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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

In der Augustinuskirche wurde mit einer Sprechchorarbeit der Opfer der Reichpogromnacht gedacht

Anders als in den vergangenen Jahren wurde gestern Abend in der Augustinuskirche in Schwäbisch Gmünd der Opfer der Reichspogromnacht vor 73 Jahren gedacht. Momente, in denen sich ein fröhliches Lachen den Weg von der Augustinuskirche hinaus in die dunkle Gmünder Nacht bahnte, gab es ebenso wie jene Momente, in denen einem der Atem stockte.

Donnerstag, 10. November 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
1 Minute 38 Sekunden Lesedauer

Von Nicole Beuther
SCHWÄBISCH GMÜND. Immanuel Nau, Dekan des evangelischen Kirchenbezirks Schwäbisch Gmünd, führte in die Veranstaltung ein und gab einen Vorausblick auf den Abend, in dessen Mittelpunkt das Gedicht „Fürchtet euch nicht“ von Marie Luise Kaschnitz stand. Seit Februar hatten 14 Frauen unter der Leitung von Annabella Akçal das Gedicht erarbeitet. Der Abend, so Immanuel Nau, solle zeigen, wie schön, fröhlich und hoffnungsvoll das Leben sein kann und wie es manchmal aber auch jäh unterbrochen wird.
Fröhlich ging es dann auch gleich los, als Clownin Coco munter durch die Augustinuskirche marschierte, ihre Leiter aufstellte, herzhaft in ein Butterbrot biss und einen Baum pflanzte. Fröhlich auch die Momente, in denen Frauen in bunten Kleidern das Tanzbein schwingten. Auch wenn wohl jeder der Besucher wusste, dass den heiteren Momenten ernstere folgen werden, kam der Wechsel sehr abrupt und zeigte dafür umso größere Wirkung. Die fröhliche Musik (Peter Funk, Contrabass und Sabine Betz, Akkordeon) wich einer melancholischen Melodie und dort, wo gerade noch Frauen in bunten Gewändern tanzten, waren nun unscheinbare in weiß gekleidete Frauen zu sehen, die hintereinander in einer Reihe standen und erfasst wurden. Ihre Namen, die dabei genannt wurden, ließen die Besucher erschaudern. Denn es waren, wie Dekan Nau zuvor erklärt hatte, die Namen von zehn Gmünder Bürgern, die 1941 von der Stauferstadt direkt in Vernichtungslager gebracht worden waren.
Gleichermaßen betroffen machte dann die Sprechchorarbeit von Kachnitz’ Gedicht. „Zu fragen gingen wir aus, verharrten am Tore lauschend. Reinerer Töne gewärtig; doch Angst überkam uns, wenn Schatten herauf wuchs, verworrenen Klanges und Angstgeschrei.“ Das einzige, was am Anfang wie am Ende des gestrigen Abends nicht von der Stelle wich, war der Baum, den die Clownin zu Beginn der Vorführung „gepflanzt“ hatte. Symbolträchtig, wie Dekan Nau meinte. Es sei ein Baum, der alle Turbulenzen überlebe. „Ein Baum als Zeichen der Hoffnung.“
Nau erinnerte gestern Abend auch an die Allee der Gerechten in Israel, die die Gerechten in der Welt ehrt. „Dass es solche Menschen gegeben hat, macht Mut und sorgt dafür, dass daraus eine Zukunft werden kann, die besser ist.“

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