Festival Europäische Kirchenmusik: Bürgerstolz und existenzielle Erfahrung

Kultur

Rems-Zeitung

„Heimat und Fremde“ lautet das Motto des Festivals Europäische Kirchenmusik. Um die 15000 Besucher werden in den drei Wochen vom 13. Juli bis5. August erwartet. Sie erleben 23 Konzerte, die Glanzlichter setzen werden. Zum zweiten Mal kommt KrzysztofPenderecki nach Gmünd.

Donnerstag, 15. März 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
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FESTIVAL (rw). „Ein Thema am Puls der Zeit“ sei heuer mit „Heimat und Fremde“ gewählt worden, sagt Ewald Liska. Es werde Raum für Begegnungen geschaffen. Neben die Konzerte treten weitere Veranstaltungen, und auch das 850-​Jahr-​Stadtjubiläum Gmünds spielt eine Rolle.
Das Festival wird am Freitag, 13. Juli, um 19 Uhr im Heilig-​Kreuz-​Münster mit einem ökumenischen Festgottesdienst eröffnet. In ihm findet die Uraufführung der Namen-​Gottes-​Litanei von Peter Michael Hamel statt, die Festpredigt hält Antje Vollmer. Anschließend gibt es auf dem Münsterplatz die Sound-​Performance des japanischen Künstlers Junya Oikawa, der Klänge der Kirchenglocken aus den Gmünder Stadtteilen verarbeitet – eine Evokation von Heimat. Das Fremde folgt auf dem Fuße: die mazedonische Jazz-​Institution Toni Kitanovski und das Cherkezy Orchestra spielen Stücke aus Albanien, Mazedonien, Serbien und der Türkei. Das Ereignis auf dem Münsterplatz gibt’s dieses Mal wieder kostenfrei.
Mehrere Uraufführungen sind zu hören, darunter eine Hommage an das Heilig-​Kreuz-​Münster mit fünf eigens geschriebenen Stücken (von Mick Baumeister, Siegfried Liebl, Sebastian Hahn, Natalia Brokop und Karl-​Heinz Isele), ein Klassik-​Remix des Komponisten und Jazz-​Musikers Jo Brecht und ein Orgelwerk aus dem Kompositionswettbewerb. Der SWR wird wieder eine Anzahl von Konzerten aufzeichnen. „Musikgeschichte mit allen Sinnen erleben“ könne man beim Festival, so OB Richard Arnold. Programmdirektor Ewald Liska, der zusammen mit KMD Sonntraud Engels-​Benz, Stephan Beck, Klaus Stemmler, Ralph Häcker und Klaus Eilhoff das Festival 2012 vorstellte, zog Linien in die Horizontale und Vertikale: Raum für Begegnungen biete die Stadt, das Programm weise auf die „ewige Heimat im Himmel.“
Im Eröffnungskonzert am Samstag, 14. Juli, dirigiert Maestro Krzysztof Penderecki sein „Polnisches Requiem“; Ausführende sind der Podlaska Opera and Philharmonic Choir, die Stuttgarter Philharmoniker und renommierte Solisten. Zwei berühmte Alte-​Musik-​Ensembles – das Amsterdamer „Gesualdo Consort“ und „Oltremontano“ aus Belgien – präsentieren vielstimmige venezianische Klangpracht aus dem Markusdom von Giovanni Gabrieli (17. Juli).
Den weiten musikalischen Kosmos von Bachs großer h-​moll-​Messe entfalten das „Immortal Bach Ensemble“ und „Le Concert Lorrain“ unter Leitung von Morten Schuldt-​Jensen (21. Juli).
Der Motettenchor Schwäbisch Gmünd, seit Festivalgründung einer der ständigen und profilierten Festival-​Chöre, führt Dvoráks ergreifendes „Requiem“ zusammen mit Solisten und Mitgliedern des Radio-​Sinfonieorchesters Stuttgart auf (25. Juli). Im Abschlusskonzert am Samstag, 4. August, wird Händels prachtvolles und klangmächtiges Oratorium „Israel in Egypt“ vom Vocalensemble Rastatt, dem Barockensemble „Les Favorites“ und ausgewählten Solisten aufgeführt.
Mit dem Preis der Europäischen Kirchenmusik wird der Komponist und Musikwissenschaftler Clytus Gottwald geehrt. Das junge französische Profi-​Ensemble „Sequenza 9.3“ präsentiert am Dienstag, 24. Juli, vielstimmige Vokalmusik und die Uraufführung einer für Vokalorchester konzipierten Transkription des Preisträgers in der Augustinuskirche.
Vielfältig erlebbar wird das Festivalthema in kleineren Besetzungen mit Interpreten der Extraklasse. Auf seiner Sommertournee macht das junge, gleichwohl exquisite Streichorchester „Wells Virtuosi“ aus Südengland beim Festival Station: Auf dem Programm stehen Meisterwerke von Elgar, Schostakowitsch, Tschaikowsky und Vaughan Williams (15. Juli). Das Ensemble Dialogos, eines der herausragendsten und originärsten mittelalterlichen Musikensembles der jüngeren Generation, ist mit den sechs Sängern des Ensembles Kantaduri zu Gast; zusammen präsentieren die Musiker ein reiches und farbiges Klangfresko lateinischer und altslawischer liturgischer Gesänge der Inseln, Küsten– und Hinterlandregionen Dalmatiens (18. Juli). Auf den Spuren der französischen Hofmusik des Guillaume de Machaut wandeln die berühmte Schola Gregoriana Pragensis unter Leitung von David Eben und die Sängerin und Harfenistin Hana Blaíková (26. Juli). Festliche Barockmusik aus Schweizer und süddeutschen Franziskanerklöstern erweckt das Ensemble Musicalina mit neuem Esprit, darunter Werke des Franziskaners Felician Schwab, der von 1645 bis 1653 in Schwäbisch Gmünd wirkte (2. August).
Musikalische Grenzbereiche lotet das Perkussion-​Duo Ttukunak auf der baskischen Txalaparte aus (20. Juli). Das David Orlowsky Trio spielt „Kammerweltmusik“ zwischen Kammermusik, Jazz, Klezmer-​Sound und Improvisation. Zur Musik hinzu treten Poesie, Theater und Stummfilm. Annabella Akcal, Susanne Lange-​Greve und Udo Penz bieten eine Uraufführung („Der Mohr kann gehen“, 27. Juli). Den Stummfilm-​Klassiker „Berlin. Die Sinfonie der Großstadt“ von 1927 begleitet Sung-​Nam Cho auf der restaurierten Orgel der Johanniskirche (3. Aug.)

Der Vorverkauf für das Festival Europäische Kirchenmusik beginnt am 30. März. Die kostenlose Festivalbroschüre und Karten sind erhältlich beim i-​Punkt,
Marktplatz 37/​1, Schwäbisch Gmünd,
Telefon (07171) 603‑4250.