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Wie die Heubacher Pfarrer Hans-​Peter Bischoff und Sabine Löffler-​Adam für sich persönlich die Fastenzeit gestalten und erleben

Ohne Fastenzeit würde es gar keinen Fasching geben – doch diese religiöse Verknüpfung ist heute vielen Menschen gar nicht mehr bewusst. Dabei sollten die Wochen vom Aschermittwoch bis zum Karfreitag eine Zeit sein, die den Menschen viel für ihr Leben gibt. Zwei Geistliche aus Heubach schildern, wie sie diese Zeit gestalten und erleben.

Donnerstag, 23. Februar 2012
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer


Von Gerold Bauer
HEUBACH. Fastenbräuche gibt es in vielen Kulturen. Denn seit altersher erleben die Menschen, dass der Verzicht auf üppige Nahrung die geistige Wahrnehmung fördert. Wer die christliche Fastenzeit (auch österliche Bußzeit genannt) mit einem reinen Verzicht auf zu viele Kalorien gleichsetzt oder aber auf ein mechanischen Zelebrieren religiöser Fastenrituale reduziert – der hat den eigentlichen Sinn dieser wertvollen Zeit überhaupt nicht verstanden. Darin sind sich der katholische Pfarrer Hans-​Peter Bischoff und die evangelische Pfarrerin Sabine Löffler-​Adam einig. Unabhängig voneinander wurden die beiden Geistlichen aus Heubach von der RZ befragt – und es gab ungeachtet der unterschiedlichen Konfession eine weitgehende Übereinstimmung, wie man als Christ mit dem Thema „Fastenzeit“ umgehen sollte.
„Ich esse ohnehin nicht viel Fleisch, und in der Fastenzeit noch weniger“, räumte die evangelische Theologin im Hinblick auf die landläufige Vorstellung der Fastenzeit ein. Doch der eigentliche Sinn das Fastens besteht für sie in einer Erneuerung des Bewusstsein. „Ich persönlich möchte ein Stressfasten, sprich ich versuche, durch eine bewusstere Zeiteinteilung auf selbst gemachten Stress zu verzichten, um mehr Zeit für die Stille, mehr Zeit für Gott zu haben“. Die evangelische Kirche biete unter dem Leitgedanken „Sieben Wochen ohne“ jedes Jahr aufs Neue eine recht gut nachvollziehbare „Anleitung“ für die Gestaltung der Fastenzeit. Ein spezieller Fastenkalender, der in ihrer Küche hänge, biete für jeden Tag der Fastenzeit kleine Anregungen. Alternativ gebe es in der evangelischen Kirche auch Fastenbriefe, die den Christen helfen, über ihr eigenes Leben nachzudenken und vielleicht manche Weiche in eine andere Richtung zu stellen.
„Es ist zum Beispiel ein guter Ansatz, sieben Wochen lang auf einen falschen Ehrgeiz oder einen übertriebenen Perfektionsanspruch zu verzichten“, sagt Pfarrerin Sabine Löffler-​Adam und fügt hinzu: „Oft stehen wir Menschen uns selbst im Weg, und die Fastenzeit dient auch dazu, durch Innehalten so etwas zu erkennen.“ Dies versuche sie in der Fastenzeit in ihre Predigten und Andachten einfließen zu lassen. Das Thema des besinnlichen Sternstundengottesdienstes, der am 4. März, ab 19 Uhr in der St.Ulrichskirche in Heubach stattfindet, lautet „Sehnsucht“ – und dies passe sehr gut in die Fastenzeit. Das darin enthaltene Wort „Sucht“ sei abgeleitet von „siechen“ und bringe zum Ausdruck, dass ungezügeltes Verlangen krank macht. Dies gelte aber nicht nur für das übermäßige Essen, sondern für alle Abhängigkeiten – zum Beispiel von elektronischen Medien.
„Das eigentliche Problem sind nicht die Kalorien, sondern die Gottvergessenheit unserer Zeit“, betont auch der katholische Pfarrer Hans-​Peter Bischoff. Menschen sollten die Fastenzeit nutzen, um wieder zu lernen, „wie man sich in Gottes Erbarmen fallen lässt“. Wer beispielsweise durch bewussten Verzicht weniger Zeit am PC verplempere, finde Zeit, um im Gebet Gott zu treffen. Dies sei gar nicht so schwer, denn Gott warte ja bereits darauf, dass sich die Menschen an ihn wenden. Und dazu seien auch keineswegs, wie manche vielleicht denken, viele Stunden nötig. „Wenn der Wille vorhanden ist und die Seele bereit, kann man auch in kurzen Momenten des Innehaltens Gott bewusst erleben“, ist der katholische Seelsorger überzeugt und spricht in diesem Zusammenhang von der „Kunst der Tiefenbohrung“ in einer lebendigen Beziehung zu Gott. „Und damit können wir uns wieder neu für die Kraftquelle unseres Glaubens sensibilisieren“, so Bischoff.
Und die österliche Bußzeit sei zwar einerseits vom Verzichten geprägt, andererseits aber auch von der Nächstenliebe. Die Wochen von Aschermittwoch bis Karfreitag sollten vom Nachdenken geprägt sein, davon, was man in seinem Leben ändern und ohnehin das ganze Jahr über tun sollte. „Dazu gibt es viele Signale – zum Beispiel vom Arzt“.
Der Geistliche warnt Gläubige aber davor, die Fastenzeit mit dem seelenlosen Zelebrieren von Ritualen zu verwechseln. „Rituale, wie zum Beispiel das Rosenkranz-​Beten, können sicherlich helfen, einen persönlichen Weg zu Gott zu finden“, räumt Pfarrer Bischoff ein. „Aber das darf keineswegs in eine Leistungsfrömmigkeit ausarten. Es geht nämlich überhaupt nicht darum, dass wir durch Fasten oder Beten Gott zeigen wollen, wie toll wir selbst sind. Wir müssen ihm zeigen, für wie groß wir ihn halten!“. Gott erwarte von den Menschen nicht das formale Ableisten religiöser Pflichten, sondern die Erwiderung seiner Liebe.
Geistliche wünschen sich, dass die Faschingsbegeisterten auch die Fastenzeit bewusst erleben
„Ich würde mir wünschen, dass die Menschen, die den Fasching so intensiv mitmachen, auch die Fastenzeit bewusst erleben wollen“, sagt Pfarrerin Löffler-​Adam. Und ist mit dieser Aussage ganz nahe bei Pfarrer Bischoff. „Ich würde mich freuen, wenn all jene, die sich eine Narrenmesse wünschen, dann auch

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