Bibelabend der Katholischen Arbeitnehmerbewegung Bargau

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Einen „Bibelkurs für Fragende“ bietet die KAB Bargau zur Zeit in Zusammenarbeit mit der Katholischen Erwachsenenbildung an. Der Diplomtheologe und –pädagoge Hubert Pfeil referierte am ersten Abend über das biblische Schöpfungslied.

Freitag, 19. November 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
132 Sekunden Lesedauer

GMÜND-​BARGAU (ben) – Rainer Wamsler erinnerte in seiner Begrüßung an die Aktualität des Themas. In der Diskussion um die Präimplantationsdiagnostik gehe es auch um das mögliche Eingreifen des Menschen in die Schöpfung.
Hubert Pfeil ging von der These aus, dass jeder Mensch eine bestimmte Beziehung zur Schöpfung habe und diese unterschiedlich deute. Er ging sodann auf naturwissenschaftliche Erklärungsversuche ein wie die Urknall-​Theorie oder Darwins Evolutionstheorie. Aufschlussreich war der Vergleich des babylonischen Schöpfungsmythos Enuma Elisch (12. Jh v. Chr.) mit den Texten des griechischen Dichters Hesiod (um 700 v. Chr.) und des römischen Schriftstellers Ovid (43 v. Chr. bis 17 n. Chr.), die alle Gemeinsamkeiten mit der Bibel aufweisen. Hörbeispiele aus dem Oratorium „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn und die Projektion des Bildes „Schöpfung“ von Sieger Köder veranschaulichten den Besuchern die künstlerische Auseinandersetzung mit der Thematik. Nachdem Fragen der Zuhörer gesammelt wurden, ging es um die Überlegung, was die Verfasser des biblischen Textes den Israeliten seinerzeit sagen wollten. Die Bibelwissenschaft ordnet die erste Schöpfungserzählung der so genannten „Priesterschrift“ zu, die vermutlich entweder am Ende des babylonischen Exils (ca. 530 v. Chr.) oder nach der Errichtung des neuen Tempels in Jerusalem (ca. 515 v. Chr.) verfasst wurde.
Deren Absicht sei nicht, zu erklären, wie unsere Welt physikalisch entstanden ist. „Sie will und kann unsere Welt deuten als eine Wirklichkeit, die zwar immer wieder bedroht, aber von Anfang an als ein Zuhause für alle Lebewesen gedacht ist.“ Eine solche Deutung könne man auch heute nur glauben, nicht beweisen.
Die ersten beiden Worte der Bibel „Im Anfang“ seien nicht als Zeitangabe zu verstehen, sondern meinten etwas Grundlegendes, immer Gültiges. Eigentlich müssten sie eher „im Prinzip“ übersetzt werden. Genesis 1 sei zudem kein sachlicher Bericht, sondern ein Lied, das emotional ansprechen wolle. Von Bedeutung sei auch, dass die Schöpfung nicht etwa aus dem Nichts beginne, sondern mit dem Chaos, das von Gott geordnet wurde. Diese inhaltliche Aussage werde noch mit der literarischen Form von Genesis 1 unterstützt, die klar strukturiert sei. Schließlich sei die Schöpfung als Lebenshaus gegen die Mächte des Chaos gedacht. Radikal neu sei die Vorstellung der Bibel, dass nicht der Pharao oder der König, sondern jeder Mensch ein „Ebenbild Gottes“ sei, was einer Demokratisierung der sonst exklusiv Herrschenden vorbehaltenen Repräsentation Gottes gleichkomme. Einmalig in einer patriarchalischen Welt sei auch die Gleichwertigkeit von Frau und Mann, die beide Gott gleichermaßen vergegenwärtigen. Der göttliche Auftrag, die Erde zu bevölkern und zu unterwerfen – häufig genug missbraucht – dürfe nicht als Aufforderung zur Willkür-​Herrschaft verstanden werden, sondern solle eine fürsorgliche Wahrnehmung der Verantwortung für die Erde und ihre Geschöpfe veranlassen. Nicht der Mensch sei biblisch gesehen die Krone der Schöpfung, sondern der Sabbat, der Tag der Freiheit, an dem sich der Mensch immer wieder in der Gegenwart Gottes sammelt und versammelt. Diesem hochinteressanten Vortrag folgt am kommenden Montag, 22. November, um 19.30 Uhr im Kath. Gemeindehaus Bargau ein Referat der PH-​Dozentin Dr. Gabriele Theuer zum Thema „Die Welt – ein geschenkter Lebensraum – ein Paradies, aus dem die Menschen herausgefallen sind“.