TV Wetzgau konnte sich trotz Leistungsfeuerwerk gegen Straubenhardt nicht durchsetzen

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Rems-Zeitung

Helge Liebrich hatte nach der Wetzgauer Niederlage gegen Straubenhardt die richtigen Worte auf den Lippen: „Wir hatten einen Klassetag und lange super dagegen gehalten – aber zum Sieg hat es einfach nicht gelangt!“ Der TV Gmünd-​Wetzgau brannte gegen den amtierenden deutschen Meister KTV Straubenhardt zeitweise ein Feuerwerk ab, rang dem großen Favoriten bis zum Sprung ein 20:20 ab, musste sich aber schließlich vor 900 begeisterten Zuschauern mit 27:40 beugen.

Montag, 22. Oktober 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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(tvw).
Die Augen – nicht nur der Frauen und Mädchen – galten von Beginn an ihm: Marcel Nguyen. Der Superstar der KTV Straubenhardt und der deutschen Nationalmannschaft war der Zuschauermagnet in der Großsporthalle. Und während draußen herrlichstes Herbstwetter herrschte und sich die Menschenmassen über den Kirchweihmarkt drängten und drängelten, entwickelte sich auch vor der Halle eine mächtige Schlange. Wo Nguyen momentan auch hinkommt, die Fans sind schon da.
Kein Wunder dass der zweifache Silbermedaillengewinner von London bereits bei der Vorstellung gefeiert wurde. Immer wieder sorgte er fortan für ein Raunen unter den Fans, trat er an die Geräte. Der „sexiest man of the games“, hierzu hatte ihn eine Zeitschrift nach den Olympischen Spielen gewählt, hatte aber rein turnerisch nicht seinen besten Tag erwischt: „Wir haben uns viele Fehler geleistet“, konstatierte er nach dem Wettbewerb mit den Wetzgauern. Und gab ein Kompliment aber auch an den TVW weiter: „Wetzgau hat super gekämpft und uns das Leben richtig schwer gemacht. Ich glaube, dass das Gmünder Team noch stärker einzuschätzen ist als Obere Lahn.“ Obere Lahn? Dort turnt unter anderem Fabian Hambüchen …
Wetzgaus Trainer Paul Schneider hörte es gerne, war doch auch er mit nahezu allem an diesem Tag zufrieden. Vom Ergebnis einmal abgesehen: „Wir haben bis zum 20:20 super mitgehalten. Es war total spannend – aber dann haben wir am Barren uns zu viele Fehler erlaubt.“ Dieser Barren. Immer wieder dieser Barren. Schon fast wie eine rote Schnur ziehen sich die Probleme dort durch die Saison. Schneider und Co. wissen: Wollen sie nächstes Jahr noch weiter oben mitmischen, so muss vor allem an dieser Schwäche gearbeitet werden.
Gegen die Straubenhardter jedoch trumpfte Wetzgau von der ersten Sekunde auf und hatte in den 900 Zuschauern eine mächtige Unterstützung im Rücken: Dem 5:4-Sieg am Boden ließ der TVW ein 5:2 am Pauschenpferd folgen – die ersten vier Gerätepunkte gingen nach Wetzgau. Und auch weiter ging es eng zu: Nguyen, Taranu und Co. holten sich zwar die Ringe mit 9:5, doch direkt nach der Pause konterte Wetzgau und siegte auch am Sprung – dieses Mal mit 6:5. Und damit war die Entscheidung in diesem Duell auf die letzten beiden Geräte – Reck und Barren – fokussiert.
Die Entscheidung fiel dann – wie schon erwähnt – eben an diesem Barren. Während Daniel Popescu große Schwierigkeiten beim Stand seines Abgangs hatte, musste Wetzgaus Johannes Schaal zwischenzeitlich sogar vom Gerät. Er fiel zwischen die Holmen, die Sanitäter standen bereits bereit, aber er blieb unverletzt. „Passiert!“, hakte Wetzgau diesen unfreiwilligen Sturz vom Barren schnellstens ab. Dass Helge Liebrich schließlich noch drei Scorepoints verbuchte, konnte die Niederlage aber nicht mehr abwenden: 3:10 – und somit 23:30, lautete der Zwischenstand nach dem vorletzten Gerät.
Das abschließende Reck krönte dann noch die Leistungen aller Athleten an diesem wunderbaren Turntag in der Gmünder Großsporthalle. Eine Höchstleistung reite sich an die andere – kein Wunder, dass die Fans, animiert von Hallensprecher Günther Wildner, die Sportler beider Mannschaften mit einer La Ola feierten. Das hatte die Halle bei einem Turnwettkampf so noch nicht erlebt. Absolute Weltklasse, was die acht Sportler hier an die Stange zauberten.
Am Ende siegte der deutsche Meister aus Straubenhardt mit 40:27 – und baute seinen Vorsprung in der Tabelle weiter aus. Wetzgau findet sich mit 4:4 Punkten weiter auf Platz vier, spürt aber den Atem vor allem des Teams aus Stuttgart im Nacken. Wetzgaus Vorsitzender Klaus Dengler: „Wir haben jetzt den wichtigen Kampf in Cottbus. Deshalb reisen wir bereits am Freitag an. Danach folgt der letzte Heimkampf gegen Chemnitz/​Halle und schließlich noch unser Auftritt bei Obere Lahn. Wir wollen noch zwei Wettkämpfe gewinnen – dann stehen wir im kleinen Finale um Platz drei!“
Und das war schließlich auch das Ziel vor dieser Saison — alles weitere kommt noch einen Deut zu früh. „Wetzgau ist super besetzt“, sagte auch Nguyen. Und wenn er im nächsten wieder kommt, dann wäre es dem TVW am liebsten, er würde wieder so viele Fans anlocken – aber die Punkte da lassen.