Nächstes Jahr will die Stadt die Fabrik an einem Tag für die Öffentlichkeit öffnen — und wer will, darf sich etwas mitnehmen

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Das Deyhle-​Areal ist das letzte größere, innerstädtische Fabrik-​Grundstück, das die Möglichkeit einer vielfältigeren Nutzung bietet und wo sich zugleich eine besondere, urbane Wohnqualität herausbilden könnte. Gestern trafen sich Interessierte, Anwohner und Planer zum ersten Mal zur „Bürgerwerkstatt“.

Freitag, 26. November 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (rw). Der Gemeinderat hat das Bebauungskonzept für das Deyhle-​Areal beschlossen. Zum Zuge kommen soll das städtebauliche Konzept der Schatz Projectbau aus Schorndorf. Vor der ersten „Bürgerwerkstatt“ im Rathaus trafen etwa 20 Leute zu einem Rundgang auf dem Deyhle-​Areal und in der seit Ende der 90-​er Jahre stillgelegten Fabrik, die einst einen der großen Namen der Gmünder Silberwarenherstellung trug. Künftig soll hier „Wohnen am Königsturm“ stattfinden.
Eigentlich handelt es sich um zwei Grundstücke: Das Grundstück Duijm an der Nordost-​Ecke und das eigentliche Grundstück Deyhle. Zum Areal gehören auch das Hotel Einhorn und das Geburtshaus von Bischof Keppler - beide denkmalgeschützt — in der Rinderbacher Gasse, wo man einen Blick auf die barocke Treppe warf. Anschließend ging es eine federnde, steile Eisentreppe hinab in einen Gewölbekeller von erstaunlicher Größe, den wohl nur wenige kennen. Er wurde eher zufällig entdeckt. Vermutlich, so erläuterte es Alfred Duijm, stammt er aus dem frühen 18. Jahrhundert und war Brauereikeller der Gaststätte Rose. Der Keller steht ebenfalls unter Denkmalschutz und muss erhalten werden. Zu erhalten ist auch die Rechbergsche Scheuer, das mächtige Fachwerkgebäude mitten im Fabrikareal — sie hat aber das Zeug, zum Herzstück des gesamten neuen Quartiers zu werden.
Etwas abenteuerlich war der Rundgang durch die Fabrik selbst. Es gibt dort keinen Strom, im Schein von Taschenlampen zog die Runde durch Büros und Produktionsstätten, vom Erd– bis ins Dachgeschoss, Baudezernent Julius Mihm und Liegenschaftsamtsleiter Gerhard Hackner voraus.
Vieles in der Aufteilung bei Deyhle erinnert an die Ott-​Pausersche Fabrik. Aber es sieht wüst aus. Als Deyhle Ende der 90-​er Jahre in Insolvenz ging, verließen die Mitarbeiter von einem Tag auf den anderen die Fabrik. Was wertvoll und brauchbar war, wurde ausgeräumt und verwertet. Aber es blieb genug zurück, um Vandalen anzulocken. Sie verwüsteten vor zwei Jahren die Büros, durchwühlten Schränke und Verpackungskisten und zerstörten vollends, was an wertlosen Materialresten vorhanden war.
Im ersten Quartal 2011 will die Stadtverwaltung voraussichtlich einen „Offenen Tag bei Deyhle“ veranstalten; man kann die Fabrik noch einmal besichtigen — und mitnehmen, was einem gefällt.
Im Rathaus ging Julius Mihm auf die Zukunft des Deyhle-​Areals ein. Bis zur Landesgartenschau 2014 will man dort etwas anbieten können, die Planungsphase müsste 2012 abgeschlossen sein. „Wir haben kein vorgefertigtes Konzept und schon gar keine Fassadenvorschläge“, so Mihm, „aber wir wollen ein breites Angebot an unterschiedlichen Wohnungstypen und Wohnformen“. Junge Familien sollen sich dort ebenso wohlfühlen wie Ältere. Gleichzeitig soll eine kulturelle Nutzung möglich sein, beispielsweise durch Ateliers. Lofts könnten in die Rechbergsche Scheuer, die Höfe mit ihren privaten und halbprivaten Gärten könnten als Begegnungsstätten dienen. Alle Wohnungen sollen an die gemeinsame Tiefgarage angebunden sein, die Zufahrt befindet sich in der Rinderbacher Gasse. „Gemeinschaft ist das Ziel“, sagte Schatz-​Vertriebsleiterin Andrea Nies.
Unter den Teilnehmern entspann sich eine Diskussion über die Vereinbarkeit unterschiedlicher Bedürfnisse. Manche hätten es gerne ruhig, andere denken eher an Ateliergemeinschaften im Fabrikriegel an der Imhofstraße — der eigentlich abgerissen werden soll. Deutlich wurde das Interesse am zentrumsnahen Wohnen und daran, wie dieses Quartier mit dem Königsturm als urbanes Zeichen ein eigenes Profil erhält im Zusammenhang mit den anderen Vierteln der Innenstadt.

Die nächsten Treffs der Bürgerwerkstatt sind am Montag, 6. Dezember, und am Donnerstag, 9. Dezember, jeweils von 18 bis 20 Uhr im Rathaus, kleiner Sitzungssaal. Für den 15. Dezember ist die große Präsentation der Gmünder Wohnungsmarkt-​Studie vorgesehen.