In Großdeinbach haben schon 100 Bürger genossenschaftliche Anteile fürs Projekt Dorfladen gezeichnet, darunter auch der OB

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Bemerkenswertes wird von der noch jungen Dorf– bzw. Ortsgemeinschaft Großdeinbach entwickelt. Im Blickpunkt steht dabei die Sanierung und Nachnutzung des bisherigen Bezirksamts im historischen Schulhaus, mithin auch die öffentliche Bestandssicherung des Ortszentrums für zukünftige Gestaltungen. Ein schönes Beispiel, wie Bürger sich mit ihrem Heimatort identifizieren und selber die Ärmel hochkrempeln, um Ideen zu realisieren.

Mittwoch, 10. November 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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GMÜND-​GROSSDEINBACH (hs). Am Anfang stand Überraschung und Verärgerung in der Bürgerschaft des Stadtteils, die dann auch im Ortschaftsrat mehrfach artikuliert worden war: Im Zuge des Sparzwangs drängte vor etwa zwei Jahren die Stadtverwaltung und auch der Gmünder Gemeinderat im Nachklang zur seinerzeit eingesetzten Haushaltsstrukturkommission zu einem schnellen Verkauf des stark sanierungsbedürftigen Gebäudes. Das Bezirksamt wurde umgesiedelt in neue Räume, die im Untergeschoss der örtlichen Grundschule freigeworden waren. Angestrebt wurde dann ein Verkauf der alten Immobilie in private Hand, zu der auch der Platz vor dem Gebäude gehört. Was man dem Haus derzeit (noch) nicht ansieht: Es handelt sich um das historische Schulhaus, Baujahr 1907. Da begann bereits manchem heimatverbundenen Großdeinbacher das Herz zu bluten. Die größte Sorge galt in den aufkeimenden Diskussionen jedoch der Ortskernentwicklung. Die kritische Fragestellung: Gibt die Stadtverwaltung alle Optionen für eine zukünftige Gestaltung eines beschaulichen Dorfzentrums damit aus der Hand? Allein schon der heute vorhandene Parkplatz wird verstärkt für öffentliche Veranstaltungen genutzt, so für den beliebten Weihnachtsmarkt der Vereine oder fürs Maibaumstellen der Feuerwehr.
Obwohl der Verkauf schon fast entscheiden war, redeten engagierte Bürger Ortschaftsrat und auch der Stadtverwaltung erneut ins Gewissen. Und es gab plötzlich Ideen und Impulse, die zunächst wagemutig aussahen, jedoch bei einer Bürgerversammlung konkret Gestalt annahmen. Im Kernpunkt handelt es sich um die Initiative für Gründung einer genossenschaftlich orientierten Dorfgemeinschaft für Sanierung des ortsbildprägenden Gebäudes, für Erhalt des Platzgefüges und ganz besonders für Einrichtung und Trägerschaft eines kleinen Lebensmittelmarktes. Man orientierte sich an zwei erfolgreichen Nahversorger-​Beispielen aus dem Kreis Schwäbisch Hall. Auf Anhieb traten fast 100 Großdeinbacher dieser Initiative bei, die nun als „Ortsgemeinschaft Großdeinbach e.V.“ die weiteren Schritte vorantreibt. Die Mitglieder zeichneten auch Anteile von jeweils 100 Euro fürs Startkapital, was durchaus gute Renditeaussichten beinhaltet. „Diese Anteile sind auch eine ganz wichtige Symbolik“, berichtet Vorsitzender Wolfgang Kleinrath. Oberbürgermeister Richard Arnold zeigte sich so angetan, dass er zwischenzeitlich gleichfalls „Genosse“ wurde. „Wir begleiten das extrem positiv“, betonte gestern auf Anfrage Rathaus-​Pressesprecher Markus Herrmann. Obwohl es in den letzten Wochen etwas leise um das Dorfladen-​Projekt geworden sei, werde im Hintergrund rege am Finanzierungs– und Sanierungskonzept gearbeitet, bestätigen sowohl Kleinrath als auch Herrmann. Die Einschätzung von Ortsgemeinschaft und Stadtverwaltung: Noch in diesem Jahr werde eine endgültige Entscheidung über die weitere Vorgehensweise erwartet. Auf rund 850 000 Euro werden die Investitionskosten für die Sanierung veranschlagt, wobei auf eine ortsbildgerechte Wiederherstellung der unter einer grauen Verkleidung verborgenen Fassade großen Wert gelegt wird. Gespannt warten die engagierten Bürger von Großdeinbach auf die Verkaufskonditionen der Stadtverwaltung. Der Rathaus-​Sprecher verspricht: „Selbstverständlich werden die so gestaltet, dass das Projekt einen sicheren Start erhält.“ Die derzeitige „Wartezeit“ sei dadurch bedingt, dass die Stadtverwaltung an den besten Bedingungen zugunsten des Vereins arbeite. Zuversichtlich zeigen sich die Partner, dass Großdeinbach 2011 damit auch ins Landesförderprogramm Entwicklung Ländlicher Raum kommt. Weiterhin ist auch die Kreissparkasse an diesem Standort interessiert, so dass zusammen mit dem Lebensmittelmarkt die untere Etage belegt sein dürfte. In den oberen Etagen sind Wohnungen geplant. „Zunächst das Wichtigste ist, dass es uns gelungen ist, die Fläche rund um das Gebäude für öffentliche Nutzungen und spätere Planungen für ein Großdeinbacher Ortszentrum zu retten“, freut sich Wolfgang Kleinrath.