Videoprojekt an der Theodor-​Heuss-​Schule in Herlikofen /​Wenn das Klassenzimmer zum Filmstudio wird

Schwäbisch Gmünd

Rems-Zeitung

Dass der Umgang mit dem Medium Videofilm durchaus kreativ sein kann und damit zum verantwortungsvollen Umgang mit Film und Fernsehen beiträgt, bewiesen die Schüler der Klasse 4a der Theodor-​Heuss-​Schule zusammen mit Lehrer Adalbert Muschak.

Dienstag, 18. Januar 2011
Rems-Zeitung, Redaktion
204 Sekunden Lesedauer

GMÜND-​HERLIKOFEN (pm) „Dick, dumm und traurig“ (Sonntag aktuell 2005), „Schädliches Fernsehen: Wer als Kind zu viel vor der Glotze sitzt, verkümmert geistig“ (Rems-​Zeitung 2006). Jeder und jede kennt solche Meldungen. In Herlikofen war es nun Ziel, mit einfachen Mitteln, die an der Schule vorhanden sind, einen kurzen Videoclip herzustellen. Dabei stand weniger das fertige Produkt im Mittelpunkt, als vielmehr der oft mühselige Weg dorthin. Durch diese Erfahrung lernten die Schüler hinter die Herstellung eines Films zu schauen und sie sehen nun die konsumierten Fernsehfilme in einem völlig anderen Licht. Gleichzeitig durften sie auch selbst mit den technischen Geräten umgehen. Unterstützt wurden sie durch Winfried Hanold vom Kreismedienzentrum, der seine Erfahrung und zusätzliche technische Voraussetzungen mit einbrachte.
Ausgangspunkt war zunächst die Frage, welche Personen in verschiedenen Berufen an der Produktion eines Films beteiligt sind. Über Steckbriefe und filmische Darstellungen erhielten die Kinder Informationen über die Arbeit eines Regisseurs, einer Masken– und Kostümbildnerin, eines Bühnenbildners und einer Kamerafrau. Sie erfuhren, mit welchen Hilfsmitteln in diesen Berufen gearbeitet wird, aber auch, welcher Tricks sie sich bedienen. Sie konnten es kaum glauben, dass Kinder, die im Film fliegen, an dünnen Drahtseilen aufgehängt sind, die dann am Computer wegradiert werden. Da Kinder nachts nicht als Schauspieler arbeiten dürfen, wird einfach ein dunkler Filter vor der Kamera befestigt. An einem kleinen Spielfilm, den vor Jahren bereits Schüler der Herlikofer Schule produziert hatten, konnten sie auch sehen, dass es genügt, nur das Ortsschild eines Ortes aufzunehmen, damit der Zuschauer glaubt, die Filmhandlung spielt in einem anderen Ort. Durch diese Erkenntnisse sehen die Kinder nun die Fernsehfilme, die sie anschauen mit ganz anderen Augen. Sie bekamen gleichzeitig auch Respekt vor den Leistungen der Menschen, die an der Produktion eines Films beteiligt sind. Nicht zuletzt auch deshalb, weil sie sahen, dass manche Szenen wieder und wieder gefilmt werden mussten.
Die Arbeit mit der Kamera:
Von der Idee zum Drehplan
Am interessantesten war natürlich die Arbeit des Kameramanns oder der Kamerafrau. Nach der Erarbeitung von Kameraperspektiven und Einstellungsgrößen wurden die Schüler in die grundsätzliche technische Handhabung einer Kamera eingeführt. An einer analogen und an einer digitalen Filmkamera durfte dann jeder Einzelne das Filmen ausprobieren. Diese Kenntnisse und Fertigkeiten können die kleinen Experten sicher auch im familiären Bereich nützen.
Spätestens jetzt wurde den Kindern bewusst, dass ein Film nicht dadurch entsteht, wenn man irgendetwas aufnimmt. Zusammen mit ihrem Lehrer suchten sie nach einer Idee, die sie mit den Mitteln an der Schule zu einem Film werden lassen konnten. Adalbert Muschak zeigte ihnen ein Bilderbuch mit dem Titel „Fünfter sein“. Sechs kranke Tiere sind beim Arzt. Sie sitzen im Wartezimmer und nacheinander kommt immer einer aus dem Behandlungszimmer raus, der nächste geht rein, bis es schließlich heißt „Letzter sein“. Diese Bilderbuchgeschichte musste nun in einem ersten Schritt zu einer Geschichte mit Menschen umgeschrieben werden. Danach wurde das so entstandene Drehbuch in einzelne Szenen unterteilt. Ohne dass die Schüler es merkten, steckten sie mitten im Stoff des Faches Deutsch.
In einem weiteren Schritt wurden die Aufgaben verteilt. Ausgehend von der Anzahl der darstellenden Personen, den entsprechenden Requisiten und der Festlegung der Kameraeinstellungen, wurden verschiedene Kinder mit den Aufgaben betraut. Ein Teil des Klassenzimmers musste zum Wartezimmer umfunktioniert werden, die Schauspieler übten auf Anweisung des Regisseurs ihre Bewegungen und die Positionen der Kameras wurden festgelegt. Plötzlich entstanden im Vorfeld Probleme: „Das schaffen wir nie in einer Schulstunde, den ganzen Film aufzunehmen.“ Wenn wir über mehrere Tage filmen, müssen die Schauspieler immer die gleichen Kleider anhaben.“ Die Kinder konnten es sich nicht vorstellen, dass die Szenen nicht unbedingt in der Reihenfolge aufgenommen werden müssen, wie sie nachher im Film angeordnet sind. Zum ersten Mal kam auch der Begriff „Schneiden“ ins Spiel.
Nach all dieser oft sehr mühseligen und anstrengenden Vorarbeit ging es schließlich ans Filmen. Rasch merkten die Schüler, dass sich eine gründliche Vorbereitung wirklich lohnt. Neue Probleme traten jedoch auf: „Der läuft zu schnell weg.“ „Ich habe vergessen, die Kamera einzuschalten.“ Mittels Steckleisten und Kartonblättern wurden Filmklappen hergestellt, um bei den Wiederholungen einer Szene diese zu kennzeichnen. In fünf Wochenstunden waren die Szenen zur Zufriedenheit aller „im Kasten“. Aber wie wird daraus ein Film?
Da die Beantwortung dieser Frage den Kindern auf den Nägeln brannte, wurde an einem Dienstag eine „Filmschneidewerkstatt“ eingerichtet. Damit alle Schüler die Erfahrung handelnd machen konnten, holte sich Muschak Hilfe beim Kreismedienzentrum. Ein Mitarbeiter, Winfried Hanold, brachte die notwendige Ausstattung mit und ließ die Schüler am Computer nun die einzelnen Szenen auswählen und zum Film zusammensetzen, Teile mussten „weggeschnitten“ werden, Übergänge zwischen den Szenen wurden eingefügt und ein Titel wurde produziert. Mit Feuereifer waren die Schüler bei der Arbeit, so dass sie sogar auf ihre Pause verzichteten. Nach drei Stunden intensiver Arbeit konnten sie dann stolz ihren fertigen Film vorführen.