-Serie in die Bocksgasse und auf den Johannisplatz fortsetzte. Was, en detail betrachtet, sogar zu einer Besuchersteigerung in der Galerie führte: 13 810 Besucher statt 11 692, ein Plus von 18,1 Prozent. Rund 60 Kunstinteressierte pro Tag zeigten sich — so ist’s zu vermuten — begeistert von der Werkschau der britischen Künstlerin. „Kaum zu toppen“, sagt Gabriele Holthuis. Einzig die Ausstellung eines weiteren international renommierten britischen Künstlers, David Nash, lag mit 100 Besuchern pro Tag darüber.
Gut liefen auch die beiden Ausstellungen mit den neuen Werken des Gmünder Bildhauers Eckhart Dietz (2700 Besucher) und der 2005 verstorbenen Malerin Christa Germann-​Besson, deren Lebensthema Bilder von Bäumen war und die es wiederzuentdecken galt (2465 Besucher). Von Laura Ford wie von Christa Germann-​Besson gibt es keine Ausstellungsplakate mehr, immer ein Zeichen für großes Interesse.
Glanzpunkt im Museum war die Sonderausstellung „Aufbruch in die Moderne. Silber aus Schwäbisch Gmünd“, die sich zum ersten Mal umfassend der Gmünder Silberproduktion von der Zeit nach 1900 bis in die Gegenwart widmete und damit einem wichtigen Kultur– und Wirtschaftsthema der Stadt. Auch überregional rief diese Ausstellung ein breites Echo hervor. 4300 Besucher zählte diese ebenso grundlegende wie hinreißende Ausstellung, die vom Museumsteam mit einem kaum genug zu würdigenden Einsatz erarbeitet wurde.
Daran gemessen — und an der Besucherzahl der Ford-​Ausstellungen — hätte man der Silberschau gerne noch mehr Besucher gewünscht. Aber zum einen war sie fachlich ausgerichtet, und zum anderen ist eine Ausstellung über Silber in Gmünd wohl schon ein bisschen wie eine über Eulen in Athen. Obwohl ein Überblick präsentiert wurde, wie es ihn nie zuvor gab und vielleicht nie wieder geben wird, obwohl diese Schau Epoche machte. Im Herbst wird sie in Bremen zu sehen sein.
Neben den gezeigten Ausstellungen erfreuten sich auch die vielfältigen, zielgruppenorientierten Vermittlungsaktivitäten einer großen Resonanz. Mit 229 Führungen lag das Angebot auf dem Niveau des Vorjahres. Die jetzt ein gutes Jahr laufende monatliche „Kunstbetrachtung“ in Kooperation mit dem Generationentreff Spitalmühle erfreue sich einer großen Beliebtheit. Gleiches gelte für die Workshops der Kinderwerkstatt in der Ott-​Pauserschen Fabrik. Diese kam auf 6000 Besucher. Mit Blick auf die halbjährige Öffnungszeit ein ordentlicher Zuspruch.