Die „Tunnelbaustelle Mitte“ gewährt einmalige Aus– und Einblicke auf die Stadt und in 200 Millionen Jahre Erdgeschichte

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Diese ungewöhnlichen Gmünder Aus– und Einblicke gibt es gewiss nur einmal. Der „Bergbau“ auf und im Lindenfirst machen sie möglich. Bis Dezember soll der Rohbau des insgesamt 127 Meter tiefen Entlüftungsschachts in der Mitte des zukünftigen B-​29– oder „Salvatortunnels“ fertiggestellt sein.Von Heino Schütte

Donnerstag, 14. Oktober 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
82 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Mit freundlicher Genehmigung und Schutzausrüstung der Arge Tunnel Schwäbisch Gmünd durften wir gestern zusammen mit den Schachtbauspezialisten „einfahren“. Dies geschieht zunächst jedoch mit einer kleinen „Himmelfahrt“. Denn der 42 Meter hohe Baukran, der gegenwärtig weithin sichtbar auf dem Gmünder Aussichtsberg thront, ist gleichzeitig auch der „Lift“, der Arbeiter, Gerät und Material in den Schacht hinab bugsiert. Nur etwa sieben Meter beträgt der Durchmesser der gegenwärtig etwa 50 Meter tiefen Betonhöhle. Oft hängt sogar ein kleiner Bagger am Kranhaken. Mittels Sprengungen werden Gesteinsschicht um Gesteinsschicht (jeweils bis zu eineinhalb Meter dick) gelockert und abgetragen. Mit Feingefühl und höchster Konzentration, so als steuere er ein Modellflugzeug, geht der Kranführer mit seinem stählernen Riesen um. Auch in diesen goldenen Oktobertagen würde er vielleicht am liebsten ganz oben in der Gondel sitzen und das herrliche Panorama auf die Innenstadt und auf den farbenprächtigen Taubentalwald genießen. Das dürfen ausnahmsweise nur wir. Es öffnen sich herrliche Blicke. Mit einem guten Fernglas könnten wir von dort oben auch direkt auf den Schreibtisch des Oberbürgermeisters im Rathaus blicken. Frech schaut auf der anderen Seite der Kirchturm des St. Salvator aus dem Herbstwald heraus. Links und rechts gibt es einen idealen Überblick auf die beiden Tunnelbaustellen Gmünd Ost und Gmünd West. Und direkt am Fuß des Lindenfirstes zeigen sich die Landesgartenschau-​Projekte. Schade, in dieser Lage würde wohl jeder gerne sofort eine Wohnung mit Aussichtsterrasse beziehen. Und dann schweben wir hinab, tief in den Lindenfirst hinein. Unsere Begleiter vermitteln Ehrfurcht: „Die Gesteinsschichten sind etwa 200 Millionen Jahre alt, legen Sie mich aber bitte nicht fest, ob eine Million mehr oder weniger!“ Zum Vergleich: Etwa 30 Jahre haben die Gmünder diesen Tunnel geplant und für die Realisierung gekämpft. Die Welt ist geduldig.