Heute wird auf dem Hohenrechberg die letzte Maiandacht gefeiert /​Pfarrer Stegmaier freut sich über Interesse und Bewunderung

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Viele Menschen im Gmünder Raum sind enttäuscht von diesem Mai. Doch die außergewöhnlich vielen Regentage haben auch etwas Gutes: Schon lange nicht mehr zeigte sich die Natur zum morgigen Beginn des Sommermonats Juni so tiefgrün und damit kerngesund. Heute wird u.a. auf dem Hohenrechberg der Wonne– und Marienmonat Mai verabschiedet.

Montag, 31. Mai 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
159 Sekunden Lesedauer

GMÜND-​RECHBERG (hs). Der 707 Meter hohe Wallfahrtsberg ist besonders im Marienmonat Mai ein beliebtes Ziel von Pilgern aus der nahen und weiten Umgebung. Die Wallfahrtskirche ist der heiligen Maria geweiht. Das Gnadenbild der „Schönen Maria“ steht im Zentrum des Hochaltars der barocken Kirche. Besonders gerne machen Pilger und Wanderer auch am Marienbildnis am Kirchenäußeren auf der Ostseite Station, um zu beten und innezuhalten.
Pfarrer Klaus Stegmaier weiß zu berichten, dass die Platzierung der Mariendarstellung an dieser Stelle kein Zufall ist. Denn sie grüßt sozusagen im fernen Blickkontakt über Rems– und Kochertal hinweg zum Schönenberg bei Ellwangen hinüber, gleichfalls eine der bekanntesten Wallfahrtsstätten in Ostwürttemberg. Zur Beliebtheit der „Wallfahrt zur Schönen Maria“ auf dem Hohenrechberg im Wonnemonat Mai trägt natürlich auch das wunderbare Naturerlebnis bei: Lindgrün erstrahlen die Wälder, im Besitz und sorgsam gepflegt von der Forstverwaltung des Grafen von Rechberg.
So finden den ganzen Marienmonat hindurch feierliche Maiandachten in der Wallfahrtskirche statt. Pfarrer Klaus Stegmaier freut sich zum diesjährigen Abschluss über ein reges Interesse, vor allem auch über viel Bewunderung vor allem auch von weitgereisten Pilgern. Der Geistliche zitiert Gläubige, die beschreiben, dass sie noch nie eine solch schöne, in die Natur gebettete Marienwallfahrtsstätte besucht hätten. Das mache die Rechberger natürlich stolz. Deren Verbundenheit mit ihrer Kirche sei intensiv. Ein Beispiel von vielen: Zum heutigen Abschluss der Maiandachten habe ein Bürger aus dem Stadtteil, der einen runden Geburtstag feiere, spontan einen prächtigen Blumenschmuck für das Gotteshaus gestiftet.
Die letzte feierliche Maiandacht in diesem Jahr beginnt heute um 14 Uhr. Ein Fahrdienst auf den Berg steht bereits ab 13 Uhr zur Verfügung. Pfarrer Stegmaier und Diakon Betz werden die Maiandacht zelebrieren, wobei die traditionellen und festlichen Marienlieder mit ihrer tiefen Verehrung gewiss wieder Herz und Gemüt der Pilger ansprechen werden. Pfarrer Stegmaier erörtert im Heimatbuch des Stadtteils die Fragen nach den Ursprüngen und der Geschichte der Marienwallfahrt. Er und auch andere Historiker halten es für möglich, dass sich auf dem exponierten, felsigen Berg mit seinem Plateau schon in alemannischer, römischer und damit vorchristlicher Zeit eine Kult– und Opferstätte befunden haben könnte. Auch der Weitblick (an klaren Tagen bis zu den schneebedeckten Alpenspitzen) hat gewiss seit Menschengedenken eine besondere und vor allem zauberhafte Anziehungskraft auf die Menschen ausgeübt. Schon sehr früh, so beschreibt Klaus Stegmaier, stoße man auf Überlieferungen, wonach auf dem Hohenrechberg ein Heiligtum der Gottesmutter errichtet worden sei. Eine hölzerne Kapelle vermutlich, mit einem Marienbildnis versehen. Ein von einem Einsiedleraus Lindenholz geschnitztes Marienbild, so die Überlieferung weiter, habe dann im 11. Jahrhundert die Wallfahrt ausgelöst. Laut dem von Pfarrer Bolter bereits 1946 herausgegebenen Kirchenführer hätten sich die Menschen rund um den Rechberg von dieser Wallfahrtsstätte mit dem Gnadenbild wundertätige Kräfte versprochen. Sowohl leibliche als auch seelische Nöte wurden von den Menschen auf den Berg hinauf getragen.
Eine traurige Legende rankt sich um diese Stätte: Ein einsamer Wandermönch soll seinerzeit auf dem Berg tot aufgefunden worden, „ein Bildnis Unserer Lieben Frau fest umschlungen haltend“. Immer wieder ist in Chroniken und Reiseberichten die Rede davon, dass es sich beim heutigen Gnadenbild noch um jenes handelt, welches der fromme Waldbruder sterbend in seine Hände klammerte.
Die Wallfahrt erlebte Höhen und Tiefen sowie eine wechselvolle Geschichte im Spiegelbild politischer Turbulenzen. Doch nie ließen die Menschen davon ab, diesen Ort der Volksfrömmigkeit in großen Scharen zu besuchen.
Das gräfliche Haus zu Rechberg veranlasste 1686 den Bau der heutigen Wallfahrtskirche. Baumeister Valerian Brenner vereinigte Barock und Renaissance-​Elemente und setzte dem Marienberg sozusagen die Krone auf, die alle Pilger schon von weitem grüßt.