Nachbetrachtung zur Juryentscheidung des Gamundia-​Investorenwettbewerbs, der jetzt nach der langen Planungszeit wie ein unüberhörbarer Startschuss wirkt

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Von einem „Aha-​Effekt“ spricht begeistert Oberbürgermeister Richard Arnold. Eher pragmatischer die Feststellung von Baubürgermeister Julius Mihm: „Ich bin zufrieden.“ Der am Freitag mit einer Jury-​Empfehlung abgeschlossene Investorenwettbewerb für das wichtigste Zukunftsprojekt der letzten Jahrzehnte für die Gmünder Innenstadt hat am Stadtfest-​Wochenende für viel Gesprächsstoff gesorgt. Von Heino Schütte

Montag, 14. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
147 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND. Es wirkt so, als wurde nach der sehr langen und oft sehr schwierigen Planungsphase für das ineinander verzahnte Jahrhundertprojekt Landesgartenschau/​Gamundia-​Bebauung nun ein unüberhörbarer Startschuss für den Weg in die Gmünder Zukunft abgefeuert. Lauter als sonst schien am Samstag auch das „Knälle“ zu dröhnen, als die Altersgenossen den Eintritt ins Schwabenalter und damit das „G’scheitwerden“ nach 40 Lebensjahren feierten. Fast die gleiche Zeitspanne wird es sein, wenn 2014 die Bürger und Besucher das neue Gesicht der Stadt bewundern können — und sich dann vielleicht zurückerinnern an die erste Gamundia-​Idee, die vormals Medienkünstler und Stadtgestalter Walter Giers ins Spiel gebracht hatte (nachzulesen auch im Zukunfts-​Buch „Stadtkultur“, erschienen zur Jahrtausendwende im Verlag der Rems-​Zeitung). Als junger Kreativer und aufgeschlossener Visionär aus der Gmünder Designer-​Schmiede hatte Giers schon in den 60er– und 70er-​Jahren die Augen dafür geöffnet, dass dieses Ensemble Altstadt/​Zusammenfluss von Rems und Josefsbach/​Stadtgarten einen Mehrwert habe, den man durch mutige gestalterische Maßnahmen aus dem Dornröschenschlaf holen sollte. Später kam der Niedergang des Kaufhaus-​Klotzes Horten hinzu. Die Ideen aus dem Investorenwettbewerb zeigen, dass die Gmünder nun ganz nah am Ziel ihrer Gamundia-​Träume angelangt sind. Eine etwa dreijährige Realisierungszeit folgt freilich noch, in der gewiss auch am einen oder anderen großen und kleinen Detail gefeilt werden darf. Doch erstmals können nun die vielen interessierten Bürger einen konkreten Eindruck davon gewinnen, was die Jahre des Verhandelns, Abwägens und Ringens hervorgebracht haben. Diese Jahre des Nachdenkens haben sich gelohnt. Nicht zuletzt durch lebendiges Bürgerinteresse entstand jetzt dieser Entwurf, der, so signalisieren die ersten Reaktionen, zwei Strömungen in der Gmünder Identität als Zukunftskapital dieser Stadt vereint: Modernes Zukunftsdesign und die traditionelle Weltoffenheit auf der einen Seite und der Stolz auf das historische Stadtbild, das dank glücklicher Umstände seinesgleichen in der Region sucht, auf der anderen Seite. Als die ersten Planungen auftauchten, die das gesamte Gamundia-​Areal plattmachen und mit Neubauten ersetzen wollten, die den Rest der Innenstadt überragt hätten, sprach mancher Gmünder gar schon ernsthaft von Aussiedlerplänen, weil dann das „nicht mehr meine Heimatstadt gewesen wäre“. Dabei geht’s nicht so sehr um die Einzelfrage des jetzt selbstverständlich gewordenen Erhalts des vertrauten Postamt-​Kopfbaus, sondern um die Gesamtbetrachtung, wie man mit einer Stadt umgeht, die nicht nur gestern, sondern auch morgen und übermorgen ihr Kapital auch aus einer stolzen Historie schöpft. Das Finale des Investorenwettbewerbs hat dies nun berücksichtigt, wie am Freitag OB Arnold und Baubürgermeister Julius Mihm wiederholt andeuteten. Der SEPA-​Entwurf beinhaltet keine Betonklötze, sondern verspricht eine Klinkerarchitektur, mit der in vergleichbaren Städten sehr gute Erfahrung gemacht worden sei. Mit Respekt umfasst der Entwurf des zukünftigen Einkaufszentrums auch die historische Häuserzeile der Ledergasse, stellt sogar im Norden entlang der Remsstraße den Eindruck der mittelalterlichen Stadtmauer wieder her, wie Bürgermeister Mihm eine interessante Sichtweise schilderte. Integriert wird auch die Fassade mit dem verspielten und typisch Gmünder Erkertürmchen an der ehemaligen Bierakademie, die mitsamt Nachbarhaus erhalten bleibt. Das Parkdeck auf dem Hauptbaukörper wird mit einer Dachlandschaft so aufgegliedert, dass die oft klotzartige Erscheinung solcher Konstruktionen hier vermieden wird. Der Hotelturm am Gamundia-​Boulevard könnte als „Gmünder Leuchtturm“ gewiss noch markante Ideen vertragen: Eine typische Gmünder Turmhaube, aber aus Glas. Vielleicht mit Aussichtscafe — mit Blick auf Münster, Johanniskirche, die Klöster usw. — und vor allem auf eine gute Zukunft. Gmünd kann jetzt in seiner Aufbruchstimmung doppelt stolz sein.