Gestern Abend wurde im Foyer der Kinderklinik ein Bunter Kreis Schwäbisch Gmünd gegründet

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Manchmal reicht ein buntes Pflaster nicht aus. Manchmal ist ein Kind schwerstkrank — und die Familie überfordert. Künftig gibt es auch in Gmünd eine Institution, die hilft: Der Bunte Kreis wurde gestern Abend gegründet.

Mittwoch, 16. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
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SCHWÄBISCH GMÜND (bt). „Der Bunte Kreis schafft Möglichkeiten, Eltern zu unterstützen, die überfordert sind“, erklärte Krankenhausdirektor Walter Hees gestern – und ließ keinen Zweifel daran, wie froh er ist, dass diesen Eltern von Frühgeborenen sowie chronisch und schwerstkranken Kindern künftig geholfen werden kann. Sein Dank galt vielen. Christiane Eichenhofer etwa, deren „Tour Ginkgo“ die materielle Voraussetzung für den jüngsten Bunten Kreis in Deutschland schafft. Oder Prof. Kurt Weigand, früherer Chefarzt, der seit fünf Jahren im Ruhestand ist und sich der Klinik und insbesondere ihren kleinen Patienten noch immer so verbunden fühlt, dass er den stellvertretenden Vorsitz übernommen hat. Ganz besonders dankte Hees dem Vorsitzenden des gestern Abend aus der Taufe gehobenen Vereins, Dr. Jochen Riedel, Chefarzt der Kinder– und Jugendmedizin, der so vieles voranbringe, und dem nichts zu viel sei für diese Klinik.
Bürgermeister Dr. Joachim Bläse sah beim Blick in die Runde vor allem Institutionen, sowie Fachleute, die im Kontakt stehen werden zu betroffenen Familien. Ihnen zu helfen, diesen Familien zu helfen, sei die Aufgabe aller (siehe unten). Er führte vor Augen, was etwa eine Frühgeburt für eine Familie bedeutet, und dass es bislang keinerlei Strukturen gebe, ihr beizustehen. Jede Familie müsse für sich selbst sehen, dass sie zurecht komme und alleine für ihre Anliegen kämpfen. Er setze nun all seine Hoffnungen auf den Bunten Kreis als Anlaufstelle, der ganz andere Rahmenbedingungen schaffe, der versorge, betreue, vernetze.
Jochen Riedel riss kurz an, was geplant ist: sozialmedizinische Nachsorge, die beim Übergang vom Krankenhaus ins heimische Kinderzimmer begleitet und einer Familie hilft, zu Hause mit der neuen Situation zurecht zu kommen, medizinisch-​pflegerische Fragen zu klären und anderes mehr. Auch er bedankte sich bei Christiane Eichenhofer und ihrer Tour Ginkgo, die in diesem Jahr dem Gmünder Raum, dem gesamten Ostalbkreis und ausdrücklich auch Alfdorf hilft und damit finanziert, was ansonsten nicht leistbar wäre. Empfohlen ist übrigens ein „Bunter Kreis“ für eine ganze Region, mit Dependancen in allen Kinderkliniken.
Was genau ein „Bunter Kreis“ für eine Familie in Not tun kann, erklärte Dr. Friedrich Porz, Oberarzt einer Augsburger Kinderklinik, der vor fast 20 Jahren Gründungsmitglied war — mittlerweile gibt es in diesem Qualitätsverbund 62 Nachsorgeeinrichtungen. In Augsburg sei diese Institution fest in der Stadtpolitik verankert, was er auch den Gmündern wünsche. Porz nannte Voraussetzungen für ein gutes Gelingen, die bei der jüngsten Vereinsgründung alle gegeben seien — etwa die intensive Zusammenarbeit mit der Kinderklinik. Die Verzahnung zwischen stationärer und ambulanter Medizin sei nicht selbstverständlich, entlaste aber alle Beteiligten, das ganze System. Im Detail ging er auf die in all den Jahren erarbeiteten Nachsorgeleistungen in den Bereichen der Pflege, Sozialpädagogik, Psychologie, Diätetik etc. ein, die, wie alles, was auf dann eine Familie einströmt, in einem Fallmanagement koordiniert werden. Einer Familie zu helfen, mit der Erkrankung des Kindes und veränderten Lebensbedingungen zurecht zu kommen, bedeute Orientierung am Bedarf des Einzelnen – es gibt kein Pauschalrezept. Geholfen wird ganzheitlich: Das reicht von der Stillberatung bis zum familienentlastenden Dienst, und bei den Hausbesuchen der beteiligten Fachleute werde intensiv über psychosoziale Probleme gesprochen, „von denen Ärzte normalerweise niemals erfahren“. Großes Anliegen: „Betroffene werden vor allem kompetent gemacht, damit sie sich selbst helfen können“.
Studien hätten nachgewiesen, so Porz, dass diese Begleitung in allen Bereichen zu Verbesserungen führe: Die erneuten Klinikaufnahmen etwa beliefen sich auf weniger als 50 Prozent. Und den Familien gehe es deutlich besser.