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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Klinikseelsorger Pfarrer Peter Palm wünscht sich ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Die Pflegekräfte rufen ihn, wenn ein Patient gar nicht aufhören kann zu weinen. Andere kommen von sich aus, und bitten Pfarrer Palm um ein Gespräch. Das häuft sich: Nie war der Bedarf an Klinikseelsorge so groß – und entsprechend wird jetzt um Unterstützung geworben.

Freitag, 27. Mai 2016
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜD /​MUTLANGEN (bt). Das katholische Team ist gut aufgestellt. Auf der evangelischen Seite ist Pfarrer Peter Palm ein Einzelkämpfer, der sich zunehmend schwer tut, den einzelnen Begegnungen die Zeit zu geben, die ihnen zukommt: „Der Bedarf nach Gesprächen ist sehr groß.“ Vieles fließt ein in diese Entwicklung: Etwa, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Blick auf die Fallpauschalen unter dem Druck stehen wirtschaftlich zu arbeiten; Gespräche und Zuwendung, so Peter Palm, kommen da zuweilen zu kurz. Auf der anderen Seite beobachtet er zunehmende Vereinzelung und Vereinsamung – viele Patienten haben niemanden, mit dem sie reden können. Andere wollen ihre Familie nicht noch mehr belasten und geben sich tapfer, während sie zu zerbrechen drohen. Menschen in schwierigen Situationen begleiten Ebenfalls zu beobachten ist, dass Menschen heute zwar viel selbstbestimmter leben, die Freiheit der Lebensgestaltung aber oftmals einhergeht mit der Verpflichtung zum Glücklich– und Erfolgreich sein: Hätte ich nicht mehr machen sollen aus meinem Leben? Oder das Gefühl, verantwortlich zu sein für die Krankheit: Dachten Patienten früher, sie würden gestraft weil sie nicht fromm genug waren, gibt es heute häufig die Ansicht, nicht gesund genug zu leben und nicht ausreichend positiv zu denken habe zum Krebs geführt. Im einen Fall hilft die Glaubenserkenntnis, dass der Mensch getragen wird, dass er seine Grenzen und Begrenzungen akzeptieren lernen und erfahren kann, dass er gerade in seiner Unvollkommenheit liebenswert ist. Zum anderen sagt Pfarrer Palm den Patientinnen und Patienten, dass der Krebs in jedem Menschen angelegt ist: „Das ist wie ein Lotteriespiel.“ Er sagt solche Dinge immer öfter. Vor allem aber wird über die Themen gesprochen die die Patienten vorgeben: Das kann das Gottesverständnis des Alten Testamentes sein; der Garten daheim und die Flüchtlingsproblematik werden ebenso als Gesprächsthema gewählt wie der Krebs: „Das wichtigste Gebot: Patienten bestimmen, was gesprochen wird.“ Dass sie sich einem Seelsorger öffnen, hat wohl auch damit zu tun, dass dieses Gespräch in der Klinik stattfindet und dort auch bleibt – der Gesprächspartner, dem so zutiefst Persönliches anvertraut wird, ist nicht beim nächsten Gemeindefest Tischnachbar, oder bei der Konfirmation der Tochter zu Gast. Weil Peter Palm – viele kennen ihn aus über 20 Jahren in Täferrot – das Gefühl hat, dieser Aufgabe mittlerweile kaum noch gerecht zu werden, dass „punktuell mehr nötig wäre“, will er nun auch auf evangelischer Seite ein Seelsorge-​Team aufbauen. Grundsätzlich muss jemand, der sich für die Seelsorge entscheidet, psychisch stabil sein, in ein gutes Beziehungsnetz eingebunden, im Team begleitet und nicht zuletzt in der Gesprächsführung geschult sein. Einfach ist das nicht. Da trifft es sich gut, dass die evangelische Landeskirche in diesem Jahr ausgerechnet in Gmünd ihren jährlichen Kurs für ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger (KESS) anbietet. Der Seelsorgebezirk hat Pfarrer Palms Bedarf erkannt und ihm vier Plätze in diesem komplett von der Kirche finanzierten Kurs zugesagt. Wer teilnimmt, erhält kostenlos eine intensive Ausbildung in Klinikseelsorge und verpflichtet sich im Gegenzug, nach Abschluss zwei Jahre lang etwa vier Stunden in der Woche im Stauferklinikum zu arbeiten. Dieses Ehrenamt wird von Pfarrer Palm begleitet. Verlangt wird vor allem, dass die Ehrenamtlichen sich Zeit nehmen für Menschen, die im Krankenhaus mit sich, ihrer Krankheit, ihrem Leben oder eben mit der ganzen Welt hadern. Dass sie zuhören und nicht gleich Antworten geben, schwierige Situationen aushalten und nicht gleich beschwichtigen. Zugewandt sind und freundlich, aber nicht aufdringlich; dass sie offen sind für die Menschen und ihre unterschiedlichen Geschichten, der Gegenwart Gottes etwas zutrauen, auch wenn diesen nicht immer direkt benannt wird. Das und anderes mehr ist für Pfarrer Palm Klinikseelsorge, und dafür will er andere gewinnen. Kurs für ehrenamtliche Seelsorgerinnen und Seelsorger erstreckt sich über ein Jahr und beginnt im November 2016. KESS beinhaltet zwölf Kursabende jeweils an einem Mittwoch, fünf Kompakttage, „Learning bei doing“ durch praktische Erfahrungen in der Stauferklinik, die miteinander vorbereitet und in der Supervision nachbesprochen werden. Auf dem Programm stehen verschiedene Themen von der Gesprächsführung bis hin zu Spiritualität und Trauerarbeit sowie die Auseinandersetzung mit der eigenen Person und deren Prägungen. Im Vorfeld finden Auswahlgespräche statt. Vier Plätze sind für die künftigen Seelsorgerinnen und Seelsorger um Pfarrer Palm reserviert. Für sie ist die Teilnahme kostenlos. Anmeldeschluss ist der 19. September 2016. Wer an diesem Angebot interessiert sich, kann sich an Pfarrer Peter Palm wenden. Telefon 0 71 71 701 30 32 oder per mail unter Peter.​Palm@​Stauferklinikum.​de

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