Das Jubiläum einer Mädchenklasse zu feiern, ist gar nicht so einfach: Der Abiturjahrgang 1960 hat’s geschafft.

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Detektive arbeiten so. Und Gmünderinnen, die sich nach 50 Jahren an die Herkules-​Aufgabe wagen, ihre alte Mädles-​Klasse zusammenzutrommeln. Die Lieblings-​Lehrerin Fräulein Reichert ausfindig zu machen, war vergleichsweise einfach. All die Mühe aber, da sind sie sich einig, hat sich gelohnt.

Mittwoch, 23. Juni 2010
Rems-Zeitung, Redaktion
148 Sekunden Lesedauer

SCHWÄBISCH GMÜND (rz). Das Gesicht war ihr vertraut. Und es war Klassentreffen. Also nahm Eva Rieg die Unbekannte in den Arm: „Ich kenn Dich, hilf mir mit dem Namen weiter“. Die alte Dame lachte herzlich, verriet aber vorerst niemandem, dass sie nicht als ehemalige Schülerin gekommen war; Dr. Renate Klemm, früher das Fräulein Reichert, hat die Mädchen einst unterrichtet. Die 81 Jahre sind ihr ganz bestimmt nicht anzusehen, die elf Jahre Altersunterschied längst bedeutungslos geworden: „Sie unterscheidet sich kaum von ihren ehemaligen Schülerinnen“, war eine oft gehörte Bemerkung bei diesem Treffen. Wenig später war es, als hätten sie alle sich nie aus den Augen verloren: Frauen des Abiturjahrgangs 1960 am Hans-​Baldung-​Gymnasium lachten miteinander, tauschten Geschichten und Geschichtchen aus – und natürlich ist man beim „Du“ geblieben. 50 Jahre waren wie weggewischt.
Zurück in die Vergangenheit
Freundschaften werden erneuert.
Als sich Eva Rieg, Moni Mletzko, Heide Gräter, Ilse Hirner und Margret Klotzbücher Anfang des Jahres im Margrit trafen, um ihr Jubiläums-​Klassentreffen zu organisieren, erlebten sie eine erste Ahnung dieser Vertrautheit und beschlossen spontan, sich noch einmal und künftig jedes Jahr zu treffen. Das eigentliche Treffen übertraf dann alle Erwartungen: „Unglaublich, wie wir alle aufeinander zugegangen sind“; eine Vertrautheit habe sich eingestellt, die zutiefst anrührend gewesen sei. Uralte Freundschaften wurden und werden wiederbelebt; so traf Eva Rieg dieser Tage völlig unerwartet auf Alwine, ihre Lieblingsfreundin aus Schultagen, deren Sohn in Bettringen dirigiert. Ganz erstaunlich auch, wie viele zu diesem Treffen gekommen waren und welche Mühen sie auf sich genommen haben. Künstlerin Ute Goggins, geborene Schwarz, war aus Kalifornien angereist, die Ärztin Dr. Sibylle Cournac, geborene Nuber, aus Paris.
Die Vergangenheit wurde lebendig in diesen Tagen – etwa der Umzug von St. Ludwig in den HBG-​Neubau, der ja längst der Altbau ist. Dr. Heide Vogel hat sich die Mühe gemacht, von Berlin aus die „Ehemaligen“ ausfindig zu machen und nach Gmünd einzuladen. Dass das Fräulein Reichert heute Klemm heißt und in Hohenstaufen lebt, war leicht. Aber wo wohnt Uta Falkenberg, wer weiß wie Heidi Fauth, Rosemarie Schütz, Hildegard Nagel oder Inge Wybitul heute heißen? Gemeinsam haben sie’s dann geschafft: Inge heißt jetzt de Maight, Rosemarie hat einen Michels geheiratet.
Getroffen hat sich die Klasse von 1960 bereits am Freitagnachmittag, um Barbara Schuhmacher-​Deetjen, die ihre Schulfreundinnen so furchtbar gerne treffen wollte, am Wochenende aber verhindert war, diesen Wunsch zu erfüllen. Der Anteil derer, die der Einladung gefolgt waren, ist ziemlich beeindruckend: 45 wurden eingeladen, nur drei sagten ab.
Nach einem ausgiebigen ersten Beschnuppern im Straßdorfer „Löwen“ ging’s am Abend ins Unterbettringer „Lindeneck“. Am Samstag dann führte HBG-​Rektor Manfred Reichert die Damen durch seine Schule, und nach einem kleinen Umtrunk waren der Deutsche Kaiser und insbesondere das Miedermuseum in Heubach die nächsten Ziele. Und weil sie schon mal da waren, freuten sie sich auch gleich an einer historischen Schulstunde mit Anklängen ans 18. Jahrhhundert. Wer wollte, und vor allem die Auswärtigen waren sehr interessiert, stattete dem Triumph Werksverkauf einen Besuch ab. Nach einem Abend im Waldstetter Hölzle ging’s am nächsten Morgen mit Hiltraud Nolte zum Stadtbummel, und nach dem Essen im Rokokoschlössle stiegen die Schulfreundinnen auf den Salvator, um sich am umwerfenden Blick auf ihre Stadt zu freuen. Und wieder einmal klang ein Tag mit Gesprächen aus, die kein Ende nehmen wollten: „Wisst ihr was, das machen wir wieder“.