Sich anrühren lassen von Schönheit — Benefizkonzert für Japan

Kultur

Rems-Zeitung

Was für ein Projekt! Vier Musiker gastieren im Schwörhaus: „Künstler helfen Japan“. Und der Saal ist nur schwach besetzt. Das passt so gar nicht ins Bild der sehr spendenfreudigen Deutschen.

Mittwoch, 04. Mai 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
113 Sekunden Lesedauer

KONZERT (-ry) Dabei hatte die rührige Initiatorin nicht zu viel versprochen hinsichtlich eines genussreichen Abends. Der Widerspruch von unsagbarer Not in Japan auf der einen Seite und dem künstlerischen Anspruch der gebotenen Vorträge konnte kaum gravierender sein. Deshalb war die Brücke mittels Lesung von vier Tagebuchnotizen eines japanischen Augenzeugen durch die Sängerin samt einer Schweigeminute für alle Japaner gleichermaßen rührend wie bedrückend, aber umso dringender geboten.
Eilika Krishar (Sopran) und ihr Münchener Lehrer Prof. Shunjin Haruhito Kobayashi am Flügel boten Arien und Lieder, das Duo Yukiko Otaki (Flöte) und Miho Imada (Klavier) höchst einfühlsame und virtuose Instrumentalkunst.
Der japanische Professor wird als motivierender Mentor gepriesen. Selbst Sänger und Pädagoge, nimmt ihn die Öffentlichkeit eher als sensiblen Begleiter wahr, obwohl Eilika Krishar ihm eigentlich ihre Karriere verdankt. Was man da zu hören bekam, sprengt jede Vorstellungskraft. Die erst 28-​jährige Sopranistin beherrscht ihre Stimme mit selten erlebter Disziplin: ein enormer Stimmumfang (über c4 hinaus!), eine dynamische Spannkraft von zartestem Pianissimo bis zu gewaltig eruptiver Strahlkraft.
Dabei geht es nicht um stimmtechnische Demonstration, sondern um eine überaus facettenreiche Ausdrucksvielfalt. Arien (regelrechte Ohrwürmer) von Mozart, Bellini, Puccini und Catalani mit vokaler Sprengkraft stehen japanischer Verinnerlichung gegenüber. Dennoch bleibt alles ganz natürlich: die Koloraturkunst, lyrisches Grundtimbre und eine vielfältig ausgelotete Spannung von Tönen und Phrasen — einfach berückend!
Man spürt dem Begleiter stets die Souveränität der verinnerlichten Vorstellung ab. Der Pedalgebrauch ist dagegen nicht stimmig: zum Teil verwaschenes Ineinander von linearen oder Akkordkonturen. Auch das Wegnehmen der Fermaten ist inkonsequent.
Das Instrumentalduo spielt absolut kongenial. Auch hier wieder wunderschön fließendes japanisches Melos — von ganz eigener Romantik. Dann aber eine „Carmen Fantasie“ von Francois Borne mit sich überschlagenden Melodien: akkordlich gebrochen oder chromatisch, immer aber die Melodietöne wunderbar akzentuiert. Was hier Flöte und Klavier leisteten, war umwerfend, temperamentvoll, sinnlich, bestechend.
Fast zwei Stunden hochkarätiger Unterhaltung, kontrastiert mit der Wirklichkeit eines geschundenen Landes, seiner Menschen, die still und gefasst, aber voller Hoffnung ihre Schicksal tragen — deshalb die Gedenkminute zu Trost und Stärkung aller Leidenden, getragen auf betendem Herzen.
Dies war das letzte Konzert einer am Samstag in Schwäbisch Gmünd zu Ende gegangenen Reihe, bevor am Sonntag der Flug nach Japan folgt, um dort in derselben Intention für die Menschen zu wirken: mit den Mittel einer Kunst, die wie keine andere das Herz zu rühren vermag.
Man kann nur hoffen, dass die Körbchen reichlich mit Spenden gefüllt wurden. Der gesamte Ertrag der Konzerte geht an den japanischen Bischof Yasuhiro Tateno, um vor Ort die schlimmste Not zu lindern. Innerlich sehr bewegt, verließen die reich beschenkten Konzertbesucher das Schwörhaus.