Ende der Affäre, Beginn des Dramas

Kultur

Rems-Zeitung

Mit einer gelungenen Premiere hat der Kulturverein Schloss Laubach seine diesjährige Theatersaison mit dem ungewöhnlichen Stück „ Haus und Garten“ des Engländers Alan Ayckbourn eröffnet.

Mittwoch, 13. Juli 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
151 Sekunden Lesedauer

THEATER (fa). Ungewöhnlich deshalb, weil man sich vor Beginn der Aufführung entscheiden musste, von welcher Bühne aus man eine der beiden Handlungen zuerst miterleben wollte. Eine anstrengende Aufgabe war es für die Schauspieler, denn sie hatten das Stück im Grunde genommen zweimal zu spielen. Regisseurin Susanne Reng hatte zuvor drei Darsteller kurzfristig umzubesetzen, dennoch klappte alles wie am Schnürchen.
Der Himmel sieht nach Regen aus. Gärtner Warn fragt sich, ob es regnet oder nicht. Fällt dann das Gartenfest aus? So steht es zumindest im Drehbuch. Sein sorgenvoller Blick richtet sich zum Himmel über dem Heckengarten in Hohenstadt. Die Blicke der Zuschauer auf der Gartenbühne folgen ihm. Da sieht es wirklich düster aus. Später setzt auch leichter Nieselregen ein und die Zuschauer spannen die Schirme auf.
Drehbuch und Tatsache passen gut zusammen und machen die Premiere besonders spannend. Dafür ist es nachher beim Spiel in der „Hausbühne“ garantiert trocken.
Haus und Garten sind die Grundlage britischer Lebensphilosophie. Im „Garten“, den ein mürrischer Gärtner (Walter Gutbrod) bearbeitet, spielt sich eine Handlung ab, bei der schnell die snobistische Maske fällt, während vorne im Haus noch ein gewisses Maß an Herrschaftlichkeit zelebriert wird. Die Handlung im Haus spielt sich vor dem Hintergrund der Handlung im Garten ab. Dort werden die Vorbereitungen für die jährlich stattfindende Gartenparty getroffen. Alles läuft auf Hochtouren, im Haus dagegen herrschen eisige Kälte und britische Affektiertheit.
Hausherr Ted (Reiner Jedlicka) trennt sich von seiner ihm lästig gewordenen Geliebten Joanna (Annette Mühlpfordt), der Gattin seines besten Freundes, des Arztes Giles (Mathis Tröster). Zuvor hatten sich beide noch lautstark im Gebüsch vergnügt. Seine wahren Motive für die Trennung offenbart er jedoch erst auf der anderen Bühne, dem „Haus“. Dort spielt er den politisch interessierten Geschäftsmann, der seinen Freund Arzt Giles um Rat fragt, weil ihn seine Gattin Trish (Karin Starczewski) seit Wochen wie Luft behandelt. Giles rät ihm zu mehr Sex. Die Komik dieser Situation versteht nur der, der zuvor die Handlung auf der Gartenbühne gesehen hat. Ein aus London angereister Schriftsteller und Freund des Premierministers ( Felix Reil) versucht Ted für eine politische Karriere zu gewinnen. Er agiert als aufgeblasener Mann von Welt. Im schwarzen Maserati fuhr er in den Heckengarten von Hohenstadt, für die französische Schauspielerin Lucille reichte es nur zum gelben Trabbi. Eda Kurtbogan sorgt als betrunkenes französisches Filmsternchen Lucille für Aufregung in der Männerwelt.
Eigentlich sollte sie die Gartenparty eröffnen. Im Haus versucht jeder mit seinen Französischkenntnissen ihr gegenüber zu brillieren. Letztendlich vergnügt sich der alternde Ted mit ihr im Zelt. Er weckt dabei auch Begehrlichkeiten bei Sally, der Tochter des Hauses, gespielt von Maggy Döring. Von Eifersüchteleien geplagt wird der verhinderte Liebhaber von Sally, Jake (Kai Forster).
Im „Garten“ spielen mehr die einfachen Leute und Hausangestellten eine Rolle, im „Haus“ die Herrschaften. In den weiteren Rollen spielten Otto Bauer und Jule Hofmann als Ladenbesitzer, Pia Leis und Claudia Harder als Hausangestellte sowie Anna Struzina als Fahrerin.
Regisseurin Susanne Reng gelang es hervorragend, die zeitgleich im Haus und im Garten spielenden Handlungen so zu koordinieren, dass die Schauspieler immer rechtzeitig zu ihrer Szene auf der andern Bühne erschienen.
Wer etwa vier Stunden Zeit mitbringt, erlebt einen heiteren Abend, beim dem die Schauspieler einem auch einen Spiegel der Gesellschaft vorhalten: Beziehungen sind zerrüttet, Karrieren ruiniert und eine ländliche Idylle gestört.

Die nächsten Aufführungen in Hohenstadt sind freitags am 15. Juli, 22. Juli und 29. Juli, 5. August jeweils um 20 Uhr sowie sonntags am 17. Juli, 24. Juli, 31. Juli und
7. August um 17 Uhr.