Gmünder Kunstverein: Das Raumgefühl zum Jubiläumsjahr

Kultur

Rems-Zeitung

Die vielen Besucher, die in der eisigen Kälte ihren Weg in die Galerie imKornhaus gefunden hatten, wurden nicht enttäuscht. Was war mit dem vertrauten Erdgeschoss geschehen?Der Raum war während der letzten vier Wochen von vier Künstlern verändert worden. Auftakt der Kunstvereins-​Reihe zum Stadt-​Jubiläum.

Dienstag, 07. Februar 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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AUSSTELLUNG (ak). Die Säule am Eingang wurde zu einem massigen Kunstwerk, aus dem geometrische Körper aus Karton wie Stacheln ragten. An einem Teil der Decke verlaufen Drähte, die ein regelmäßiges Netz bilden. Die daran geknoteten Schnüre enden in „Dynamik-​Objekten“, auch aus weiß gestrichener Pappe. Ein Anstupsen hat ein Wechselspiel von Licht und Schatten an der ebenso weißen Wand zur Folge, das manchmal von einem Geräusch begleitet wird. Es ist jedes Mal anders, abhängig vom Standpunkt und der Stärke der auf das Objekt wirkenden Kraft. Mit voller Absicht waren hier Farben aus dem gleichen verhaltenen Bereich der Farbpalette genommen worden, um die einzelnen Projekte nicht in Konkurrenz zueinander treten zu lassen. Sie sollen als Gesamtheit wirken. Weiter hinten sind Holzgerüste zu sehen, Balken stapeln sich auf dem Boden.
Kunst im Werden also. Und dazwischen drängelten sich die Besucher, dieses Mal zahlreicher als oft sonst. Die vier Künstler Andreas Diefenbach, Verena Groer, Simon Keefer, Reiner Schmid und Paul Stummer als technischer Assistent ließen die Besucher schon zur Vernissage am Freitagabend einen Einblick in ihre Ausstellung „Raum beherrschen“ nehmen — die erste einer Reihe von dreien zum 850-​Jahr-​Jubiläum.
Dabei hat jeder von ihnen seine Vorstellungen und Visionen zu dieser Aufgabe eingebracht: aufgehängte Objekte, Verhüllung, der Eindruck einer Explosion, das Zerrissenwerden durch ein anderes Objekt, Durchstoßenes. Die Künstler ermutigten die Besucher, im Laufe der kommenden Wochen sich über den Stand der Ausstellung zu informieren und sich mit ihnen auszutauschen. So könne man sich selbst am weiteren Schaffungsprozess beteiligen, da sie, die Kreativen, durchaus für Anregungen Außenstehender offen seien. Sie wollen aufzeigen, wie ein Raum beherrscht werden kann, auch im übertragenen Sinn.
„Herrschen — Beherrschen“ ist der Obertitel dieser Ausstellungsreihe, mit der sich der Gmünder Kunstverein früh im Jubiläumsjahr zu Wort meldet. „Dieser Titel ist der Versuch, die historische Dimension ‚Stauferreich’ zu übersetzen in eine Visualisierung von politisch gesellschaftlichen Phänomenen, ohne dabei historisierend vorzugehen“, sagte Kunstvereinsvorsitzender Albrecht Vogel zur Eröffnung.
Die Staufer hätten ein riesiges Reich beherrscht, von der flandrischen Kanalküste bis nach Sizilien. Dies finde eine Reflex in der Ausstellung „Raum beherrschen.“ Gleichzeitig brachte dies mit sich, dass in diesem Reich viele Sprachen gesprochen wurden. „Sprache beherrschen“. Dem wendet sich die zweite Ausstellung in Zusammenarbeit mit der HfG zu. Schließlich seien politische Gebilde dieser Ausdehnung nur zusammenzuhalten, wenn die politische Macht präsent ist. Dies erfolge häufig auch symbolisch, daher die „Herrscherfarbe Purpur“ als Titel der dritten Ausstellung dieser Reihe.
In „Raum beherrschen“ habe die Vorgabe darin bestanden, dass die Künstler den Raum beherrschen. Es gehe nicht um die Dekoration des vorhandenen Raumes, sondern um den Versuch, mit Einbauten den Raum zu verändern, ein anderes Raumgefühl zu erzeugen. Albrecht Vogel: „Bewusst haben wir auf Farbgebung verschiedener Art verzichtet, um über das Weiß den Zusammenhang zu halten. Bewusst haben wir geometrisierte Formen und Elemente bevorzugt, um Dekoratives zu vermeiden – nicht zuletzt auch aus Gründen der Machbarkeit.“
Zur Finissage am Freitag, 2. März, präsentieren die Künstler einen Katalog mit einer Fotodokumentation dessen, was bis dahin aus dem Raum geworden ist. Die Fotos nimmt Hubert Minsch auf.

Für „Raum beherrschen“ in der Galerie des Gmünder Kunstvereins im Kornhaus gelten besondere Öffnungszeiten: Do, Fr 14 – 17 Uhr, Sa 10 – 13 Uhr, So 10 – 17 Uhr.