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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Menschen mit und ohne Behinderung nahmen an der Gesprächsrunde mit den hiesigen Landtagskandidaten teil

„Politik – einfach erklärt“ lautete das Motto der Veranstaltung, die gestern im Foyer der Gmünder Volkshochschule stattfand und Teil des Projekts „miteinander mittendrin“ der Stiftung Haus Lindenhof war. Eingeladen waren die Landtagskandidaten des hiesigen Wahlkreises. So lässig sich das Motto anhört – den Politikern fiel es gar nicht so leicht, einfache Worte zu finden. Von Nicole Beuther

Donnerstag, 17. Februar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Wohl schon oft hat Markus Zuschlag das Wort „Vorratsdatenspeicherung“ erwähnt, wenn es um das Thema Privatsphäre ging. Und so kam ihm auch gestern dieses Wort wie selbstverständlich über die Lippen. Er merkte schnell, dass er sich ein Ei damit gelegt hatte, denn schließlich lautete das Motto ja „Politik – einfach erklärt“. Fremdwörter bzw. für die Anwesenden fremdartig klingende Wörter waren unerwünscht. Der FDP-​Politiker bemerkte seinen Fehler schnell und erklärte: „Wir wollen nicht, dass Ihre Daten, zum Beispiel Ihr Name und Ihr Alter, gespeichert werden.“
Dass einfach sprechen möglich, aber nicht immer einfach ist, war eine Erfahrung, die gestern alle Landtagskandidaten machen mussten. Rote Karten, die aus den Reihen der Zuschauer in die Höhe gereckt wurden, waren für Dr. Stefan Scheffold, Klaus Maier, Michael Straub, Markus Zuschlag und Susanne Kempf ein Zeichen dafür, dass sie nicht verstanden wurden und das soeben Gesagte doch nochmals genauer erklären sollen.
Ute Schütte, die zusammen mit Dieter Lehmann die Veranstaltung moderierte, fasste zum Ende jeder Runde zusammen und übersetzte, wo es nötig war, in einfache Sprache. Und so gab es am Ende des Abends einige Zuschauer, die sich meldeten, als Lehmann fragte, wer denn schon weiß, wen er wählen wird.
Auf diese Wählerstimmen können die Landtagskandidaten besonders stolz sein, denn leicht machten es die Zuhörer ihnen nicht. Sie wollten es genau wissen. Beispielsweise, als Klaus Maier (SPD) davon berichtete, dass in Lautern derzeit Kinder mit und ohne Behinderung zusammen unterrichtet werden und er ihnen freilich auch schon einen Besuch abgestattet hat. „Wie heißen die Kinder?“, wollte ein junger Mann wissen. Maier gab schmunzelnd zu verstehen, dass er es nicht weiß.
Zunächst gab es eine Vorstellungsrunde. Anschließend stand die Frage nach den Wahlzielen im Mittelpunkt. Dr. Scheffold (CDU) legte das Hauptaugenmerk auf die Bildung– und Ausbildungspolitik. Etwas, so findet er, was seine Partei sehr gut macht. Die niedrige Jugendarbeitslosigkeit in Baden-​Württemberg sei der Beweis dafür. „Wir sorgen dafür, dass junge Menschen nach der Schule einen Arbeitsplatz bekommen.“ Klaus Maier (SPD) versuchte mit einem Bild des Kunstwerkes zu punkten, das den Heubacher Kreisverkehr ziert. Fünf Figuren sind darauf zu sehen. Figuren, die sich gegenseitig helfen. „In diesem Bild steckt Symbolik“, so Maier. Man sehe, dass Menschen zusammen etwas erreichen könnten, wenn sie zusammenhalten. „Wir brauchen alle. Der, der stark ist, der muss dem Schwachen die Hand geben, damit alle nach oben kommen.“ Das sei das Programm der SPD.
Michael Straub, der als Vertreter der Grünen kam, sagte: „Wir wollen, dass alle gesunde Lebensmittel essen, die gut schmecken und auch nicht so teuer sind.“ Außerdem sei es den Grünen wichtig, dass auch Menschen mit Behinderung ohne Probleme einen Arbeitsplatz bekommen. Und auch für die Barrierefreiheit, z. B. im öffentlichen Nahverkehr, wolle man sich einsetzen.
Die FDP, so Markus Zuschlag, lege Wert darauf, dass alle Menschen einen Kindergarten-​Platz bekommen, eine Schule besuchen können und einen Arbeitsplatz finden. Die FDP wolle ein hindernisfreies Leben schaffen.
Die Linke ist wichtig, findet Susanne Kempf. Die anderen Parteien seien schon lange im Landtag, ihre Partei wolle die anderen daran erinnern, was sie falsch bzw. was sie besser machen könnten. Auch müssten die reichen Menschen den Ärmeren etwas abgeben.
Auch zu der UN-​Konvention sollten die Kandidaten Stellung nehmen. „Menschen mit Behinderung gehören zu uns“, sagte Markus Zuschlag. Jedes Kind solle durch mehrere Schulformen die Möglichkeit erhalten, nach oben zu kommen.
„Die ideale Schule sähe so aus, dass alle zusammen lernen können“, sagte Michael Straub. Die Stärkeren könnten den Schwächeren dann helfen. Denkbar sei auch ein Gebäude für Schüler mit Behinderung und ein anderes Gebäude für Schüler ohne Behinderung – beide könnten aber einen gemeinsamen Pausenhof haben und sich schon von Klein auf einander annähern.
Klaus Maier kam auf den Versuch zu sprechen, der derzeit in Lautern läuft und fügte an, dass die SPD wolle, dass alle Kinder mindestens bis zur 6. Klasse gemeinsam unterrichtet werden. Auch sprach er sich dafür aus, dass Menschen mit Behinderung und Menschen ohne Behinderung gemeinsam unterrichtet werden sollten.
Vieles sei, so Scheffold, in der Realität nicht so einfach umzusetzen. Wichtig sei es, schon beim Bau von Gebäuden, z. B. Schulen, gewisse Änderungen vorzunehmen. Integration sei wichtig. Bei diesem Begriff bekam er die rote Karte gezeigt, das musste er genauer erklären. Eingliedern, einbeziehen, Behinderte teilhaben lassen, verbesserte er sich. Scheffold sagte aber auch, dass niemandem geholfen sei, wenn alle gemeinsam unterrichtet werden, „das hilft weder den Schwachen noch den Stärkeren“.
Die Linke wolle, sagte Susanne Kempf, dass alle Kinder bis zur 10. Klasse gemeinsam in eine Klasse gehen. Das sei überhaupt die wichtigste Änderung, die ihre Partei erreichen wolle.
Arbeit und Beschäftigung war ein weiterer Aspekt, der beim Thema UN-​Konvention angesprochen wurde. Man müsste die Firmen notfalls dazu zwingen, Menschen mit Behinderung einzustellen, sagte Susanne Kempf. Die Gesellschaft müsse sich auf die Schwächeren einstellen, nicht umgekehrt. Keine gute Lösung, findet Markus Zuschlag. Wichtig sei es, die Werkstätten für Menschen mit Behinderung beizubehalten. Michael Straub berichtete von Restaurants, in denen Menschen mit Behinderung die Möglichkeit hätten, zu arbeiten und Klaus Maier sprach sich, wie sein Kollege von der FPD dafür aus, die Werkstätten für Menschen mit Behinderung zu unterstützen. „Die sind ganz wichtig“, sagte auch Scheffold.

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