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Nachrichten Schwäbisch Gmünd

Spatenstich für den Neubau der Werkhalle in der Justizvollzugsanstalt Gotteszell

Justizminister Rainer Stickelberger erklärte am Mittwoch Nachmittag, warum Arbeit in der Justizvollzugsanstalt Gotteszell den Frauen bessere Perspektiven für die Zeit nach der Haft gibt. Ingo Rust, Finanzstaatssekretär, machte deutlich, dass ohne den aus dieser Arbeit erzielten Gewinn der Spatenstich zum Neubau kaum möglich gewesen wäre.

Mittwoch, 12. Februar 2014
Rems-Zeitung, Redaktion
3 Minuten Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (bt). 5,7 Millionen Euro werden in den Neubau der Werkhalle in Gotteszell investiert, zentrale Justizvollzugsanstalt für weibliche Gefangene in Baden-​Württemberg. Der Neubau auf dem letzten unbebauten Platz innerhalb der einstigen Kloster– und jetzigen Gefängnismauern bietet Raum für bis zu 120 Arbeitsplätze, insbesondere für die Betriebe Näherei und Schneiderei. Die Arbeitsbedingungen sollen insgesamt besser werden. Arbeit und Ausbildung der Gefangenen wurden gestern mehrfach „Schwerpunkte einer zielgerichteten Resozialisierung“ genannt. JVA-​Leiterin Sibylle von Schneider-​Holl untermauerte die entsprechenden Ausführungen von Justizminister Rainer Stickelberger. Sie sprach von einer zunehmenden Zahl von Frauen, die noch nie eine Struktur in ihrem Tagesablauf und noch nie ein Erfolgserlebnis erfahren hätten: „Viele haben noch nie etwas gekauft mit Geld, das sie selbst verdient haben.“ Viele entdeckten ganz neue Fähigkeiten und Begabungen. Von Schneider-​Holl bedauerte, dass aufgrund von Faktoren wie Haftdauer aber auch Durchhaltevermögen in Gotteszell nicht oft eine Ausbildung abgeschlossen werden könne; verstärkt würden nun gerade im Neubau Hoffnungen in die Qualifizierungskurse gesetzt. Die Arbeit in Gotteszell ist kein Selbstzweck. Finanzstaatssekretär Ingo Rust meinte, die 5,7 Millionen Euro würden vollständig vom Landesbetrieb Vollzugliches Arbeitswesen übernommen; aus dem Hochbautitel des Ministerium lasse sich ein solcher Neubau derzeit nicht finanzieren, so Rust mit Blick auf einen „mehrere Milliarden Euro umfassenden Sanierungsstau bei den über 8000 landeseigenen Gebäuden.“ In der Vergangenheit habe manche Landesregierung einfach an der Sanierung gekürzt, um einen schönen Haushalt vorlegen zu können – kein Häuslesbauer würde aber an der Dachsanierung sparen, wisse er doch, dass das noch ganz andere Kosten nach sich ziehe. Der entsprechende Werteverzehr an den Gebäuden müsse unbedingt im Haushalt abgebildet werden: „Das sind auch Schulden“ – und die seien in der Pro-​Kopf-​Verschuldung noch gar nicht eingerechnet. Ab 2016 werde eine entsprechende Vermögensrechnung präsentiert. Betriebe in den Gefängnissen erwirtschaften Millionenbeträge Während das Land also mit Sonderprogrammen unter anderem auf energetische Ertüchtigung setzt und nur dringende Sanierungsprojekte angeht, hat das „Vollzugliche Arbeitswesen“, das den Neubau finanziert, mit landesweit 17 Niederlassungen zuletzt einen Jahresumsatz von etwa 30 Millionen Euro erwirtschaftet und sich als konkurrenzfähig erwiesen. Dass das Bild vom „Tütenkleben“ in düsteren Räumen mit der Arbeitswirklichkeit in heutigen Justizvollzugsanstalten nichts zu tun habe, war dem Minister wichtig. Der geplante Neubau schließt die bestehende Bebauung nach Osten hin ab und wird sich in Höhe und Material an den Bestandsgebäuden orientieren. Bis zum Sommer 2015 sollen die Bauarbeiten abgeschlossen sein und der Betrieb aufgenommen werden –der dann wohl ebenfalls wirtschaftlich arbeitet. Gmünds Baubürgermeister Julius Mihm fand sichtlich Gefallen am Vorhaben, sprach von anklingenden palladianischenVillen, mithin von einem klassizistisch geprägten Baustil und „würdigem, ordnendem, schön gemachtem Ausdruck“. Grundsätzlich freute er sich, dass sich das Land um Gotteszell kümmert – sonst müsste die Stadt diese Anlage unterhalten und bespielen. Für Gotteszell biete sich hier eine langfristige Perspektive, bei der die Belange des Denkmalschutzes berücksichtigt seien. Grundsätzlich wünschte er sich ein dezentrales offenes Vollzugskonzept, das den Anspruch der Gestaltung von Stadt vertrete – augenzwinkernd räumte er nämlich ein, lieber mit dem Land als mit Investoren zu arbeiten. Wichtig war ihm, die in Gmünd gemeldeten Gefangenen „Bürgerinnen“. zu nennen, auch er blickte auf die Lernnäherei, die fürs Stadtjubiläum Kostüme für die Staufersaga gefertigt hatte.

Vom Kloster zum Gefängnis: Das Kloster Gotteszell wurde 1240 von Dominikanerinnen gegründet und erst 1803 im Zuge der Säkularisierung aufgelöst. Fortan wurde Gotteszell als Zuchthaus und württembergisches Landesgefängnis für männliche und weibliche Gefangene genutzt. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde eine Justizvollzugsanstalt für Frauen eingerichtet.
18 Millionen Euro hat das Land in den vergangenen Jahren in den Ausbau und in die Sanierung der Anlage investiert, unter anderem das Beamtenwohnhaus in ein e Mutter-​Kind-​Abteilung umgewandelt.
Zur Hauptanstalt Schwäbisch Gmünd mit 341 Haftplätzen für Frauen gehört die Außenstelle Ellwangen mit 36 Haftplätzen für Männer. In der Außenstelle Kapfenburg haben 45 Gefangene die Gelegenheit, in einem landwirtschaftlichen Betrieb einer Beschäftigung nachzugehen, woran Sibylle Schneider-​Holl gestern erinnerte; die Leiterin der mehr und mehr an eine eigene kleine Stadt erinnernde Justizvollzugsanstalt wurde gestern mehrfach Bürgermeisterin genannt.

Zum Foto:
Baubürgermeister Julius Mihm, Staatssekretär Ingo Rust, Minister Rainer Stickelberger, Baudirektor Claus Schüßler, Vermögen und Bau Baden-​Württemberg, Amt Schwäbisch Gmünd, Leitende Regierungsdirektorin Sibylle von Schneider-​Holl, Chefin der JVA, Landtagsabgeordneter Klaus Maier und Als Gastgeberin Direktorin Annette Ipach-​Öhmann, Betriebsleiterin der Vermögen und Bau Baden-​Württemberg. Foto: bt

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