Auch in und um Schwäbisch Gmünd rekordverdächtige Zahl an Gewittern

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Die Wetterregel ist derzeit ganz einfach: Nach dem Gewitter ist gleich vor dem Gewitter. So viel Blitz und Donner gab’s selten. Ein Wunder, dass zumindest im Gmünder Raum noch nichts Schlimmeres passiert ist.

Mittwoch, 08. Juli 2009
Rems-Zeitung, Redaktion
159 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (hs). „Der Himmelspapa schimpft“, so wurde einst Kindern das Donnergrollen am Himmel erklärt. Seit Wochen scheint er aus dem Schimpfen gar nicht mehr herauszukommen. Wie im gesamten Süden und Westen Deutschlands, so blitzt, donnert und schauert es auch im Raum Gmünd derzeit nahezu pausenlos. Zwar ist Himmelspapas Schimpfen heutzutage physikalisch gut zu erklären, doch Angst und Schrecken verbreitet das Himmelsfeuerwerk nach wie vor. Ein Wunder, dass bei uns noch nichts Schlimmeres passiert ist. Schäden und teils Schock sind dennoch beträchtlich. Beispiel: Im hochgelegenen Stadtteil Wetzgau-​Rehnenhof haben in den letzten drei Wochen Blitzeinschläge die Hauselektrik mitsamt Computern in einer ganzen Anzahl von Gebäuden lahmgelegt. Im Gäste– und Kongresszentrum Schönblick setzte vor einer Woche Blitzschlag die Telefonanlage außer Betrieb. Und zuletzt am Montag schlug der Blitz in das Weleda-​Besucherzentrum ein, löste Stromausfall und die Brandmeldeanlage aus.
Das diesjährige Gewitterphänomen wird landesweit beobachtet. Wetterexperten bestätigen: Noch nie seit der technischen Möglichkeit, Blitze zu zählen und zu orten, wurden in Deutschland so viele Einschläge am Boden gezählt. Allein in der vergangenen Woche waren es laut einem Bericht der Bild-​Zeitung in Deutschland 600000 Blitze. Auch die Stuttgarter Nachrichten berichten über die schlimmste Unwetterserie in der Region seit vielen Jahren. Der Kreis Ludwigsburg betrauert in Korntal-​Münchingen einen 33-​jährigen Feuerwehrmann und Vater zweier Kinder, der beim Unwettereinsatz ums Leben kam. Im nahen Affalterbach wurde eine 46-​jährige Frau vor ihrem Haus von einem Blitz erschlagen. Blitze sind zwar erklärbare, jedoch nach wie vor unberechenbare Wetterphänomene. Einfach beschrieben handelt es sich um gewaltige Kurzschlüsse, die sich zu 70 Prozent zwischen unterschiedlich geladenen Wolkenbergen abspielen. Doch zu 30 Prozent blitzt es zwischen Himmel und Erde; Hochspannung im dynamischen Wolkengeschehen entlädt sich Richtung Erde. Mit der unvorstellbaren Geschwindigkeit von 100000 Stundenkilometern schießt der so genannte Leitblitz hinab, wo sich ihm zehn bis 150 Meter hoch ein Fangblitz entgegenstreckt.
In Sekundenbruchteilen entladen sich mehrere hundert Millionen Volt. Das kann zu Überspannung in Strom– und Telefonleitungen führen: im weiten Umkreis sind Computer, Fernseher und andere empfindliche Elektronikgeräte gefährdet, wenn sie nicht rechtzeitig vom Netz genommen oder durch eine entsprechende Sicherung geschützt wurden. Der Blitz erhitzt zudem die Luft auf bis zu 30000 Grad. Dadurch kommt auch eine Explosionswirkung zustande. Luft und auch Wasser (Dampf) dehnen sich im „Blitzkanal“ schlagartig aus, was als Donner oder in der Nähe sogar als Druckwelle wahrgenommen wird. Schlägt ein Blitz direkt ins eigene Haus oder in unmittelbarer Nähe ein, ist kein Donner zu hören, sondern „nur“ ein heftiger Knall. Ein Blitzschlag kann lediglich einige Dachziegel vom Haus reißen oder einen Kamin spalten, er kann aber auch Heu, Bäume oder Dachkbalken schlagartig in Brand setzen. Die besagten 30 000 Grad wirken hierbei wie ein gigantisches Streichholz. Auch im Zweifelsfall sollte sofort die Feuerwehr alarmiert werden, die beispielsweise mit Hilfe einer Wärmebildkamera im Dach versteckte Brandnester entdecken und damit Spätfolgen eines Blitzeinschlages vermeiden kann. Der Fangblitz am Boden sucht vorzugsweise Antennen, Bäume, vor allem metallene Gegenstände, um den Leitblitz vom Himmel zu lenken. Wanderer, Fahrradfahrer, Schwimmer, Fußballspieler oder Golfspieler sollten umgehend sichere Gebäude aufsuchen. In der freien Natur überrascht, ist es sinnvoll, sich in einer Mulde ganz klein zu machen. Vor allem: Beine und Füße zusammendrücken, denn bei einem Einschlag in der Nähe kann eine enorme „Schrittspannung“ durch den Körper fließen und gleichfalls zu Verbrennungen oder zum lebensbedrohlichen Herzkammerflimmern führen. Erstaunlich oft können Opfer von Blitzschlägen reanimiert werden, wenn Ersthelfer bis zum Eintreffen des Notarztes Herzdruck– und Beatmungsmaßnahmen durchführen.
Es gibt weiterhin auch wundersam Phänomene, so wie vor wenigen Jahren auf dem Bargauer Sportplatz, wo ein Mann mit Regenschirm vor den entsetzten Blicken von Hunderten Zuschauern vom Blitz direkt getroffen wurde, jedoch nur leichte Verletzungen davontrug.